Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)
Einwohner europäischer Herkunft zählten. Dennoch empfanden die britischen Siedler ihre französischen Nachbarn zunehmend als Bedrohung, nicht zuletzt wegen deren relativ hoher militärischer Effizienz und weil die Franzosen es verstanden, mit den einheimischen Stämmen zumeist ein gutes Einvernehmen zu bewahren und somit im Konfliktfall über militärische Bundesgenossen verfügten. Schließlich erwies sich Frankreich auch in Indien und in der Karibik als ernsthafter Konkurrent der Briten. Nach zeitweiligen Rückschlägen verfügte die französische Ostindien-Gesellschaft 1730 über zahlreiche Faktoreien auf dem Subkontinent, darunter als wichtigste Stützpunkte Pondichery an der Ostküste und Chandernagore in unmittelbarer Nachbarschaft des britischen Kalkutta. Gleichzeitig boomte die französische Zuckerproduktion in Westindien, wo z.B. St. Domingo 1738 doppelt soviel des begehrten Artikels exportierte wie das britische Jamaika.
Angesichts dieser erfolgreichen Bemühungen um koloniale und merkantile Expansion wurde Frankreich naturgemäß zum Hauptrivalen Großbritanniens, das sich gerade anschickte, seinerseits die Bewahrung und den Ausbau seines merkantilen Empires als Ziel seiner nationalen Politik zu formulieren. Die Folge war ein abermals mehr als hundertjähriger Krieg, bei dem es allerdings für England nicht mehr wie im Mittelalter darum ging, das französische Königreich zu erobern, sondern Frankreich als Konkurrenten in Übersee auszuschalten. Es waren sieben große Kriege, die in der Zeit zwischen 1689 und 1815 von den beiden Staaten ausgefochten wurden, insgesamt ca. 65 Jahre währende Kämpfe in Europa und mehr noch ‹beyond the line›, nur gelegentlich von kurzen Spannen des Friedens unterbrochen und erst durch den Sieg über Napoleon bei Waterloo endgültig entschieden. Dabei hatte sich Großbritannien zumeist in der Rolle desjenigen gesehen, der sowohl in Amerika als auch in Indien Erworbenes gegen den Eindringling und Neuankömmling zu verteidigen suchte. Allerdings hatte es, als 1700 die Krone Spaniens an Philipp von Anjou, den Enkel Ludwigs XIV., fiel und die beiden Mächte fortan als Familienallianz agierten, zugleich diese Gelegenheit genutzt, seinerseits das spanische Monopol für den Handel mit Süd-Amerika zu brechen und so in dessen koloniale Hoheitsgebiete einzudringen.
Am Anfang dieses säkularen Ringens stand der 1689 bis 1697 währende Pfälzische Erbfolgekrieg, den die Engländer diesseits und jenseits des Atlantiks «King William’s War» nannten; nicht zu Unrecht, denn Wilhelm von Oranien, der seit 1672 den heroischen Abwehrkampf der Niederlande gegen das übermächtige Frankreich organisierte, war 1688 der Einladung auf den englischen Thron vor allem deswegen gefolgt, weil er damit England in das Lager der von ihm geschlossenen großen Allianz (Liga von Augsburg) gegen Frankreich führen konnte. In erster Linie ging es in diesem Krieg den Engländern darum, die Thronfolge Wilhelms III. gegen die Revanche der vertriebenen Stuarts zu sichern, die von Ludwig XIV. tatkräftig unterstützt wurden. Obwohl es im Verlauf der Auseinandersetzung auch zu Kampfhandlungen in Amerika kam, fand der Krieg vor allem in Europa statt. Dabei war allerdings für die weitere Entwicklung des Empire der Seesieg der Engländer über die französische Flotte von La Hogue (1692) von nachhaltiger Bedeutung, mit dem nach anfänglichen Rückschlägen nun die fortan zwar öfters noch in Frage gestellte aber dennoch vorerst nicht mehr ernsthaft bedrohte maritime Überlegenheit Großbritanniens begründet wurde. Ansonsten war es das vorrangige Kriegsziel, die französische Hegemonie zugunsten eines Gleichgewichts der europäischen Mächte einzudämmen.
Eben darum ging es auch nach Wilhelms Tod (1702) im Spanischen Erbfolgekrieg (1702—1713), den die englischen Kolonisten in Amerika als «Queen Anne’s War» bezeichneten und damit zum Ausdruck brachten, daß der Schwerpunkt der Kriegsziele und des Kriegsgeschehens abermals in Europa lag. Unter der Führung des Herzogs von Marlborough errang England im Verein mit seinen Alliierten eindrucksvolle Siege zu Lande (Höchstädt 1704, Malplaquet 1709). Doch der maßgeblich durch die englische Politik herbeigeführte Friede zu Utrecht stellte 1713 nicht nur das Gleichgewicht der Mächte in Europa wieder her, sondern sicherte für England neben dem Erwerb der Flottenstützpunkte Gibraltar und Menorca im Mittelmeer auch Landgewinne in Amerika: Das Gebiet um die
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