Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)
geführt: zur Verteidigung und zur Expansion kolonialer Besitzungen und einträglicher Handelskonzessionen. Im Endergebnis hatte Großbritannien schließlich alle ernsthaften Rivalen ausgeschaltet und damit zu Beginn des 19. Jahrhunderts als größte Kolonial- und Seemacht zugleich die Position einer unbestrittenen Weltmacht erobert.
Auf dem Wege dorthin entledigte sich England zunächst der holländischen Konkurrenz. Während ihres achtzigjährigen Freiheitskampfes gegen Spanien waren die aufständischen protestantischen Niederlande gleichzeitig zur führenden Handelsnation aufgestiegen. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts war Amsterdam der Hauptstapelplatz für die in ganz Europa begehrten Importwaren aus dem Fernen Osten. In vielfältiger Weise, besonders im Bereich von Handel und Seefahrt, wurde Holland in jenen Jahren zum Lehrmeister Englands, denn hier hatte man moderne Geschäftsmethoden und Techniken entwickelt, die weitsichtige Engländer, wie z.B. der Londoner Bankier Joshua Child, zu kopieren empfahlen, da man in ihnen die Voraussetzungen für Hollands merkantile Führungsposition erkannte. Bezeichnend für die Überlegenheit der Niederländer war auch, daß sie nicht nur einen großen Teil des englischen Fernhandels abwickelten, sondern damit zugleich der wichtigste und beliebteste Handelspartner der jungen nordamerikanischen Kolonien waren.
Gegen solch bedrohliche Konkurrenz erließ schließlich das Parlament der revolutionären englischen Republik auf das Drängen einer Lobby einflußreicher Londoner Kaufleute hin die Navigation Act von 1651. Auch wenn diese, wie bereits geschildert, zu einer Art Grundgesetz für das ältere merkantilen Empire werden sollte, war sie ursprünglich vor allem gegen den holländischen Zwischenhandel gerichtet, von dessen Ausschaltung man sich zu Recht den Aufschwung des eigenen Handels durch verstärktes Wachstum einer eigenen Handelsflotte versprach. Die Einrichtung und Durchsetzung dieses britischen nationalen Handelsmonopols lieferte 1652 den unmittelbaren Anlaß zum ersten von insgesamt drei ‹Bruderkriegen› zwischen den beiden protestantischen Nationen, die zuvor gegen das katholische Spanien als die Vormacht der Gegenreformation zusammengestanden hatten. Da keine Seite entscheidende militärische Erfolge erzielen konnte, endete dieser Krieg 1654 mit einem Kompromissfrieden, in dem die Holländer allerdings die Navigation Act anerkannten. Zehn Jahre später brach nach der Restauration der englischen Monarchie der Konflikt abermals aus und endete 1667 im Frieden von Breda, der England den Erwerb der Kolonie Neu Amsterdam (New York) sicherte und ansonsten die Abgrenzung der gegenseitigen Interessen in Übersee fixierte. Hatten bis dahin merkantile und koloniale Rivalitäten die Auseinandersetzungen zwischen den beiden Seemächten bestimmt, so trat England in den dritten holländischen Krieg (1672–1674) als Junior-Partner Frankreichs ein, das in der Ausschaltung der Niederlande den Schlüssel zur Errichtung einer französischen Hegemonie sah. Ludwig XIV. hatte Karl II. von England für dieses Bündnis mit der Aussicht auf französische Unterstützung einer durchgreifenden monarchischen Gegenrevolution in England gewonnen, doch als solche Pläne ruchbar wurden, zwang das englische Parlament seinen König zu einem Sonderfrieden, der schließlich wesentlich zur Erhaltung des ungeschmälerten Fortbestands Hollands beitrug.
Dies lag, wie sich später zeigen sollte, durchaus auch im englischen Interesse, denn tatsächlich war bereits vor dem Ausbruch des dritten englisch-holländischen Krieges Holland für England nicht länger ein bedrohlicher Rivale in Übersee. Zwar hatten die englischen Flotten im Laufe zahlreicher und oftmals verlustreicher blutiger Seeschlachten keinen endgültigen Sieg erringen können, waren vielmehr gelegentlich selbst in bedrohliche Bedrängnis geraten, wie z.B. 1666, als die holländische Flotte unter ihrem Admiral de Ruyter sogar die Themse hinaufsegelte, um vor den Toren Londons liegende Kriegsschiffe zu zerstören; dennoch hatten diese Kämpfe deutlich gemacht, daß England sich langfristig in der unvergleichlich günstigeren strategischen Position befand. Denn von der Insel aus ließen sich die für Holland lebenswichtigen Zufahrtsrouten zu dessen Häfen kontrollieren und gegebenenfalls blockieren. Da sie vollständig von ihrem Überseehandel abhängig waren, boten die Holländer so dem englischen Gegner mehr Angriffsflächen, als sie
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