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Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Titel: Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wende
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Aktionärsversammlung der Handelsgesellschaften ebenso wie die Institutionen der lokalen Selbstverwaltung. Und die Siedler von Virginia hatten ebenfalls frühzeitig unter Beweis gestellt, daß sich ihr Recht auf Mitwirkung an der Verwaltung durch gewählte Interessenvertreter auch im Rahmen einer Kronkolonie ungeschmälert erhalten ließ. Auch in den Eigentümerkolonien existierten von Anfang an solche Siedler-Parlamente, und William Penn, selbst kein Freund demokratischen Gedankenguts, mußte in seiner 2. Charter von 1701 ausdrücklich die Existenz einer mit weitgehenden Rechten ausgestatteten Zweiten Kammer anerkennen, da dies den angestammten Rechten freigeborener Engländer entspreche («according to the rights of the freeborn subjects of England»).
    Und während die Kolonialgesellschaften sich früher oder später auflösten und die Rechte der Eigentümer bedeutungslos wurden, dehnten diese naturwüchsigen Institutionen kontinuierlich ihre Rechte aus.
    Ursprünglich waren den Colonial Assemblies enge Grenzen gesetzt. Nicht nur war ihr Aktionsradius vom Einberufungs- und Auflösungsrecht des Gouverneurs abhängig, der zudem gegenüber ihren Beschlüssen das Vetorecht besaß; darüber hinaus blieb ihre legislatorische Kompetenz auf die inneren Angelegenheiten der Kolonie beschränkt und durfte sich keinensfalls auf den Bereich der allgemeinen Handelsgesetze erstrecken. Zudem bedurften sämtliche von ihnen verabschiedeten Gesetze der Überprüfung, damit sie nicht etwa englischem Recht zuwiderliefen.
    Kein Wunder, daß diese zahlreichen Barrieren Reibungsflächen für künftige Auseinandersetzungen boten, und tatsächlich gingen mit dem Beginn des 18. Jahrhunderts die kolonialen Parlamente in die Offensive, mit dem Ziel, ihre Mitwirkungsrechte weiter auszudehnen. Die zunehmende Bedeutung der Kolonien und insbesondere der wachsende Wohlstand ihrer Einwohner bildeten bei den politischen Eliten ein starkes Selbstbewußtsein aus, und sie begannen, sich auf ihre Rechte als freie Engländer zu besinnen. So galten für die colonial assemblies schon bald nicht mehr Gremien wie etwa die Gemeindeversammlungen der Kirchsprengel als Vorbild, sondern das englische Parlament mit seinem im 17. Jahrhundert spektakulär errungenen Machtzuwachs. Alsbald bezeichnete man sich als House of Commons oder Parliament (statt lediglich Assembly) und berief sich auf die Magna Charta oder generell auf die angestammten Rechte der freigeborenen Engländer. Man beanspruchte die gleichen Privilegien wie das House of Commons in London, vor allem Redefreiheit und Immunität für die Abgeordneten sowie das Recht auf Überprüfung der Wahlen. Und man kopierte dessen Geschäftsordnung, vor allem dessen Prozedur des Gesetzgebungsverfahrens. Im Konfliktfall setzten die kolonialen Parlamente, hierin ebenfalls ihrem englischen Vorbild folgend, mit Erfolg ihr Steuerbewilligungsrecht ein, denn die königliche Verwaltung der Kolonien und in den meisten Fällen sogar das Gehalt des Gouverneurs wurden aus einheimischen Steuern finanziert.
    So wurde bereits im 17. Jahrhundert deutlich, daß die amerikanischen Siedlungskolonien zwar eine zentrale Position im expandierenden Geflecht des britischen Handelsimperiums einnahmen, daß aber die Scharniere zwischen der Zentralverwaltung durch die britische Metropole und der kolonialen Selbstverwaltung Sollbruchlinien für den Konfliktfall markierten. Dies war auch die Folge des kontinuierlichen demographischen und ökonomischen Wachstums der meisten Kolonien, die so dem Mutterland gegenüber allmählich an Eigengewicht gewannen. Hinzu kam, daß neben der räumlichen Distanz sich auch eine zunehmende mentale Distanzierung der Mehrheit der amerikanischen Siedler vom Mutterland auszuwirken begann. Im 18. Jahrhundert war die Mehrheit der Bevölkerung bereits in der zweiten bzw. dritten Generation in den Kolonien ansässig. Die Zahl der englischen Auswanderer nahm spürbar ab, die der nicht-englischen Einwanderer zu. Anfangs noch unmittelbar präsente Erinnerungen an die britische Heimat verblassten, England war nun für viele ein fernes und z.T. fremdes Land. Schließlich waren wachsende Eigenständigkeit der Kolonien und zunehmendes Selbstbewußtsein der Kolonisten auch darauf zurückzuführen, daß eine zielstrebige, auf verstärkte Integration ausgerichtete englische Kolonialpolitik nur phasenweise stattfand. Vor allem in den Jahren zwischen den ersten Koloniegründungen und dem Ende der Englischen Revolution (1660)

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