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Das brennende Land

Das brennende Land

Titel: Das brennende Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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der Kirche winselte ein Hund auf, doch davon abgesehen war alles still. Alle starrten mich an, doch ich sah, dass sich manche Miene aufhellte. Sie hatten sich in ihrer Unentschlossenheit festgefahren und brauchten klare Worte.
    Alfred brach das Schweigen. «Fearnhamme?», fragte er misstrauisch.
    «Fearnhamme», wiederholte ich und beobachtete Æthelred aus den Augenwinkeln, doch sein bleiches Gesicht zeigte keine Reaktion.
    Ich hatte schon oft über die Gegend nördlich von Æscengum nachgedacht. Im Krieg geht es nicht einfach nur um Männer und auch nicht nur um Waffen und Verpflegung, es geht auch um die Hügel und Täler, die Flüsse und die Marschen, um die Stellen, an denen das Land und das Wasser eine Hilfe bei der Niederschlagung eines Gegners sein können. Ich war auf meinen Reisen von Lundene nach Wintanceaster oft genug durch Fearnhamme gekommen, und ich wusste genau, wie die Landschaft genutzt werden könnte, falls ein Feind in die Nähe kam. «Am nördlichen Flussufer bei Fearnhamme liegt ein Hügel», sagte ich.
    «Das stimmt! Ich kenne ihn gut», sagte einer der Mönche, die zu Alfreds Rechten standen, «es gibt dort ein Erdwerk.»
    Der Mann hatte eine rote Gesichtsfarbe und eine Hakennase. «Und wer seid Ihr?», fragte ich kalt.
    «Oslac, Herr. Ich bin hier der Abt.»
    «Das Erdwerk - ist es in gutem Zustand?»
    «Es wurde vom Alten Volk gegraben», antwortete Abt Oslac, «und es ist stark mit Gras überwachsen, aber der Graben ist tief, und der Wall ist immer noch fest.»
    Es gab viele solcher Erdwerke in Britannien, stumme Zeugen der Kriege, die das Land heimgesucht hatten, bevor wir Sachsen kamen und noch mehr Kriege brachten. «Ist der Wall hoch genug, dass man sich leicht verteidigen kann?», fragte ich.
    «Wenn man genügend Männer hat, kann man ihn bis in alle Ewigkeit verteidigen», sagte Oslac zuversichtlich. Ich entdeckte eine Narbe auf seinem Nasenrücken. Abt Oslac war sicher ein Krieger gewesen, bevor er Mönch geworden war.
    «Aber warum sollten wir Harald dazu einladen, uns dort zu belagern», fragte Alfred, «wenn wir Æscengum mit seinen Wällen und seinen Vorratsspeichern haben?»
    «Und wie lange werden diese Vorratsspeicher die Versorgung sichern, Herr?», fragte ich zurück. «Wir haben genügend Männer innerhalb dieser Festung, um den Feind bis zum Jüngsten Tag abzuwehren, aber wir haben nicht genügend Nahrungsmittel, um auch nur bis Weihnachten durchzuhalten.» In den Burgfestungen gab es nicht genügend Vorräte für eine große Armee. Der Zweck der befestigten Städte war es, ihre Feinde in Schach zu halten, sodass die Krieger der Hausmacht, die kampferprobten Männer, die Belagerer im offenen Land angreifen konnten.
    «Aber warum Fearnhamme?»
    «Weil wir dort Harald niederschlagen», sagte ich. Dann sah ich Æthelred an. «Befiehl deine Männer nach Fearnhamme, Cousin, und wir werden Harald dort in die Falle locken.»
    Es hatte eine Zeit gegeben, in der Alfred all meine Pläne in Frage gestellt und überprüft hatte, doch an diesem Tag   wirkte er zu müde und zu krank für weitere Erörterungen, und er hatte offensichtlich nicht die Geduld, sich die Einwände anderer Männer gegen mein Vorhaben anzuhören. Davon abgesehen hatte er gelernt, mir zu vertrauen, wenn es um den Kampf ging, und ich erwartete seine Zustimmung zu meinem zugegeben etwas unklaren Vorschlag. Doch dann überraschte er mich. Er sah die Kirchenmänner an und rief einen von ihnen mit einer Handbewegung zu sich, worauf Bischof Asser einen jungen, stämmigen Mönch am Ellbogen fasste und ihn zum Stuhl des Königs führte. Der Mönch hatte ein hartes, knochiges Gesicht, und sein schwarzes, tonsuriertes Haar war so borstig und steif wie ein Dachspelz. Er tastete nach dem Stuhl des Königs, fand ihn und kniete sich neben Alfred, der dem Mönch väterlich eine Hand auf den gesenkten Kopf legte. «Und, Bruder Godwin?», fragte er sanft.
    «Ich bin hier, Herr, ich bin hier», erwiderte Godwin, und seine Stimme war kaum mehr als ein heiseres Flüstern.
    «Und hast du gehört, was Herr Uhtred gesagt hat?»
    «Ich habe es gehört, Herr, ich habe es gehört.» Der Mönch hob seine blinden Augen zum König. Eine Weile sagte er nichts, doch sein Gesicht zuckte und verzerrte sich zu Grimassen, als sei er von einem bösen Geist besessen. Dann gab er würgende Geräusche von sich. Nichts von alldem schien Alfred zu beunruhigen. Er wartete geduldig, bis der junge Mönch wieder normal wirkte. «Es wird gut sein, Herr

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