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Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Titel: Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wende
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aus; bald schon mehrten sich die Anzeichen, daß es nicht länger als dessen Gravitationszentrum fungierte und von einer selbstverständlichen Führungsrolle kaum noch die Rede sein konnte.

    Bereits die Aufnahme Indiens, Pakistans und Ceylons markierte einen Wandel. Nach dem ersten Treffen der Premiers des so erweiterten Commonwealth im Oktober 1948 kam es zu bezeichnenden Neuformulierungen in der offiziellen Terminologie: Die Begriffe Dominion und Dominion Government wurden durch Commonwealth country bzw. fully independent member of the Commonwealth ersetzt, und aus dem Titel British Commonwealth of Nations wurde das Adjektiv British ersatzlos gestrichen. All dies waren Konzessionen an die ehemaligen Kolonien, die nun als frisch begründete Nationalstaaten Wert darauf legten, den vollen Umfang ihrer Souveränität in jeder Beziehung demonstrativ zu betonen. Doch damit war es noch nicht genug. In der Präambel des Statute of Westminster war die britische Krone nicht nur als das Symbol der freien Vereinigung der Mitglieder des Commonwealth bezeichnet worden, sondern es war auch von einer gemeinsamen Treuepflicht aller gegenüber der Krone die Rede gewesen («they are united by a common allegiance to the Crown»). Nicht nur, weil Disraeli einst die englische Königin zur Kaiserin von Indien erhöht hatte, sondern weil die britische Krone stets die Einheit des gesamten Empire verkörpert und damit als Symbol britischer Autorität und Herrschaft gedient hatte, legte Indien 1948 Wert darauf, seine neu errungene Souveränität durch den Übergang zur Republik zu demonstrieren. Daher hatte die indische Kongreßpartei auf ihrem Parteitag im Dezember 1948 eine Resolution verabschiedet, in der allein die Einrichtung einer Republik als adäquater Ausdruck vollständiger staatlicher Unabhängigkeit bezeichnet wurde. Zugleich war hier der ausdrückliche Wunsch formuliert, dennoch weiterhin dem Commonwealth anzugehören. Auf einer aus diesem Anlaß eigens einberufenen Commonwealth-Konferenz in London einigte man sich schließlich auf die Kompromißformel, daß der König in der Funktion eines ‹Symbols› des freien Zusammenschlusses der Mitgliedsstaaten als «Head of the Commonwealth» von allen anerkannt werde. War zuvor, wie im Falle Burmas und vor allem Irlands, der Übergang zur republikanischen Staatsform als unvereinbar mit der Mitgliedschaft im Commonwealth erachtet worden, so wurde Indien, was zunächst als einmalige Ausnahmeregelung erschien, zum musterhaften Beispiel, dem 1955 und 1956 Pakistan und Ceylon und später die Mehrzahl der afrikanischen Mitgliedstaaten folgten.
    Nachdem mit der Reduzierung der Rolle der Krone auf eine bloß symbolische Funktion auch das letzte staatsrechtliche Verbindungselement entfallen war, trat die Organisation in eine neue Phase ihrer Geschichte ein. Sie war nun mehr als nur ein Club der ‹weißen Dominions›, man sprach fortan von einem ‹multi-racial Commonwealth›, in dem viele eine hoffnungsvolle Variante des Empire erblickten und es vor allem für eine wegweisende Alternative in der Epoche internationaler Blockbildungen der 50er Jahre hielten. Doch nach einer kurzen Phase verheißungsvoller Stabilität gerieten die Verhältnisse mit der Suez-Krise und vor allem mit der Dekolonisation Afrikas abermals in Bewegung. Es war der Gegensatz zwischen der Rassenpolitik, wie sie in Südafrika und auch von den Weißen in Rhodesien praktiziert wurde, und dem Selbstbewußtsein der jungen afrikanischen Nationalstaaten, der nun den Zusammenhalt des Commonwealth auf eine ernsthafte Belastungsprobe stellte. Wie zuvor die Republik Südafrika bis 1957 den Beitritt Ghanas als erstem schwarzafrikanischem Vollmitglied zu verhindern gesucht hatte, so drängten fortan die afrikanischen und asiatischen Mitglieder auf ein entschiedenes gemeinsames Handeln gegen jegliche Apartheidspolitik. In einer Phase, in der die uneingeschränkte Gleichheit der Völker zum Leitgedanken des multi-racial Commonwealth erhoben wurde, waren sie nicht bereit, die Politik der Rassentrennung als ‹innere Angelegenheit› Südafrikas zu dulden. Um einem Ausschluß zuvorzukommen, proklamierte Südafrika 1961 die Republik und schied aus dem Verband aus. Erst 33 Jahre später kehrte es nach der Aufhebung der Rassentrennung unter seinem Präsidenten Nelson Mandela wieder in das Commonwealth zurück.
    Von einer Führungsposition Londons im Commonwealth konnte nun bald nicht mehr die Rede sein, vor allem als nach dem

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