Das Buch Der 1000 Wunder
tauchen neben ihr hell am Himmel auf, während der Fuß des Bergs und alle Täler noch in schwarzen Schatten ruhen. Ja dieser Schatten ist, da keine Lufthülle diffuses Licht verbreitet und keine Spur von Dämmerung vorhanden ist, so tiefschwarz, daß die Gelände, auf denen er ruht, unsichtbar, nicht vorhanden erscheinen. Dort, wo Licht und Schatten aneinander grenzen, würde man beim Übergang zum Schatten in einen Abgrund zu treten vermeinen.
Sehr, sehr langsam steigt die strahlende Sonne am Horizont herauf. Sie ist nicht matt und rot, sondern sogleich weißer und blendender denn je auf Erden. Allmählich sieht man die Schatten der Wälle und ihrer Gipfel sich vom Boden abheben und langsam sich verkürzen. Zugleich enthüllt die Sonne immer mehr von der steinernen Pracht und den funkelnden Edelkristallen. Sie erwärmt schon den Boden, der, durch keinen Atmosphärenmantel geschützt, sich in der Nacht bis unter 100 Grad, ja bis unter 200 Grad Kälte abgekühlt hatte.
Wir sehen vom Mond aus die Sonne durchschnittlich unter demselben Durchmesser wie auf Erden, aber noch heller hebt sie sich vom sammetschwarzen Firmament ab, und neben ihr sieht man auch bei Tage die ganze Schar der Sterne, wenn man sich nur so stellt, daß die Sonne nicht blendet. Denn die Bläue des Himmels fehlt. Sie rührt ja auf der Erde nur von der Luft und den in ihr schwimmenden Staubteilchen her. Stets bleibt der Himmel und mit ihm die Sonne unbewölkt, und ihre sengenden Pfeile steigern die Bodentemperatur besonders in den Äquatorlandschaften des Monds allmählich um mehrere hundert Grad. Senkt sich endlich nach zwei Wochen die nie bewölkte Sonne zum Untergang, so treten wieder völlig schwarze Schatten neben hellbeleuchtetem Gelände auf. Zuletzt werden nur noch die höchsten Berggipfel beleuchtet, sie 351 erscheinen wie Lichtinseln am Firmament, und dann versinkt alles für zwei Wochen in kalte Nacht.”
Wenn wir bei unserm Spaziergang auf dem Mond Glück haben, erleben wir in unserer Nähe auch den Einschlag eines größeren Meteors. Das Phänomen sieht hier ganz anders aus als auf unserm Stern. Denn die aus dem Weltenraum in den Anziehungsbereich der Erde gelangenden Gebilde werden von dem Luftmantel wie von einem elastischen Medium aufgefangen. Beim Fall durch die Atmosphäre wird ihre planetarische Geschwindigkeit stark gehemmt, und sie verdampfen und verbrennen meist schon, ohne den Boden zu erreichen.
„Auf dem Mond müssen dagegen alle diese aus dem Weltenraum stammenden Körper ungehemmt mit ihrer ursprünglichen Geschwindigkeit aufstoßen. Sie langen dort dunkel und kalt an und müssen tiefe Löcher in die Oberfläche schlagen und in sie eindringen, indem sich der plötzlich gehemmte Stoß in hohe, aber auf die unmittelbare Umgebung begrenzte Wärme umsetzt. Manche Schriftsteller haben in ihnen die Ursache der Kraterbildung auf dem Mond erblickt.”
252. Die Erde vom Mond gesehen
Quellen: Professor Dr. Julius Franz: »Der Mond«, 90. Bändchen der Sammlung »Aus Natur und Geisteswelt«. Verlag B. G. Teubner, Leipzig, 1906. Z. – Bruno H. Bürgel: »Aus fernen Welten«. Verlag Ullstein & Co., Berlin, Wien, 1910. Z.
Bei unserm Spaziergang auf dem Mond (siehe den vorigen Abschnitt) haben wir nicht vergessen, uns nach der Erde umzusehen.
So lange wir uns auf derjenigen Mondseite aufhielten, die unserm Planeten stets abgewendet ist, sahen wir natürlich nichts von der Erde. Dort ist sie ewig unbekannt. Aber nun befinden wir uns an dem zur Beobachtung geeignetsten Ort, im Mittelpunkt der der Erde zugewendeten Mondscheibe.
Senkrecht uns zu Häupten steht jetzt die Erde als eine mächtige Kugel am tiefdunklen Himmel, umgeben von einer strahlenden Fülle der anderen, so sehr viel kleineren Sterne. Da der Durchmesser der Erde 13½mal größer ist als der des Monds, so erscheint sie von dort her auch weit umfangreicher als wir von unserer Heimat aus den Mond sehen. Und entsprechend stärker ist ihr Schein in den Mondnächten. Das von ihr zurückgeworfene Sonnenlicht strahlt dann so kräftig, daß man den Erdenschein auf dem Mond sogar von der Erde aus sehen kann. Wir nehmen ihn deutlich wahr, wenn der Mond als schmale Sichel am Himmel der Erde steht; denn dann sehen wir auch den übrigen Teil der Mondscheibe in einem grauen Schein, dem »aschfarbenen Licht« leuchten. Lionardo da Vinci hat es zuerst richtig als Erdenschein gedeutet. Er ist heller, 352 wenn die großen Wüstenflächen Asiens und Afrikas dem Mond zugewendet
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