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Das brennende Land

Das brennende Land

Titel: Das brennende Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Erinnerung an Alfreds süße Sünden, an diesem Morgen den König. Ich bezweifle, dass er es genoss, denn er hegte einen Groll gegen Alfred, weil der König ihn zu einem Priester hatte machen wollen. Osferth hatte gegen dieses Schicksal aufbegehrt und war stattdessen einer meiner Hauskrieger geworden. Er besaß keine natürliche Begabung zum Kampf wie Finan, aber er brachte einen blitzenden Verstand mit in die Schlacht, und Verstand ist eine Waffe mit scharfer Spitze und großer Reichweite.
    Jeder Krieg endet mit dem Schildwall, in dem hasserfüllte und oft genug betrunkene Männer mit Äxten und Schwertern aufeinander einhacken, doch die Kunst besteht darin, den Feind so zu lenken, dass der Blutrausch zum eigenen Vorteil wird. Indem ich Osferth auf dem Wall von Æscengum entlangstolzieren ließ, wollte ich Harald in Versuchung führen. Wo der König ist, da sind auch Reichtümer. Komm nach Æscengum, sagte ich mit dieser List, und um die Versuchung noch stärker zu machen, zeigte ich den dänischen Kriegern auf der anderen Seite des Flusses Skade.
    Ein paar Pfeile waren auf uns abgeschossen worden, doch der Angriff endete, als der Feind Skade erkannte. Sie half mir sogar, indem sie den Männern übers Wasser zurief: «Kommt und tötet sie alle!»
    «Ich stopfe ihr das Maul», bot sich Steapa an.
    «Lass die Hündin ruhig schreien», sagte ich.
    Sie hatte vorgegeben, kein Englisch zu sprechen, doch nun warf sie mir einen vernichtenden Blick zu. Sie wandte sich wieder an die Männer auf der anderen Uferseite: «Das hier sind alles Feiglinge», schrie sie, «sächsische Feiglinge! Sagt Harald, dass sie sterben werden wie die Fliegen.» Sie trat dicht an die Palisade heran, doch sie konnte nicht über den Wall fliehen, weil ich befohlen hatte, sie an die Leine zu legen, und diese Leine um ihren Hals hielt einer von Steapas Männern.
    «Sagt Harald, dass seine Hure hier ist!», brüllte ich über den Fluss. «Und dass sie ein zänkisches Weib ist! Vielleicht schneiden wir ihr die Zunge heraus und schicken sie Harald zum Abendessen!»
    «Ziegenschiss!», fauchte sie und beugte sich über die Palisade, um einen Pfeil herauszuziehen, der in einem der Eichenstämme stecken geblieben war. Steapa wollte ihr die   Waffe augenblicklich entreißen, aber ich winkte ihn zurück. Skade achtete nicht auf uns. Sie betrachtete mit starrem Blick den Pfeilkopf, trennte ihn mit einer schnellen Drehung von dem befiederten Schaft und warf den Schaft über die Palisade. Dann streifte sie mich mit ihrem Blick, hob den Pfeilkopf an ihre Lippen, schloss die Augen und küsste den Stahl. Danach murmelte sie ein paar Worte, die ich nicht verstehen konnte, berührte den Stahl erneut mit den Lippen, schob ihn unter ihr Gewand, zögerte und stieß sich dann die Spitze in eine ihrer Brüste. Als sie den blutbeschmierten Stahl wieder unter ihrem Gewand herauszog, sah sie mich triumphierend an. Dann schleuderte sie den Pfeilkopf in den Fluss und hob ihre Hände und ihr Gesicht dem Spätsommerhimmel entgegen. Mit einem Schrei wollte sie die Aufmerksamkeit der Götter gewinnen, und als der Schrei verebbte, drehte sie sich zu mir um. «Ihr seid verflucht, Uhtred», sagte sie in einem so beiläufigen Ton, als mache sie eine Bemerkung über das Wetter.
    Ich widerstand dem Drang, das Hammeramulett zu berühren, das um meinen Hals hing, denn das hätte ihr gezeigt, dass ich ihren Fluch fürchtete. Stattdessen tat ich so, als würde ich ihn mit einem Grinsen abtun.
    «Verschwende ruhig deinen Atem, du Hure», sagte ich und ließ dennoch die Hand zum Schwert gleiten, um mit einem Finger über das Silberkreuz zu streichen, das in Schlangenhauchs Heft eingelassen war. Das Kreuz bedeutete mir nichts, doch es war ein Geschenk von Hild, die einst meine Geliebte und nun eine Äbtissin von außerordentlicher Frömmigkeit war. Dachte ich, das Kreuz zu berühren könne ein Ersatz für den Hammer sein? Die Götter dachten bestimmt nicht so.
    «Als ich ein Kind war», sagte Skade plötzlich, immer   noch in diesem nebensächlichen Tonfall, als ob sie und ich alte Freunde wären, «hat mein Vater meine Mutter besinnungslos geprügelt.»
    «Weil sie genauso war wie du?», fragte ich.
    Sie beachtete meine Worte nicht. «Er hat ihr die Rippen gebrochen, einen Arm und die Nase», fuhr sie fort, «und später an diesem Tag hat er mich auf die Hochweiden mitgenommen, um ihm zu helfen, die Herde zurückzutreiben. Ich war zwölf Jahre alt. Ich erinnere mich, dass Schneeflocken

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