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Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Titel: Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wende
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waren die Siedlungen weitgehend sich selbst überlassen geblieben. Und als unter Karl II. und Jakob II. England aus der ökonomischen und machtpolitischen Bedeutung seiner amerikanischen Besitzungen die Konsequenz zog, sich nun verstärkt um den Aufbau einer stringenten Reichsverwaltung zu bemühen, wurde diese Entwicklung durch die Glorreiche Revolution abermals unterbrochen. Gleichzeitig wuchs jedoch der politische Stellenwert der Kolonien im Bezugsrahmen der Außenpolitik Großbritanniens, das im 18. Jahrhundert als Kolonialmacht zur Weltmacht aufstieg.

 
    5. AUFSTIEG ZUR WELTMACHT
    Als sich mit dem ausgehenden Mittelalter allmählich ein europäisches Staatensystem als wechselvolles Beziehungsgeflecht rivalisierender Mächte ausbildete – allen voran Habsburg mit Spanien sowie Frankreich –, stand England zwar nicht abseits, aber es blieb vorerst auf eine Nebenrolle beschränkt. Vergeblich hatte Heinrich VIII. versucht, vor dem Hintergrund der epochalen habsburgisch-französischen Rivalität an die glorreichen Erfolge Heinrichs V. im hundertjährigen Krieg gegen Frankreich anzuknüpfen und sein Land durch militärische Aktionen auf dem Kontinent als europäische Großmacht zu etablieren. Seiner Tochter Elisabeth I. gelang es hingegen, mit dem Seesieg über die Armada 1588 die drohende spanische Invasion abzuwehren, damit Englands unabhängige Position im europäischen Staatensystem zu wahren und zugleich Spaniens Hegemonialbestrebungen entscheidend einzudämmen. Gleichsam symbolhaft waren mit diesem Sieg zwei für die britische Politik späterer Jahrhunderte entscheidende Momente vorweggenommen: militärische Konzentration auf den Seekrieg und, als außenpolitische Zielsetzung, Gleichgewicht statt Hegemonie im System der kontinentaleuropäischen Mächte. Bereits hier und jetzt, d.h. bevor überhaupt die erste englische Kolonie oder auch nur eine überseeische Handelsstation gegründet worden war, spielte der überseeische Faktor in diesem Konflikt eine Rolle. Denn die Raubzüge von Francis Drake, John Hawkins und ihresgleichen in den spanischen Gewässern der Karibik hatten Philipp II. zusätzliche Gründe für seinen Krieg gegen England geliefert, das seinerseits von den Erfahrungen dieser Freibeuter im Laufe der maritimen Abwehrschlacht entscheidend profitiert hatte.
    In der Folgezeit sollte dieser überseeische Faktor mit den zahlreichen Koloniegründungen und den weltweit expandierenden Handelsbeziehungen der Briten weiterhin an Gewicht gewinnen und die britische Außenpolitik fortan zwar nicht durchweg, aber doch stets zu einem gewissen Teil mitbestimmen. Dies auch, weil England im 17. und 18. Jahrhundert vorwiegend mit den übrigen europäischen Kolonial- und Seemächten – mit Spanien, Holland und Frankreich – in kriegerische Auseinandersetzungen verwickelt war. Bereits mit den Anfängen der englischen Expansion war deutlich geworden, daß diese – gleich ob sie in Richtung Afrika und Asien oder Nord- und Mittelamerika erfolgte – stets von bewaffneten Auseinandersetzungen mit europäischen Rivalen um Kolonien und Handelsmonopole begleitet war.
    Dabei war es lange Zeit immer wieder geübte Praxis, dergleichen Scharmützel in Übersee nicht gleich in europäische Kriege münden zu lassen. Als im Jahre 1559 bei den Friedensverhandlungen von Cateau-Cambrésis Frankreich Spanien gegenüber nicht bereit war, die Aktivitäten seiner Freibeuter in Westindien einzustellen, verständigten sich beide Vertragspartner dahingehend, daß der zu schließende Frieden nur bis zu einer westlich der Azoren gezogenen Linie gültig sei und jenseits die jeweiligen Rechtsauffassungen gelten sollten. Daraus resultierende militärische Konflikte sollten die friedlichen Beziehungen beider Mächte in Europa nicht beeinträchtigen. Ein ähnliches Ergebnis erzielten englische Unterhändler mit Spanien im Vertrag zu London 1604, indem sie ebenfalls auf Handel und Kolonisierung in der Neuen Welt bestanden und nur bereit waren, Rechtstitel für bereits besiedelte Gebiete anzuerkennen. Vor allem in der Karibik wurde fortan von den rivalisierenden Kolonialmächten immer wieder in stillschweigender gegenseitiger Anerkennung des Grundsatzes «No peace beyond the line» verfahren. Erst recht wurden Englands ‹offizielle› europäische Kriege des 17. und des 18. Jahrhunderts, selbst wenn die militärischen Aktionen ihren Schwerpunkt in Europa bzw. in den europäischen Gewässern hatten, in zunehmendem Maße in Übersee

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