Das Buch Der 1000 Wunder
einer Himmelsgegend vorauszusagen, die mehr als 600 Millionen Meilen von uns entfernt ist.
Im Jahre 1781 hatte Herschel auf seiner Sternwarte zu Bath bei London den Uranus gefunden. Sogleich nachdem die planetarische Natur dieses Sterns feststand, machte man sich daran, seine Bahn zu berechnen. Aber keine dieser Rechnungen wollte stimmen. Uranus lief anders, als man nach den bewährten Himmelsgesetzen erwarten mußte. Es tauchte darum bald die Vermutung auf, daß sein Weg durch einen bisher unbekannten Stern beeinflußt würde, und die Akademie der Wissenschaften in Göttingen setzte im Jahre 1842 347 einen Preis für die genaue Berechnung der Uranusbahn und eine Erklärung ihrer Abweichungen aus.
Auf die Anregung des großen Physikers Arago beschäftigte sich auch der junge französische Mathematiker Urbain Leverrier mit der Aufgabe. Bald hatte er die Überzeugung gewonnen, daß nur ein Planet die Ursache der Störungen sein könne, und daß dieser Planet jenseits des Uranus, also außerhalb des Kreises des bis dahin bekannten Planetensystems seinen Weg ziehen müsse. Durch äußerst scharfsinnige Überlegungen stellte er den genauen Ort des unentdeckten Sterns für ein bestimmtes Datum fest. Am 18. September 1846 schrieb Leverrier an Galle , der damals Beobachter an der Berliner Sternwarte auf dem Enkeplatz war und besonders genaue Sternkarten besaß, einen Brief mit dem Ersuchen, an einer bestimmten, von ihm bezeichneten Stelle des Himmels nach dem berechneten Planeten zu suchen.
Galle erhielt das Schreiben Leverriers am 23. September, und noch am Abend desselben Tags fand er nahe der von Leverrier bezeichneten Stelle ein Sternchen, das auf der Karte fehlte. Am anderen Abend stellte sich eine Ortsveränderung unzweifelhaft heraus, und damit war die planetarische Natur des beobachteten Sterns erwiesen. »Mit der Spitze seiner Feder«, wie Arago sagte, hatte Leverrier den neuen Weltenkörper am Himmel gefunden, und er hat damit einen unübertrefflichen Beweis für die Brauchbarkeit des wissenschaftlichen Rüstzeugs der Astronomie erbracht.
Das Neptunsjahr währt 164 Erdenjahre und 280 Tage; solange Zeit also braucht der Planet, um einmal seine Bahn um die Sonne zu durchlaufen. Er hat demnach seit seiner Entdeckung noch nicht die Hälfte seines Wegs am Himmel zurückgelegt. Eine vollständige Bahnbeobachtung liegt also noch nicht vor, und es ist darum nicht ausgeschlossen, daß die jetzige oder die nächste Generation hierbei noch Überraschungen erlebt. Vielleicht wird man eines Tages beobachten, daß auch die Neptunsbahn von der errechneten Linie abweicht, und damit das Vorhandensein eines weiteren, noch unbekannten Planeten anzeigt. Vielleicht wird dann ein neuer Leverrier mit noch schärfer gespitzter Feder die Grenzen unseres Sonnensystems von neuem um Millionen Meilen weiter hinaussetzen.
249. Jagd auf Planeten
Von den Planetoiden, die sich zwischen Mars und Jupiter tummeln, hat man bis jetzt mehr als 650 entdeckt. Das Suchen nach diesen kleinen Gebilden, 348 das namentlich durch die Einführung der photographischen Himmelsbeobachtung sehr erleichtert wurde, hat sich zu einer Art astronomischem Sport ausgebildet, sodaß man scherzhaft von Planetenjägern spricht.
Als der erfolgreichste Nimrod in diesen himmlischen Jagdgründen hat jetzt Charlois in Nizza zu gelten, der nicht weniger als 84 Planetoiden entdeckte. Bis dahin war der Heidelberger Himmelsforscher Max Wolf am glücklichsten in der Planetenjagd gewesen, da er 83 Sterne aufgefunden hat. Die Brüder Henry haben auf der Pariser Sternwarte vom 11. September 1872 bis zum 12. August 1882, also in weniger als 10 Jahren, 14 Planeten entdeckt.
250. Wärmestrahlung der Fixsterne
Quelle: Felix Linke: »Kann die Erde untergehen?« Verlag von J. H. W. Dietz Nachf., Stuttgart, 1911.
Blicken wir zum Himmel empor, so sehen wir viel tausend Sonnen dort oben leuchten. Mit Ausnahme der verschwindend wenigen Planeten unseres eigenen Systems ist jeder der goldenen, in die Himmelskuppel geschlagenen Nägel eine Sonne, die einer anderen Welt angehört. Jede von ihnen wärmt wohl die ihr zugehörigen Planeten. Erhält aber auch die Erde Wärme von jenen Fixsternsonnen?
Das ist tatsächlich der Fall. Freilich darf man sich diese Heizung nicht allzu kräftig vorstellen. Ein Streichholz, daß man in der Mitte der Peterskirche anzündet, erwärmt die äußersten Ecken dieses Riesengebäudes immer noch mehr, als von allen Fixsternen zusammen die Erde geheizt
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