Das brennende Land
verzweifelt, sein Schwert in der Hand zu behalten, als die Axtklinge sein Rückgrat zertrennte. Sihtric hatte die Axt geschwungen, und dann kam ein wimmernder Laut aus dem Mund des Mannes, und er fiel aus dem Sattel. Im selben Augenblick wieherte mein Pferd auf und stolperte seitwärts, und ich sah, dass ein unberittener Däne einen Speer in den Bauch des Hengstes rammte. Finan ritt den Mann nieder. Ich schleuderte die Steigbügel von den Füßen.
Der Hengst brach zuckend, ausschlagend und wiehernd zusammen. Mein rechtes Bein war unter ihm eingeklemmt. Ein anderes Pferd stampfte an mir vorbei, und seine Hufe verfehlten mein Gesicht um Haaresbreite. Ich bedeckte meinen Körper mit meinem Schild und versuchte mich zu befreien. Da fuhr eine Klinge in den Schild. Ein Pferd trat auf Schlangenhauch. Beinahe hätte ich das Schwert verloren. Meine Welt war nur noch donnernde Hufe, Schreie und Verwirrung. Erneut mühte ich mich, meinen Fuß frei zu bekommen, doch dann traf etwas von hinten meinen Helm, und die verwirrte Welt um mich herum versank in Schwärze, und in dieser Schwärze hörte ich jemanden erbärmlich wimmernde Töne ausstoßen. Dieser Jemand war ich. Ein Mann zerrte mir den Helm vom Kopf. Als er feststellte, dass ich noch lebte, zog er ein Messer, und ich weiß noch, dass ich an Gisela dachte und verzweifelt Schlangenhauchs Heft in der Hand behalten wollte, aber meine Hand war leer, und ich schrie, denn ich wusste, mir würden die Freuden Walhallas verwehrt bleiben, und dann wurde alles rot vor meinen Augen. Wärme breitete sich auf meinem Gesicht aus und Rot vor meinen Augen, und ich kam so weit zu Sinnen, dass ich erkannte, dass der Mann, der mich töten wollte, selbst starb und es sein Blut war, das über mein Gesicht lief. Dann hievte Cerdic den Sterbenden weg und zog mich unter dem toten Pferd hervor. «Hier!» Sihtric warf mir Schlangenhauch zu. Cerdic und er waren vom Pferd gestiegen. Ein berittener Däne stieß einen Siegesschrei aus und rammte Cerdic vom Sattel aus einen Speer entgegen, und Cerdic lenkte den Stoß mit einem Schild voller Klingennarben ab. Ich stach mit Schlangenhauch nach der Seite des Reiters, doch in dem Hieb lag keine Kraft, und sein Speer wandte sich gegen mich und dröhnte schwer auf meinen Schild. Die Dänen witterten den Sieg. Sie erhöhten den Angriffsdruck, und ihre Hiebe regneten auf unsere Lindenholzschilde herab. «Tötet ihre Pferde!», rief ich, doch der Ruf kam nur als Krächzen heraus. Einige von Weohstans Männern tauchten zu unserer Rechten auf und trieben ihre Pferde gegen die Dänen, und ich sah einen Sachsen im Sattel herumfahren, die Speerhand nur noch durch ein Knochenfragment oder eine Sehne mit dem blutigen Armstumpf verbunden.
«Jesus! Jesus!», rief ein Mann. Es war Pater Pyrlig, der bei uns auftauchte. Er war zu Fuß, das Kettenhemd spannte über seinem dicken Bauch, und in der Hand hielt er einen Speer von den Ausmaßen eines kleinen Baumes. Er trug keinen Schild und hielt sich die Gegner vom Leib, indem er seinen Speer beidhändig umklammerte und damit nach ihren Pferden stieß.
«Danke», sagte ich zu Cerdic und Sihtric.
«Wir sollten uns zurückziehen, Herr», sagte Cerdic.
«Wo ist Finan?»
«Zurück!», schrie Cerdic, packte mich kurzerhand an der Schulter und zog mich von den Dänen weg.
Finan kämpfte hinter uns, hieb mit seiner Axt auf die Dänen ein, die auf der Südseite der Hügelkuppe standen, und wurde dabei von den meisten meiner Männer und von Ælfwolds Merciern unterstützt. «Ich brauche ein Pferd», knurrte ich.
«Das ist eine recht verfahrene Lage», sagte Pyrlig, und ich hätte beinahe gelacht, weil er sich so gewählt ausdrückte. Die Lage war tatsächlich verfahren, mehr als das: Sie war ein Verhängnis. Ich hatte meine Männer an den Rand der Hügelkuppe geführt, und die Dänen hatten sich von dem Angriff erholt, und nun schl ossen sie uns ein. Sie standen im Osten, im Norden und im Süden, und sie wollten uns über den Rand der Kuppe drängen, um uns den steilen Hang hinunter zu verfolgen. Dort würden sie unsere blutüberströmten Leichen unter der steigenden Sonne liegen lassen. Mindestens einhundert meiner Sachsen waren nun aus den Sätteln gestiegen und bildeten einen Kreis innerhalb eines in verzweifelter Hast aufgestellten Schildwalls. Viel zu viele waren tot, manche überdies von den eigenen Leuten getötet. In diesem Mahlstrom des Krieges war Freund von Feind nur schwer zu unterscheiden. Viele Sachsen
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