Das brennende Land
Verbundenheit vortäuschen sollen, um Zeit zu gewinnen, bis er mich durch eine List töten lassen konnte. Doch stattdessen zeigte er seine Angst. Er war ein Feigling, er war immer ein Feigling gewesen, der nur vor den Schwachen tapfer sein konnte, und jetzt lag Furcht auf seinem Gesicht, sie sprach aus seinem Zögern. Erst als sich einer seiner Gefolgsleute zu ihm gebeugt und ihm etwas ins Ohr geflüstert hatte, fand er seine Stimme wieder. Er deutete auf mich. «Dieser Mann ist von Wessex geächtet.»
Das hatte ich nicht gewusst, aber eine Überraschung war es im Grunde nicht. Ich hatte meinen Schwur auf Alfred gebrochen. Er hatte kaum eine andere Wahl, als mich zum Geächteten zu erklären und damit zur Beute jedes Mannes, der den Mut hatte, mich gefangen zu nehmen. «Also bin ich ein Geächteter!», schrie ich. «Also kommt und tötet mich! Und wer wird euch dann vor Jarl Haesten schützen?»
Nun schien Aldhelm endlich zu Verstand zu kommen, denn er murmelte dem Mann, der ihm ins Ohr geflüstert hatte, etwas zu, und dieser, ein großer, breitschultriger Krieger, trieb sein Pferd an. Er hatte das Schwert gezogen. Er wusste, was er tat. Er ritt mir nicht wild entgegen, sondern mit Überlegung. Er wollte mich töten, und ich konnte in seinen Augen im Schatten seines Helmes erkennen, wie er mich abschätzte. Er hatte das Schwert schon zum Ausholen nach hinten gerichtet. Die Armmuskeln waren für den gewaltigen Hieb gespannt, der mit dem ganzen Schwung des Mannes und des Pferdes auf meinen Schild treffen sollte, um mich aus dem Gleichgewicht zu bringen. Dann würde er sein Pferd umdrehen lassen und mich von hinten angreifen. Er wusste, dass ich all das wusste, doch es beruhigte ihn, als ich meinen Schild hob, denn das bedeutete, dass ich tun würde, was er erwartete. Ich sah, wie er die Lippen zusammenpresste und die Fersen in die Flanken seines Hengstes drückte. Das große, graue Tier galoppierte vorwärts, und das Schwert blitzte unter den grauen Wolken auf.
Die gesamte Kraft dieses Mannes lag in dem Hieb. Er kam von rechts auf mich zu. Ich hielt meinen Schild in der linken Hand, die Axt in der rechten. Ich tat zweierlei:
Ich ließ mich auf ein Knie fallen und hob den Schild über den Kopf, sodass er flach über meinem Helm lag, und in demselben Augenblick holte ich mit der Axt nach den Beinen des Pferdes aus und ließ den Schaft los.
Das Schwert krachte auf meinen Schild, rutschte über das Holz, fuhr gegen den Metallbuckel, und dann wieherte das Pferd, dem die Axt zwischen die Hinterläufe geraten war, und kam ins Stolpern. Ich sah helles Blut an einer Fessel. Schon stand ich wieder auf den Füßen, als der Reiter erneut zuschlug, doch sowohl er als auch sein Pferd hatten das Gleichgewicht verloren, und so glitt der Hieb über den Eisenrand meines Schildes ab. Aldhelm rief einige Männer zur Unterstützung seines Ausnahmekriegers, doch nun waren schon Finan, Sihtric und Osferth vor dem Klostertor, beritten und bewaffnet. Aldhelms Männer zögerten. Ich tat einen Schritt auf den Reiter zu. Er holte erneut gegen mich aus, immer noch von seinem unruhigen Pferd abgelenkt, und dieses Mal ließ ich den Hieb an meinem Schild abwärtsgleiten, streckte den Arm aus und packte meinen Gegner am Handgelenk. Er schrie auf. Ich zerrte mit einem Ruck an seinem Arm. Er kippte aus dem Sattel, stürzte schwer auf den feuchten Boden und wirkte für einen Augenblick wie betäubt. Sein Hengst drehte sich wiehernd um und galoppierte fort. Der Schild, der an seinem linken Arm an einer Schlinge hing, war schlammverschmiert.
Ich war ein paar Schritte zurückgetreten und zog Schlangenhauch. Die Klinge fuhr zischend durch den engen Hals der Schwertscheide. «Wie heißt du?», fragte ich. Immer mehr meiner Männer kamen aus dem Kloster, doch Finan hielt sie zurück.
Der Mann stürzte auf mich zu, weil er mich mit einem wuchtigen Stoß seines Schildes ins Wanken bringen wollte, doch ich trat nur beiseite und ließ ihn an mir vorbeilaufen. «Wie heißt du?», wiederholte ich.
«Beornoth», sagte er.
«Warst du bei Fearnhamme?», fragte ich, und er nickte knapp. «Ich bin nicht hierhergekommen, um dich zu töten, Beornoth», sagte ich.
«Ich habe meinem Herrn den Treueid geleistet.» «Einem unwürdigen Herrn.»
«Ihr müsst es ja wissen, als Eidbrecher.» Damit griff er wieder an. Ich hob meinen Schild, und er ließ seinen Arm schnell niederfahren, sodass mir sein Schwert unterhalb meines Schilds in die Wade fuhr. Ich
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