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Das Buch Der 1000 Wunder

Titel: Das Buch Der 1000 Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Artur Fuerst , Alexander Moszkowski
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Der Grund leuchtet ohne weiteres ein: die Geschwindigkeit des Zugs übertrifft die des Schalls, wir fliehen somit vor dem Ton, der uns nicht einzuholen vermag. Ebensowenig vernehmen wir nunmehr unsere Sprache oder einen Zuruf von Mund zu Ohr. Auch das Fahrgeräusch des Wagens ist für uns erledigt, denn wir überholen auch den ratternden Lärm seiner Räder.
    Zweiter Effekt: wir durchsausen einen Bahnhof. Die dort versammelten Zuhörer würden die Melodie hören, aber in einer gewaltsamen Entstellung, mit völlig verschobenen Tonhöhen; bei der Annäherung des Zugs mit graduell erhöhten Tönen, bei der Entfernung mit ebenso vertieften. Es ist das bekannte »Doppler-Prinzip«, das diese – übrigens schon bei weit geringerer Geschwindigkeit beobachtete – Wirkung zeitigt.
    Dritter Effekt: der Zug verlangsamt sein Tempo bis unter 330 Meter 253 in der Sekunde, so daß die Schallgeschwindigkeit wieder die Überlegenheit gewinnt und die zuvor verlorenen Klänge uns einholen. Nunmehr braucht der Trompeter nicht mehr zu blasen, wir hören sein Konzert trotzdem und zwar das ganze vorher absolvierte Programm. Aber in welcher Reihenfolge? Offenbar erreicht und überholt uns der zuletzt ausgesandte Ton zuerst, denn seine Schallwellen sind uns ja zunächst. Der erste Ton hingegen, als der fernste, erreicht uns zuletzt, mit anderen Worten: das Lied kehrt sich vollständig um, wie in einem verkehrt abgedrehten Phonographen. Hatte die Melodie eine Tonfolge von unten nach oben, in der Richtung von Baß zu Sopran, so gewinnt sie jetzt das Gefälle von Sopran zu Baß. Dieselbe Erscheinung würde natürlich in anderem Zeitmaß auch bei völligem Stillstand des Zugs eintreten. Der Trompeter könnte sich längst entfernt haben, aber sein ganzes Konzert würde uns, ins Gegenteil verkehrt, durch die Luft nachgeliefert.

186. Der Sprung nach dem Mond
    Das nämliche Prinzip wie beim Blitzzugtrompeter waltet in folgendem Experiment, das auf jeden Apparat verzichtet, aber eine Person von außerordentlicher Muskelstärke voraussetzt; nämlich einen Kraftspringer, der im Stande sein soll, mit einem einzigen Satz von der Erde bis zu deren Trabanten zu springen. Diesen Mann nehmen wir als gegeben und betrachten nur das Wunder, das ihm selbst, subjektiv für seine Sinneswahrnehmung, widerfahren wird.
    Wir nehmen an, daß er den Sprung im Bruchteil einer Sekunde bewältigt, und daß er dann, auf dem Mond gelandet, sofort nach dem Himmel blickt, wo ihm die Erde als ein mächtiges Gestirn entgegenleuchtet. Alsdann sieht er, falls er durchdringende Augen besitzt – sich selbst!
    Er erblickt sich selbst auf seinem eigenen Sprung, und um das Mirakel noch zu erhöhen, erscheint ihm dieser Sprung umgekehrt: der Vorgang stellt sich seinen Augen dar, als ob er vom Mond nach der Erde gesprungen wäre.
    Die Erklärung ist genau die nämliche wie bei dem vorerwähnten »Trompeter auf dem Blitzzug«. Was dort das Schalltempo war, ist hier die Lichtgeschwindigkeit. Der Springer hat das Licht überholt, also auch alle Strahlen, die von seiner Körperlichkeit ausgingen, um seine Erscheinung im Raum zu bewirken. Blickt er zurück, so treffen ihn von diesen Strahlen die letzten Strahlen zuerst, die ersten zuletzt, das heißt: sein Sprungphänomen kehrt sich um, wird von ihm erst nachträglich und in entgegengesetztem Sinn beobachtet.
    254 Um aber auch in reiner Theorie den Denkbarkeiten gerecht zu werden, muß noch eine Ergänzung platzgreifen. Die Phantasie mag sich einen solchen Sprung ausmalen, die Physik erklärt ihn indes selbst unter Voraussetzung unendlicher Muskelkraft für unmöglich. Und zwar auf Grund der neuen Relativitätstheorie, die die Lichtgeschwindigkeit als die Grenze aller in der Natur überhaupt möglichen Geschwindigkeiten erkannt hat. Das Zustandekommen jenes Experiments ist also von Voraussetzungen abhängig, die der Phantasie nicht nur die Vorherrschaft über die Wirklichkeit, sondern auch über die naturgesetzliche Möglichkeit einräumt.

187. Der Herr Lumen
    Quellen: »Archiv für systematische Philosophie«, herausgegeben von Ludwig Stein , 17. Band Heft 3. Verlag von Leonhard Simion Nf., Berlin, 1911. – Henri Poincaré , Vortrag: »Die neue Mechanik«.
    Sein Vater ist der Astronom Camille Flammarion , seine Mutter die Einbildungskraft. Bereits bei Jahren, studierte er bei dem Mathematiker Henri Poincaré . Seine Studienfrüchte und Erlebnisse hat er in verschiedenen gelehrten Schriften niedergelegt, so im Archiv für

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