Das brennende Land
was ich gewollt hatte: eine Düneninsel, verloren in einer Unzahl verwirrender Wasserläufe, und nur an zwei Stellen zugänglich. Wir zogen das Boot aufs Ufer und zündeten erneut ein Feuer aus Treibholz an. Der Tag ging zur Neige. Der Wind hatte die dunklen Wolken Richtung Westen getrieben, sodass Skirnirs Innenmeer in tiefen Schatten lag, während das Land im Osten noch unter den letzten Sonnenstrahlen schimmerte. Ich sah den Rauch der Kochfeuer von drei Ansiedlungen und, weit weg am Horizont, einige niedrige Hügel, wo das Gebiet aus Sand und Marschen in höher gelegenes Land überging. Ich vermutete, dass das Kloster in diesen Hügeln lag, doch es war zu weit entfernt, als dass ich es hätte sehen können. Dann glitten die Regenwolken vor die Sonne, und nun lag die gesamte Landschaft im Schatten.
Auf einen Ruf Rollos hin drehte ich mich um und sah Schiffe, die im letzten Tageslicht auf die Küste zusteuerten. Zuerst kamen zwei große Schiffe. Sie kamen von den Inseln, und dann folgte ein drittes Schiff, es war heller als die beiden ersten und fuhr viel langsamer, denn es war nur mit wenigen Ruderleuten besetzt.
Der
Seolferwulf
war
das letzte der drei Schiffe. Die dunkleren gehörten Skirnir.
Der Wolf war gekommen, um sich sein Weibchen zurückzuholen.
Acht
Ich hatte Finan gesagt, er solle den Wahnsinnigen spielen. Darin war er sehr gut. Nicht wahnsinnig wie ein schwächlicher Mondsüchtiger, sondern gefährlich wahnsinnig, so als ob ihn ein einziges falsches Wort in einen Mordrausch treiben könnte. Finan wirkte, wenn man ihn nicht gut kannte, äußerst furchterregend. Er war klein, drahtig, bebte vor kaum zügelbarer Kraft, und sein knochiges Gesicht schien nur aus Narben zu bestehen. Er war ein Mann, der Schlachtfelder, die Sklaverei und unglaubliche Härten überstanden hatte, und er sah aus wie jemand, der möglicherweise nichts mehr zu verlieren hatte. Darauf zählte ich, so wollte ich Skirnir dazu bringen, mit der Mannschaft des
Seolferwulfs
vorsichtig umzugehen. Es gab sehr wenig, was Skirnir davon abhalten konnte, den
Seolferwulf
zu erbeuten und seine Mannschaft niederzumetzeln, abgesehen von der Aussicht, dabei möglicherweise selbst ein paar Männer zu verlieren. Schon zwanzig oder dreißig Verwundete würden ihn schmerzen. Davon abgesehen brachten ihm Osferth und Finan ein Geschenk, und wie Skirnir glaubte, waren sie bereit, ihn bei der Aneignung dieses Geschenks zu unterstützen. Ich hatte keinen Zweifel daran, dass Skirnir den
Seolferwulf
für
sich selbst wollte, doch er hatte beschlossen zu warten, bis er Skade hatte und bis ich tot war. Und deshalb hatte ich Finan gesagt, er solle ihn erschrecken.
Osferth und Finan hatten, nachdem sie aus dem Wasserlauf herausgerudert waren, den
Seolferwulf
die Küste entlanggesteuert und waren dann, als wussten sie nicht, was sie tun sollten, zur Mitte des Innenmeeres gerudert, wo sie das Schiff auf den niedrigen Wellen hatten schaukeln lassen. «Die Fischerboote wurden in aller Eile über das Wasser gerudert. Da wussten wir, dass sie auf dem Weg nach Zegge waren», erzählte Finan später.
Skirnir hatte natürlich von der Auseinandersetzung an dem Wasserlauf gehört, und nun erfuhr er, dass das Wikingerschiff ziellos umherschwamm. Neugierig geworden, schickte er eines seiner größeren Schiffe zur Erkundung los, auch wenn er selbst nicht mitfuhr. Sein jüngster Bruder sprach mit Finan und Osferth, und er hörte, wie sie gegen Uhtred von Bebbanburg aufbegehrt hatten, und er hörte auch, dass Uhtred Skade hatte und dass Uhtred, Skade und ein kleinerer Trupp Männer nun ohne Schiff in dem Gewirr aus Inseln und Wasserläufen festsaßen. «Ich habe den Bruder an Bord kommen lassen», erzählte Finan, «und ich habe ihm den Haufen Kettenhemden und Waffen gezeigt. Ich habe ihm gesagt, das wären alles deine.»
«Also hat er gedacht, wir wären unbewaffnet?»
«Ich habe ihm außerdem gesagt, du hättest ein kleines Schwert, aber nur ein ganz kleines.» Grageld, Skirnirs Bruder, zählte die aufgehäuften Kettenhemden nicht durch und auch nicht den Stapel aus Schwertern, Speeren und Äxten. Wenn er es getan hätte, dann wären ihm Finans Lügen möglicherweise aufgefallen, denn da waren lediglich genügend Kettenhemden und Waffen, um Finans verkleinerte Mannschaft auszurüsten. Stattdessen aber glaubte er einfach, was ihm der Ire erzählte. «Und dann», sprach Finan weiter, «haben wir ihm unser Märchen erzählt.»
Das Märchen begann mit der
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