Das Bourne Ultimatum
grobes Hemd, eine portugiesische Fischermütze mit der entsprechenden, von einem Strick zusammengehaltenen Hose und einen Seesack mit Trageriemen. »Warum das?«, fragte der Schakal.
»Die sind weit, und ich habe dich seit Jahren nicht gesehen, nicht seit Malaga in den frühen Siebzigern, glaube ich. Ich hätte dir nicht einfach Sachen nähen lassen können, und ich bin froh, dass ich es nicht versucht habe. Du bist nicht so, wie ich dich in Erinnerung hatte, Ramirez.«
»Du bist auch nicht viel kräftiger als in meiner Erinnerung«, konterte der Attentäter. »Ein bisschen dicker am Bauch vielleicht, aber wir haben immer noch die gleiche Größe, den gleichen Körperbau.«
»Ja? Und was bedeutet das?«
»Augenblick noch... Hat sich viel verändert, seitdem wir zusammen hier waren?«
»Ständig. Fotos treffen ein, und einen Tag später kommen die Bautrupps. Der Prado hier in ›Madrid‹ hat neue Läden, neue Schilder, sogar ein paar neue Abwasserkanäle, weil sie auch im echten Madrid gerade ausgewechselt werden. Genauso
sind ›Lissabon‹ und die Piers entlang der Bucht und dem Tejo verändert worden, um den Neuerungen zu entsprechen. Wir sind immer noch authentisch. Die Kandidaten, die ihre Ausbildung abschließen, sind buchstäblich da zu Hause, wohin sie geschickt werden. Manchmal finde ich, das geht alles zu weit, und dann erinnere ich mich an meinen ersten Auftrag im Militärstützpunkt in Barcelona und daran, wie vertraut mir alles war. Ich konnte mich gleich an die Arbeit machen, denn die psychologische Orientierung hatte schon stattgefunden. Es gab keine großen Überraschungen.«
»Du beschreibst Äußerlichkeiten«, unterbrach ihn Carlos.
»Natürlich, was sonst?«
»Bleibendere Gebäude, die nicht so sichtbar sind, nicht so deutlich in Erscheinung treten.«
»Wie zum Beispiel?«
»Lagerhäuser, Treibstoffdepots, die nicht Teil der nachgebauten Szenerie sind. Sind die noch da, wo sie waren?«
»Im Großen und Ganzen, ja. Mit Sicherheit die wichtigsten Lagerhäuser und Treibstoffdepots mit ihren unterirdischen Tanks. Die meisten sind immer noch westlich vom ›San Roque‹-Distrikt, am ›Gibraltar‹-Zugang.«
»Und was ist mit dem Wechsel von einem Lager ins andere?«
»Na, das hat sich verändert.« Enrique zog ein kleines, flaches Ding aus der Tasche seines Waffenrocks. »Jede Grenzübergangsstelle besitzt einen computerisierten Öffnungsmechanismus, der den Zugang erlaubt, wenn das hier eingeführt wird.«
»Es werden keine Fragen gestellt?«
»Nur in Nowgorods Hauptquartier, wenn es Fragen gibt.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Wenn eins von diesen Dingern gestohlen wird oder verloren geht, wird das sofort gemeldet und die internen Kodes werden aufgehoben.«
»Ich verstehe.«
» Ich aber nicht! Wozu diese Fragen? Warum bist du hier? Was ist diese Lektion, diese Botschaft?«
»Der ›San Roque‹-Distrikt...«, sagte Carlos, als erinnere er
sich daran. »Das ist ungefähr drei oder vier Kilometer südlich vom Tunnel, oder? Ein kleines Dorf am Fluss, nicht?«
»Ja.«
»Und das nächste Lager ist ›Frankreich‹ und dann ›England‹ und schließlich das größte, die ›Vereinigten Staaten‹. Ja, das ist mir alles klar. Ich erinnere mich wieder.« Der Schakal wandte sich ab, seine rechte Hand verschwand unbeholfen unter seiner Hose.
» Mir ist aber nichts klar«, sagte Enrique mit leiser, drohender Stimme. »Und das muss es. Antworte mir, Ramirez. Warum bist du hier?«
»Wie kannst du es wagen, mich so zu verhören?«, fuhr Carlos fort, sein Rücken dem alten Gefährten zugewandt. »Wie kann es überhaupt irgendeiner von euch wagen, den Monseigneur von Paris zu verhören?«
»Hör gut zu, Priester Pappkopf. Du antwortest mir, oder ich gehe, und du bist innerhalb von Minuten ein toter Monseigneur!«
»Also gut, Enrique«, antwortete Ilich Ramirez Sanchez, ohne sich umzudrehen. »Meine Botschaft wird triumphal deutlich sein und die Fundamente des Kreml erschüttern. Carlos, der Schakal, hat nicht nur den schwächlichen Heuchler Jason Bourne auf sowjetischem Boden getötet, er hinterlässt auch eine Mahnung an ganz Russland, dass das Komitet einen gewaltigen Fehler begangen hat, als es meine außergewöhnlichen Talente nicht nutzen wollte.«
»Na, na«, sagte Enrique und lachte leise, als würde er einem keineswegs außergewöhnlichen Mann seinen Willen lassen. »Noch mehr Melodramatik, Ramirez? Und wie willst du diese Mahnung, die Botschaft , dieses entscheidende Statement
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