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Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Titel: Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wende
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Kanadas auch noch 27.000 Chinesen, die zunächst im Gefolge des Goldrausches von 1860 in British Columbia und dann vor allem beim Eisenbahnbau als billige Arbeitskräfte eingesetzt worden waren. Sie wurden, nachdem sie ihre Arbeit getan hatten und im Lande blieben, über Jahrzehnte hinweg als Vorhut einer vermeintlichen ‹Gelben Gefahr› diffamiert und dementsprechend als Bürger zweiter Klasse behandelt.
    Zu keiner Zeit hatte Kanada für das Empire und damit für die britische Politik auch nur annähernd die Bedeutung, die Indien besaß bzw. im Jahrhundert zuvor die amerikanischen Kolonien besessen hatten. Noch im Jahre 1865 bezeichnete der damalige Schatzkanzler William Gladstone in einem Memorandum Kanada als «einen langen und verhältnismäßig schmalen Landstrich besiedelten Landes … zwischen den Vereinigten Staaten auf der einen Seite und der Unwirtlichkeit bitterkalten Winters auf der anderen».[ 17 ] Dies mag eine Voraussetzung dafür gewesen sein, daß Kanada für das Empire und hier speziell für die britischen Siedlungskolonien eine wichtige Vorreiterrolle spielen konnte, indem es als erste Kolonie den halbsouveränen Status eines Dominions erlangte. Allzuviel schien man dabei in London nicht aufs Spiel zu setzen, zumal die britische Politik immer wieder damit rechnete, daß ihre kanadischen Besitzungen ohnehin eines Tages in den USA aufgehen würden. Und außerdem hatte man in der Verfassung des Dominions offenkundig eine Formel gefunden, in der politische Selbstbestimmung und Einbindung in das Empire scheinbar frei von Widersprüchen miteinander vereinbart waren.
    Zu diesem Zweck hatte man sich in dem Statut von 1869 der von Durham eingeführten Unterscheidung von inneren Angelegenheiten der Kolonie und Reichsangelegenheiten auf der anderen Seite bedient. In der Praxis ließ sich allerdings eine solche Differenzierung nur so lange aufrechterhalten, wie durch sie die vitalen Interessen eines ansonsten selbstbestimmten Gemeinwesens nicht unmittelbar betroffen waren. Auf lange Sicht sollte sich der Dominion-Status als Ubergangsstadium auf dem Weg zur vollen Souveränität erweisen. Auch auf ihm ging Kanada voran. Obwohl Durham die Regulierung der Außenhandelsbeziehungen noch ganz im Sinne des älteren merkantilen Empire ausdrücklich in der Kompetenz des Mutterlandes belassen wollte, hatte die Provinz Kanada schon vor der Bildung des Bundesstaates 1854 einen eigenen Handelsvertrag mit den USA abgeschlossen. Und fünf Jahre später, in der Blütezeit britischer Freihandelspolitik, belegte die kanadische Regierung zum Schutz der eigenen jungen Industrie sogar eine ganze Reihe britischer Erzeugnisse mit Einfuhrzöllen. Auch der Grundsatz, daß allein London weiterhin über öffentlichen Grund und Boden zu verfügen berechtigt sei, wurde alsbald ignoriert.
    Andererseits sollte sich dann aber doch die Freiheit, in die das Dominion entlassen worden war, als starkes Glied im Verbund des Empire und in der Bindung an das Mutterland erweisen. Als Großbritannien 1914 für sein gesamtes Empire den Krieg erklärte, ohne zuvor seine Dominions zu konsultieren, regte sich in Kanada keinerlei Widerspruch. Im Gegenteil, das Mutterland wurde mit insgesamt 600.000 Soldaten militärisch unterstützt, von denen jeder zehnte auf den Schlachtfeldern Frankreichs blieb.
    Australien und Neuseeland
    Während Kanada in seinen Anfängen ein Erbe des älteren Empire war, waren die großen pazifischen Kolonien des jüngeren Empire, Australien und Neuseeland, die alsbald dem kanadischen Vorbild folgend ebenfalls in Dominions umgewandelt wurden, Schöpfungen einer zielgerichteten Kolonial- und Siedlungspolitik des 19. Jahrhunderts. Allerdings reichen auch hier die Anfänge ins 18. Jahrhundert zurück. James Cook hatte auf seiner ersten großen Entdeckungsreise in den Pazifik (1768–1771) zunächst Neuseeland umrundet und danach die australische Ostküste kartographisch erschlossen und, wie es seinem Auftrag entsprach, dabei formal von dem Land für Großbritannien Besitz ergriffen. Von der Voraussetzung ausgehend, es handle sich hierbei juristisch betrachtet um «terra nullius» (Niemandsland), wurde die britische Fahne gehißt, «um jedem Schiff, das hier landen sollte, deutlich zu machen, daß wir hier zuerst vor Ort waren».[ 18 ] Nach England zurückgekehrt, wurde in dem offiziellen Reisebericht der Küstenstrich in der Gegend des heutigen Sidney als besonders geeignet für die Ansiedlung von Europäern geschildert; Cook hatte

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