Das Buch der Gleichnisse
Gleichnissen, nicht wie in der Bibel, wo man nur mitgeschwemmt wurde und zustimmend nicken sollte, obwohl das mit dem verlorenen Sohn schon eine knifflige Sache war, besonders, wenn man voll war.
Das Gleichnis von der Reise des Kreuzfuchses war etwas kräftiger .
Schon als Vierjähriger hatte er den Großvater bestürmt, diese auf dem Zeitungsbild dokumentierte Legende von der Reise des Kreuzfuchses von Hjoggböle nach Stockholm noch einmal zu erzählen. Und das Enkelkind hatte sich im Geiste daran ergötzt, dass der Großvater P.W. auf diese Art und Weise nationale Berühmtheit erlangt hatte. Und besonders ergötzt angesichts aller Zeugen, dass dieser Kreuzfuchs sich anschließend dafür entschieden hatte, nach Hause zurückzukehren!
Erpähl pom Puchs! Hatte er den Großvater angebettelt, der dann, mit dem Enkelkind auf dem Schoß, Jahr für Jahr gehorsam die Erzählung von der Stockholmreise wiedergekäut hatte, bis er gegen Ende der vierziger Jahre vom Schlag niedergestreckt und die Legende zum Gestammel wurde.
Das Enkelkind versteifte sich besonders auf die Heimkehr des Kreuzfuchses . Der Erfolgreiche war demütig und kehrte ins Dorf zurück! P.W. hatte im Sinn des Kindes besonders der Tatsache Nachdruck verliehen, dass der erfolgreiche Fuchs zurückgekehrt war! Dies mit den Stockholmern! Und der Königin! War nichts gegen die Heimkehr zu den Seinen. Nachdem er pom Puchs erpählt hatte, pflegte der Großvater mit dem Kind hinauszugehen ins Freie und hinter dem Lokus gemeinsam das Kunstwerk zu betrachten, das nicht abgeschossen und in Pelz verwandelt worden war, sondern quicklebendig wie das beinahe biblische »Gleichnis vom Kreuzfuchs« dort umherging.
Zuweilen hatte der Großvater dann ein Kirchenlied angestimmt, besonders das reichlich düstere, aber leicht singbare »O Haupt voll Blut und Wunden«, von dem sie wussten, dass es den Fuchs anlocken würde, und in der Tat! Der Fuchs hatte zunächst still in der Einzäunung hinter dem Lokus gesessen und sie betrachtet, dann hatte der Großvater unisono »O Haupt« angestimmt, mit der mächtig klagenden Stimme, die die richtige war für »O Haupt«, dann war der Kreuzfuchs herausgekommen und hatte dem Jong und seinem Großvater forschend geradewegs in die Augen geblickt. Und da, auf einmal, hatte er verstanden, was der Kreuzfuchs von ihm wollte.
Er, der die große Reise gemacht hatte, P.W.s Kreuzfuchs, hatte eine Botschaft. De Elof war mir nichts, dir nichts gestorben und also nicht mehr der erkorene Poet und Verkünder. Jetzt war de Perola anne Reihe.
Er war der Auserkorene. Ein bisschen wie Jesus, eigentlich. Und es war groß. Und da war de Perola verdammt.
War es übrigens nicht erschreckend, wie er in den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts so schnell den Alten in der Familie zu gleichen begann, lange nachdem diese heimgerufen worden waren zum Erlöser?
Was für Gene steuerten ihn? Oder saß da jemand, hinter den Galaxien, wo nur Flash Gordon hingelangte, und steuerte ihn und sie, als wäre das Leben ein Hundegespann? War er überhaupt frei?
Er konnte, als Gealterter, lange vor dem Spiegel stehen und sehen, wie seine Unterlippe mehr und mehr der zitternden Unterlippe ähnelte, die seine geliebte Tante Elsa aufwies, bevor sie gestorben war. Sie war zweiundneunzig Jahre alt geworden. Die zitternde Unterlippe war ihre, aber jetzt seine.
Wie war das zugegangen?
Er schien aus Körperteilen zusammengenäht, die es in der Familie gab. Es war wie Frankensteins Monster, und man sah nicht, wo die Nahtstellen waren.
Wo hatte er das her? Dass er der Kreuzfuchs war! Und die Botschaft hinaustragen sollte!
Kein Wunder, dass die Unterlippe zitterte.
*
Im Arbeitsbuch mehren sich Aufzeichnungen über die Schuld am Geschriebenen, aber hauptsächlich am Ungeschriebenen, das nicht aufgezeichnet werden konnte . Hierhin gehörte ja das Gleichnis von der Noterlösung Siklunds durch den Tod und die Auferstehung der Katze.
Dass er schrieb, oder verkündete , wie der Kreuzfuchs es ausgedrückt hatte, also zunächst viele Jahre ganz weltlich, aber dann mit einer versteckten Hinwendung zum Geistlichen, auch wenn er sich höhnisch gab, um sich nicht schämen zu müssen; dass er niederschrieb, bedeutete nicht nur, Botschaften zu vermitteln, als wäre er ein auserkorener Kreuzfuchs, der ohne eigenes Verschulden von Jesu Ruf ereilt wird, Kunstwerke unter den Heiden zu verbreiten.
Es bedeutete auch eine Verantwortung. Für das Ausgelassene.
Am schlimmsten war es an einem
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