Das Bourne-Vermächtnis
Schuss erledigt worden.
Dies war ein professionelles Attentat, kein Mord, den ein ertappter Einbrecher verübt hatte. Bourne wurde auf das Glitzern eines Handys in Conklins Hand aufmerksam.
Alex hatte anscheinend mit jemandem gesprochen, als er erschossen wurde. Zu dem Zeitpunkt, als Bourne ihn vom Hörsaal aus zu erreichen versucht hatte. Durchaus möglich. Das noch feucht glänzende Blut, die Blässe der Toten, das Fehlen der Totenstarre in den Fingern … alles wies darauf hin, dass die Morde innerhalb der letzten Stunde verübt worden waren.
Ein leises Geräusch in der Ferne begann seine Überlegungen zu stören. Sirenen! Bourne hastete aus dem Arbeitszimmer zu den Fenstern auf der Vorderseite des Hauses. Eine Flotte von Streifenwagen der Virginia State Police kam mit eingeschalteten Blinkleuchten die Zufahrt heraufgerast. Bourne saß fest in einem Haus mit den Leichen zweier Ermordeter und ohne glaubwürdiges Alibi. Er war übertölpelt worden. In diesem Augenblick spürte er die Falle zuschnappen.
Kapitel zwei
Die Puzzleteile fügten sich in seinem Kopf zusammen.
Die auf dem Campus von einem Profi auf ihn abgegebenen Schüsse hatten ihn nicht töten, sondern hierher dirigieren, ihn dazu zwingen sollen, Conklin aufzusuchen.
Aber Alex und Mo waren bereits tot gewesen. Irgendjemand war weiterhin hier, um das Haus beobachten und die Polizei anrufen zu können, sobald Bourne aufkreuzte.
Der Mann, der auf dem Campus auf ihn geschossen hatte?
Ohne weiter zu überlegen, griff Bourne sich Conklins Handy, rannte in die Küche, machte die schmale Tür zur steilen Kellertreppe auf und starrte ins pechschwarze Dunkel hinab. Er konnte das Knattern des Polizeifunks, schwere Schritte auf dem Kies, das Hämmern gegen die Haustür hören. Gereizte Stimmen wurden laut.
Bourne riss Küchenschubladen auf und wühlte darin herum, bis er Conklins Stablampe fand, mit der er zur Kellertreppe stürmte. Als er die Tür hinter sich schloss, stand er einen Augenblick in völliger Dunkelheit da. Der schmal gebündelte Lichtstrahl beleuchtete die Stufen, die er lautlos hinunterhastete. Er nahm die Gerüche von Beton, altem Holz, Lackfarbe und Heizöl wahr, fand die Luke unter der Treppe und zog sie auf. An einem kalten, schneereichen Winternachmittag hatte Conklin ihm den Geheimgang gezeigt, durch den der General den Hubschrauberlandeplatz bei den Stallungen erreicht hatte.
Über seinem Kopf konnte Bourne das Knarren der Fußbodendielen hören. Die Cops waren im Haus. Vielleicht hatten sie die Ermordeten bereits entdeckt. Drei Autos, zwei Tote. Sie würden nicht lange brauchen, um festzustellen, auf wen sein Wagen zugelassen war.
Er verschwand geduckt in dem niedrigen Gang,
schloss die Luke hinter sich. Zu spät fiel ihm das Old-Fashioned-Glas ein, das er angefasst hatte. Stäuben die Spurensicherer es ein, finden sie meine Fingerabdrücke.
Und obendrein steht vor dem Haus mein Wagen …
Zwecklos, jetzt darüber nachzudenken, er musste weiter! In gebückter Haltung folgte er dem engen Gang.
Schon nach wenigen Metern wurde der Gang höher und breiter, sodass er aufrecht gehen konnte. Die Luft war hier merklich feuchter; irgendwo in der Nähe hörte er langsam Sickerwasser tropfen. Offenbar befand er sich schon außerhalb des Hausfundaments. Bourne ging
schneller und erreichte keine drei Minuten später eine zweite Treppe. Sie war aus Stahl, wirkte militärisch. Er stieg hinauf und drückte oben mit den Schultern gegen eine weitere Luke. Sie ließ sich mühelos öffnen. Frische Luft, das blasse, stille Licht des Spätnachmittags und das Summen von Insekten umgaben ihn. Er befand sich am Rand des Hubschrauberlandeplatzes.
Der Asphalt war mit Zweigen und Stücken von abgestorbenen Ästen übersät. In der windschiefen kleinen Hütte mit Schindeldach am Rand des Landeplatzes hatte sich irgendwann eine Waschbärenfamilie einquartiert.
Überall waren die unverkennbaren Spuren jahrelanger Vernachlässigung zu sehen. Aber der Heliport war nicht sein Ziel. Bourne kehrte ihm den Rücken zu und verschwand in dem dichten Mischwald.
Seine Absicht war, in weit ausholendem Bogen das
Haus und das ganze Anwesen zu umgehen, um zuletzt den Highway außerhalb jedes Kordons zu erreichen, den die Polizei vermutlich um den Tatort ziehen würde. Sein unmittelbares Ziel war jedoch der Bach, der das Grundstück in diagonaler Richtung durchfloss. Er wusste, dass es nicht lange dauern würde, bis die Polizei Spürhunde einsetzte. Auf trockenem Boden
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