Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Bourne-Vermächtnis

Das Bourne-Vermächtnis

Titel: Das Bourne-Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
Vom Netzwerk:
Geräusch, kaum mehr als ein Wispern, drang an sein Ohr, und er hob die Stablampe. Vor dem nur wenig helleren Hintergrund des Höhleneingangs sprang eine Gestalt ins Freie. Als der Lichtstrahl den Unbekannten traf, drehte er sich um, und Bourne sah flüchtig sein Gesicht, bevor der andere unter den Bäumen verschwand.
    Bourne rannte hinter ihm her. Im nächsten Augenblick hörte er ein deutliches Knacken und ein lautes Wusch! Dann waren Bewegungen zu hören, und er bahnte sich durchs Unterholz einen Weg zu der Stelle, wo er die Falle aufgebaut hatte. Er hatte die Ranken der Waldrebe zu einem Netz verwoben und es an einen bis fast zum Erboden herab gebogenen jungen Baum gebunden.
    Damit hatte er den Angreifer gefangen. Der Jäger war zur Beute geworden. Er arbeitete sich zum Waldrand vor und machte sich bereit, seinem Feind gegenüberzutreten und das Rankennetz abzuschneiden. Aber es war leer.
    Leer! Er hob es auf und sah das Loch, das der Flüchtende in den oberen Teil des Netzes geschnitten hatte.
    Der Unbekannte war wendig, clever und sehr gut vorbereitet gewesen; ihn nochmals zu überraschen würde jetzt viel schwieriger werden.
    Bourne sah auf und ließ den Lichtstrahl der Stablampe in weitem Bogen über das Gewirr von Bäumen in seiner Umgebung gleiten. Wider Willen empfand er flüchtig eine gewisse Bewunderung für seinen erfahrenen, listenreichen Gegner. Als er die Stablampe ausknipste, war er schlagartig von Nacht umgeben. Ein Ziegenmelker ließ seinen Schrei ertönen, und in der darauf folgenden langen Stille hallte ein Eulenruf klagend über die mit Tannen bestandenen Hügel.
    Er legte seinen Kopf in den Nacken und holte tief Luft. Auf dem Bildschirm, der vor seinem inneren Auge stand, waren die planen Flächen, die dunklen Augen des Gesichts gespeichert, und Bourne war sich nach wenigen Augenblicken sicher, dass es mit dem eines Studenten übereinstimmte, dem er auf seinem Weg zu dem Seminarraum, aus dem der Scharfschütze geschossen hatte, begegnet war.
    Wenigstens hatte der Feind nun außer einem Gesicht auch eine Stimme.
    Ich könnte dich jetzt umbringen, aber ich tu’s nicht. Erst muss es so hell sein, dass ich dir in die Augen sehen kann, während du stirbst.
    Kapitel drei
    Die Zentrale der Humanistas, Ltd. einer wegen ihrer humanitären und wohltätigen Arbeit weltweit bekannten und international tätigen Menschenrechtsorganisation, stand auf der üppig grünen Westflanke des Blocksbergs in Budapest. Von diesem herrlichen Aussichtspunkt aus konnte Stepan Spalko beim Blick durch die schaufenstergroßen schrägen Scheiben glauben, die Donau und die ganze Stadt machten einen Kniefall vor ihm.
    Er war hinter seinem riesigen Schreibtisch hervorgekommen, um sich dem sehr dunkelhäutigen kenianischen Präsidenten in einem Sessel gegenüberzusetzen.
    Rechts und links der Tür hatten die beiden Leibwächter des Kenianers Posten bezogen: die Hände auf dem Rücken, und der allen solchen Staatsbediensteten eigene leere Gesichtsausdruck war dauerhaft in ihre Gesichter eingeprägt. Über ihnen war das höchst erfolgreich vermarktete Logo von Humanistas – ein grünes Kreuz, das auf einer Handfläche lag – in Flachrelief in die Wand eingelassen.
    Der Präsident hieß Jomo, gehörte zu den Kikuju , dem größten kenianischen Stamm, und war ein direkter
    Nachkomme Jomo Kenyattas, des ersten Präsidenten des Landes. Wie sein berühmter Vorfahre war er ein Msee , was auf Suaheli einen hoch angesehenen Ältesten bezeichnete. Zwischen den beiden stand ein reich verziertes Silberservice aus dem 18. Jahrhundert. Erlesener schwarzer Tee war eingegossen worden; auf ovalen Silbertabletts lagen Biskuits und köstliche kleine Sandwichs. Die beiden Männer unterhielten sich halblaut in gemessenem Tonfall.
    »Man weiß gar nicht, wo man anfangen soll, um Ihnen für die Großzügigkeit zu danken, die Sie und Ihre Organisation uns erwiesen haben«, sagte Jomo. Er saß sehr gerade und hielt seinen stocksteifen Rücken etwas von der Bequemlichkeit der weich gepolsterten Rückenlehne des Sessels fern. Jahre und Umstände hatten sich vereinigt, um seinem Gesicht den größten Teil jener Vitalität zu rauben, die es in seiner Jugend ausgestrahlt hatte. Unter seiner glänzenden Haut war bleigraue Blässe zu ahnen. Seine Gesichtszüge waren abgeflacht: durch Entbehrungen und Beharrlichkeit angesichts unüberwindlicher Hindernisse versteinert. So glich er, kurz gesagt, einem alten Kriegsherrn, dessen Festung schon zu lange belagert

Weitere Kostenlose Bücher