Das Buch Der 1000 Wunder
aus unbekannten Ursachen verloren zu haben.
Pater Kircher und Monge beschrieben ein Echo vom Schloß von Simonetta bei Mailand. An das Hauptgebäude lehnen sich zwei parallele Seitenflügel, zwischen denen ein Pistolenschuß 56mal knallt.
Außer den genannten hat W. Dove Nachrichten über sehr interessante Echos veröffentlicht, so über das 15fache vom Lago del Lupo, über das 22fache an der Menaibrücke. Eine in den Schriften der Pariser Akademie enthaltene Abhandlung vom Jahre 1692 berichtet über ein fabelhaftes Echo von Genetay bei Rouen in der Normandie: in dem halbkreisförmigen Hof eines Bauwerks singend, hört der Sänger nur seine eigene Stimme, ein Anderer in einer gewissen Entfernung wiederum nur deren Echo, aber mit großen Verschiedenheiten, indem es je nach 248 dem Standort bald nahe, bald fern, bald deutlich, bald verschwommen, bald wie eine Stimme, bald wie ein Chor von mehreren Stimmen erklingt.
W. Zimmermann ergänzt das Register durch Hinzufügung der »Flüstergalerien«, mit Berufung auf die Paulskirche in London und die Peterskirche in Rom. An eine dieser Galerien, in der Kathedrale zu Girgenti in Sizilien, knüpft sich eine Tragödie. Ein Nobile besucht diesen Bau, um einem Freund die architektonischen Schönheiten zu erklären und bleibt plötzlich, infolge einer akustischen Wahrnehmung, wie versteinert stehen. Er befand sich gerade in dem einen Brennpunkt des Kreuzgewölbes, in dessen anderem Brennpunkt ebenso zufällig ein Beichtstuhl stand. Durch den Schallreflex hörte der Nobile aus der Entfernung Wort für Wort die Beichte seiner eigenen Gattin, die dem Priester eine begangene Untreue anvertraute. Diese seltsamen Reflexe führten zu Wirkungen handgreiflicherer Art, nämlich zu zwei Dolchstößen, an denen die Gattin und ihr Galan verendeten.
Nach der griechischen Mythologie war Echo eine Nymphe, die sich aus Liebesgram verzehrte, sodaß von ihr nur die Stimme, und auch diese nur in Silbenspuren übrig blieb. Ihr Leiden scheint sich später gebessert zu haben, denn jene Beispiele beweisen, daß es die Nymphe Echo mit ihrer angeblichen Einsilbigkeit bis zu enormer Geschwätzigkeit gebracht hat.
184. Künstliche Lebewesen
Quelle: Dr. A. Gradenwitz , Aufsatz: »Künstliche Pflanzen« in dem Werk »Die Wunder der Natur«. Deutsches Verlagshaus Bong & Co., Berlin, Leipzig, Wien, Stuttgart, 1912. Z.
Die künstliche Erzeugung des Lebens ist heute ein Problem, das der mittelalterlichen Goldmacherei nicht unähnlich sieht. Auch in unseren Tagen schließt sich mancher zu diesem Zweck in die schwarze Küche ein und versucht, nach unendlichen Rezepten die richtige Zusammenstellung zu finden. Wie damals die gelungene Umwandlung unedlen Metalls in Gold ist auch heute ein Erfolg bei der Bemühung um die künstliche Zeugung oft behauptet und ausführlich beschrieben worden. Der objektiven Nachprüfung hat aber bisher keine dieser Behauptungen standhalten können. Bis zum heutigen Tag ist es tatsächlich niemandem gelungen, Lebewesen aus unbelebter Substanz im Laboratorium hervorzurufen.
Das außerordentliche Interesse, das diese Aufgabe vor allen andern verdient, läßt jedoch die Bemühungen der Forscher nicht zur Ruhe kommen. Auf den mannigfachsten Wegen bemüht man sich, das große Ziel zu erreichen. Besondere Aufmerksamkeit verdienen in diesem Zusammenhang die Annäherungsversuche von Leduc , die höchst erstaunliche Resultate ergeben haben. Diesem 249 Forscher ist es gelungen, einen Wundergarten anzupflanzen, gegen den alle Märchenpracht verblaßt. Durch bloße chemische Mischungen hat Leduc Erscheinungen hervorgerufen, die den Äußerungen des echten Lebens verblüffend ähnlich, ja mit ihnen geradezu identisch sind. Er hat den Nachweis erbracht, daß die niedern Lebenserscheinungen bei Pflanzen und Tieren ausschließlich durch physikalische Gesetze bedingt sind.
„In seinem jüngsten Werk, von dem Dr. Alfred Gradenwitz unter dem Titel »Das Leben in seinem physikalisch-chemischen Zusammenhang« eine deutsche Ausgabe veranstaltet hat, weist Leduc nach, wie durch das bloße Zusammentreffen verschiedener Lösungen – auch anorganischer Natur – Gebilde entstehen die den uns bekannten Organismen überraschend ähneln, vor den Augen des Beobachters in derselben Weise wachsen wie wirkliche Organismen, sich ebenso wie diese durch Nahrungsaufnahme erhalten, allerhand Bewegungen ausführen und schließlich ebenso wie Lebewesen vergehen – kurzum, die sich so verhalten, daß der unbefangene
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