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Das Bourne-Vermächtnis

Das Bourne-Vermächtnis

Titel: Das Bourne-Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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atmete erleichtert auf. Marie hatte die SMS bestätigt; er wusste, dass seine Warnung angekommen war. Schon jetzt würde sie alles liegen und stehen lassen, eilig die Kinder rufen, sie in den Kombi verfrachten und mit ihnen davonbrausen.
    Trotzdem empfand er weiter eine gewisse Besorgnis.
    Ihm wäre viel wohler gewesen, hätte er ihre Stimme hören, hätte er ihr erklären können, was passiert war und dass es ihm gut ging. Aber ihm ging es nicht gut. Der Mann, den sie kannte – David Webb –, war wieder einmal von Bourne unterjocht worden. Marie hasste und fürchtete Jason Bourne. Und wieso auch nicht? Schließlich war es denkbar, dass Bourne eines Tages David Webbs Körper ganz übernehmen würde. Und wer wäre
    daran schuld gewesen? Alexander Conklin.
    Verwunderlich und ganz und gar unwahrscheinlich erschien ihm, dass er diesen Mann zugleich lieben und hassen konnte. Wie rätselhaft, dass der menschliche Geist zu solch extrem gegensätzlichen Emotionen imstande ist, dass er die zweifellos vorhandenen schlechten Eigenschaften rational wegerklären konnte, um Zuneigung zu jemandem empfinden zu können. Bourne wusste jedoch, dass der Drang, zu lieben und geliebt zu werden, ein menschlicher Imperativ ist.
    Darüber dachte er weiter nach, während er dem Bach folgte, dessen glitzerndes Wasser glasklar war. Kleine Fische, die sein Kommen erschreckte, flitzten hierhin und dorthin. Einige Male sah er sogar Forellen, die mit offenem Maul wie suchend durchs Wasser glitten, bevor sie als silbriger Blitz verschwanden. Dann erreichte er eine Biegung, an der eine mächtige Weide, deren Wurzeln gierig Feuchtigkeit suchten, übers Bachbett hing. Obwohl Bourne auf jeden Laut, jedes Anzeichen dafür achtete, dass die Verfolger näher kamen, entdeckte er nichts außer dem Rauschen des Bachs selbst.
    Der Angriff kam von oben. Er hörte nichts, aber er fühlte, wie das Licht sich veränderte, bevor plötzlich ein Gewicht auf ihm lastete und ihn ins Wasser drückte. Er spürte den vernichtenden Druck eines Körpers auf
    Schultern und Lunge. Während er nach Luft rang, knallte der Angreifer seinen Kopf auf die glitschig bemoosten Felsen im Bachbett. Eine Faust traf seine Niere, sodass der plötzliche Schmerz ihm den Atem verschlug.
    Statt alle Muskeln anzuspannen, um den Angriff abzuwehren, zwang Bourne seinen Körper dazu, völlig schlaff zu werden. Und statt verzweifelt um sich zu schlagen, legte er dabei die Ellbogen an. In dem Augenblick, in dem sein Körper am schlaffsten war, stemmte er sich auf ihnen hoch und verdrehte dabei den Rumpf.
    Während er sich herumwarf, brachte er einen Handkantenschlag an. Als das Gewicht von ihm abfiel, holte er laut keuchend Luft. Wasser strömte ihm übers Gesicht und lief ihm in die Augen, sodass er den Angreifer nur schemenhaft wahrnahm. Er schlug erneut zu, aber sein Schlag ging ins Leere.
    Der Angreifer verschwand so rasch, wie er gekommen war.
    Chan stolperte keuchend und würgend im Wasser
    stromabwärts. Er hatte Mühe, an den verkrampften
    Muskeln und gequetschten Knorpeln seines Kehlkopfs vorbei zu atmen. Benommen und wütend erreichte er das Unterholz und war wenig später im Dickicht des Waldes verschwunden. Während er versuchte, sich dazu zu zwingen, wieder normal zu atmen, massierte er sanft die empfindliche Stelle, die Webb getroffen hatte. Das war kein Zufallstreffer, sondern der gezielte Gegenangriff eines Profis gewesen. Chan war verwirrt, empfand sogar einen Anflug von Angst. Webb war ein gefährlicher Mann – viel gefährlicher, als ein Wissenschaftler hätte sein dürfen. Auf ihn war nicht zum ersten Mal geschossen worden; er konnte feststellen, woher ein Geschoss gekommen war, er kannte sich in der Wildnis aus, er war für den Nahkampf ausgebildet. Und er war beim ersten Anzeichen von Problemen zu Alexander Conklin gefahren. Wer ist dieser Mann?, fragte Chan sich. Eines stand für ihn fest: Er würde Webb nicht noch einmal unterschätzen. Er würde ihn weiter beschatten, den psychologischen Vorteil zurückgewinnen. Und vor dem unvermeidlichen Ende sollte Webb Angst vor ihm haben.
    Martin Lindros, der stellvertretende CIA-Direktor, traf genau um 18.18 Uhr auf dem Landsitz des verstorbenen Alexander Conklin in Manassas ein. Empfangen wurde er von dem Kriminalbeamten, der die Ermittlungen der Virginia State Police leitete, einem abgehetzten Mann mit Stirnglatze namens Harris, der versuchte, den Zuständigkeitsstreit zu schlichten, der zwischen State Police, County Sheriff und

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