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Das brennende Land

Das brennende Land

Titel: Das brennende Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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rief ich zu Edward hinunter, «und klettert das Ufer herauf.»
    Er zog sein Schwert und tat ein paar zögernde Schritte, doch der zähe Schlick machte seine Versuche zunichte, und jedes Mal rutschte er wieder zurück. «Strengt Euch mehr an!», brüllte ich. «Strengt Euch wirklich an! Hier oben am Ufer stehen die Dänen, und Ihr müsst sie töten. Also klettert!»
    «Was tut Ihr da?», wollte Coenwulf wissen.
    «Einen König machen», sagte ich in aller Ruhe. «Klettern, Bastard! Wie lange soll ich noch hier oben auf Euch warten?», schrie ich nach unten.
    Er schaffte es nicht. Das schwere Kettenhemd und sein Langschwert behinderten ihn zu sehr. Er versuchte, auf allen vieren das Ufer zu erklettern, doch immer wieder rutschte er zurück. «So wird es sein, wenn wir aus dem Graben bei Beamfleot klettern!», rief ich.
    Er starrte zu mir empor, dreckig und durchnässt. «Bauen wir Brücken?», fragte er.
    «Wie sollen wir eine Brücke bauen, während hundert    furzende Dänen ihre Speere auf uns schleudern?», fragte ich zurück. «Und jetzt los! Klettert!» Er versuchte es erneut, und erneut scheiterte er. Dann aber biss Edward die Zähne zusammen und warf sich in einem letzten, entschlossenen Versuch der Länge nach auf den schmierigen Schlamm, und dieses Mal gelang es ihm, auf der Schräge zu bleiben. Er benutzte sein Schwert als Stock, schob sich eine Handbreit um die andere höher, und die Männer, die inzwischen alle zusahen, jubelten. Auch jetzt rutschte er immer wieder ein Stück zurück, doch seine Entschlossenheit war unübersehbar, und jedes kleine Weiterkommen wurde laut gefeiert. Alfreds Thronerbe war über und über mit Schlamm beschmiert und seine kostbare Würde dahin, doch plötzlich sah man Vergnügen in seinen Augen funkeln. Er grinste. Er rammte seine Stiefel in den Morast, zog sich an seinem Schwert ein Stückchen weiter nach oben, und schließlich gelang es ihm, über die Uferkante zu kriechen. Er richtete sich auf, lächelte über den Jubel, und sogar Pater Coenwulf strahlte vor Stolz. «Wir müssen das Ufer des Grabens hinaufklettern, um zur Festung zu kommen», erklärte ich, «und dort wird es ebenso steil und schlüpfrig sein wie hier. Wir werden es niemals schaffen. Die Dänen werden einen Pfeilhagel auf uns niedergehen lassen, und in dem Graben werden unsere Leichen in ihrem Blut schwimmen. Wir werden alle sterben.»
    «Die Segel», sagte Edward. Er hatte meinen Plan begriffen.
    «Ja», sagte ich, «die Segel.» Ich befahl Osferth, eines der drei Segel, die wir gestohlen hatten, auszubreiten. Er brauchte sechs Männer, um die große, steife, salzverkrustete Tuchfläche sich entfalten zu lassen. Mäuse huschten aus den Knickstellen, und als das Segel ausgebreitet war,    ließ ich es über die morastige Schräge ziehen. Das Segel selbst bot keinen sicheren Stand, denn Segeltuch ist nachgiebig, doch in das Tuch sind Taue eingenäht, die jedes Segel kreuzweise überziehen und es so verstärken. Dieses Gitter würde unsere Steighilfe bilden. Ich nahm Edward am Ellenbogen, und wir gingen auf dem Segel hinunter bis ans Wasser. «Jetzt versucht Ihr es noch einmal. So schnell es geht. Klettert mit mir um die Wette!»
    Er gewann. Er rannte auf den Abhang zu, seine Stiefel fanden Halt in den Segeltauen, und er erreichte die Uferkante, ohne sich ein einziges Mal mit den Händen abstützen zu müssen. Ein triumphierendes Grinsen lag auf seinem Gesicht, als ich nach ihm oben ankam, und dann hatte er eine Idee. «Jetzt alle!», rief er seiner Leibwache zu. «Alle runter zum Wasser und wieder hochklettern!»
    Sie hatten ihr Vergnügen an der Sache. Alle Männer, meine ebenso wie Edwards, wollten das Netz aus Tauen erproben. Es waren zu viele, und schließlich rutschte das Segel den Hang hinab, und deshalb nahm ich auch die Spieren mit. Ich würde die Spieren am Gitterwerk festbinden, damit würde die behelfsmäßige Steighilfe versteift werden und, so hoffte ich, nicht mehr verrutschen. An diesem Tag befestigten wir das Segel nur an der Uferkante und veranstalteten Wettrennen, die Edward, zu seinem offenkundigen Entzücken, mehrfach gewann. Er fand sogar den Mut, sich kurz mit Osferth zu unterhalten, auch wenn sie nichts Bedeutenderes besprachen als das Wetter, das die Halbbrüder anscheinend recht angenehm fanden. Nach einer Weile befahl ich den Männern, mit dem Gekletter aufzuhören, und ließ das Segel sorgfältig wieder zusammenfalten. Ich hatte bewiesen, dass es eine brauchbare Steighilfe

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