Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das brennende Land

Das brennende Land

Titel: Das brennende Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
in den Dreißigern, ein Mann in seinen besten alegetränkten Jahren. Alfred seufzte erneut, dann straffte er sich. «Edward wird dich als Berater brauchen», sagte er.
    «Das wird mir eine Ehre sein, Herr.»
    Alfred hörte den pflichtbewussten Ton in meiner Stimme, und er gefiel ihm nicht. Er spannte sich an, und ich erwartete eine seiner üblichen Vorhaltungen, doch stattdessen sah er mich nur gequält an. «Gott hat mich gesegnet», sagte er leise. «Als ich auf den Thron kam, Herr Uhtred, schien es unmöglich, dass wir den Dänen widerstehen könnten. Doch durch Gottes Gnade hat Wessex überlebt. Wir haben Kirchen, Klöster, Schulen und Gesetze. Wir haben ein gottgefälliges Land geschaffen, und es kann nicht Gottes Wille sein, dass dies alles verschwindet, wenn ich vor Seinen Richterstuhl gerufen werde.»
    «Mögen es bis dahin noch viele Jahre sein, Herr», sagte ich in ebenso pflichtbewusstem Ton wie zuvor.
    «Sei kein Narr», stieß er wütend hervor. Er schloss einen Moment lang die Augen, und als er wieder sprach, war seine Stimme leise und schwach. «Ich spüre den Tod kommen, Herr Uhtred. Er ist wie eine Falle. Ich weiß, dass sie da ist, und kann doch nichts tun, um ihr zu entgehen. Der Tod wird mich holen und mich vernichten, aber ich will nicht, dass er mit mir auch Wessex vernichtet.»
    «Wenn das der Wille Eures Gottes ist», entgegnete ich schroff, «dann kann nichts, was ich tun kann, oder was Edward tun kann, ihn aufhalten.»
    «Wir sind keine Marionetten in Gottes Händen. Wir sind Seine Werkzeuge. Wir verdienen uns unser Schicksal.» Er sah mich mit Bitterkeit an, denn er hatte mir nie verziehen, dass ich den christlichen Glauben für die ältere Religion aufgegeben hatte. «Lohnen es dir deine Götter nicht, wenn du dich wohl verhältst?»
    «Meine Götter sind kapriziös, Herr.» Ich hatte dieses Wort von Bischof Erkenwald gelernt, der mich damit hatte beleidigen wollen, doch als ich verstanden hatte, was es bedeutete, gefiel es mir sogar. Meine Götter sind kapriziös.
    «Wie kannst du einem kapriziösen Gott dienen?», fragte Alfred. «Das tue ich nicht.» «Aber du hast gesagt...»
    «Dass sie kapriziös sind», unterbrach ich ihn, «darin haben sie ihr Vergnügen. Meine Aufgabe ist es nicht, ihnen zu dienen, sondern sie zu belustigen, und wenn ich das tue, werden sie mich belohnen.»
    «Sie zu belustigen?» Er klang entsetzt.
    «Warum nicht?», fragte ich. «Wir halten Katzen, Hunde   und Falken zu unserem Vergnügen, uns haben die Götter aus dem gleichen Grund erschaffen. Warum hat Euch Euer Gott erschaffen?»
    «Um Sein Diener zu sein», sagte er fest. «Wenn ich Gottes Katze bin, dann muss ich die Mäuse des Teufels fangen. Das nennt man Pflicht, Herr Uhtred, Pflicht.»
    «Während meine Pflicht darin besteht, Harald zu fangen und ihm den Kopf abzuschlagen. Das werden meine Götter gewiss unterhaltsam finden.» «Deine Götter sind grausam», sagte er und erschauerte.
    «Die Menschen sind grausam, und die Götter erschaffen uns nach ihrem Bild. Manche Götter sind freundlich, und manche sind grausam. Und wir sind ebenso. Aber wenn das den Göttern besser gefällt, wird Harald mir den Kopf abschlagen.» Ich berührte mein Hammeramulett.
    Alfred verzog das Gesicht. «Gott hat dich zu Seinem Instrument gemacht. Ich weiß nicht, warum Er dich, einen Heiden, ausgewählt hat, doch Er hat es getan, und du hast mir gut gedient.»
    Er hatte überraschend leidenschaftlich gesprochen. Ich neigte den Kopf. «Ich danke Euch, Herr.»
    «Und jetzt wünsche ich, dass du meinem Sohn dienst.»
    Ich hätte wissen müssen, dass so etwas kommen würde, und dennoch überrumpelte er mich damit. Ich schwieg einen Moment, um zu überlegen, was ich sagen sollte. «Ich habe mich dazu bereit erklärt, Euch zu dienen, Herr. Das habe ich getan, aber ich habe auch meine eigenen Schlachten zu schlagen», sagte ich schließlich.
    «Bebbanburg», sagte er säuerlich.
    «Sie ist mein. Und bevor ich sterbe, will ich mein Banner über seinem Tor flattern und meinen Sohn stark genug sehen, um es zu verteidigen.»
    Er blickte zum Widerschein der feindlichen Feuer hinüber. Die Feuer lagen weit auseinander, also hatte Harald seine Armee noch nicht zusammengezogen. Es würde seine Zeit dauern, all diese Männer aus dem verheerten Landstrich zu sammeln. Das bedeutete, so dachte ich, dass der Kampf nicht schon am nächsten Tag stattfinden würde. «Bebbanburg», sagte Alfred in die Stille hinein, «ist eine Insel der

Weitere Kostenlose Bücher