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Das Buch der Lebenskunst

Das Buch der Lebenskunst

Titel: Das Buch der Lebenskunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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persönliche Berufung, sein Charisma, sein Wort, das nur er dieser Welt zu sagen hat.

    ANDERE AUFRICHTEN
    Ein wunderbares Bild dafür, wie wir miteinander umgehen sollten, ist für mich die Heilung der gekrümmten Frau, von der Lukas im 13. Kapitel erzählt: Wenn wir resigniert sind, gekrümmt unter der Last des Lebens, unterdrückt von andern, erdrückt von den eigenen Problemen, zerbrochen, gebrochen - dann ist es gut, dieses Bild anzuschauen. Der Rücken ist für uns alle ein sensibler Körperbereich. Für viele ist er der Müllplatz für ihre unbearbeiteten Gefühle. Rückenschmerzen sind oft Ausdruck für nicht zugelassene Emotionen. Einer sagte mir einmal, bei ihm hätten sich alle ungeweinten Tränen in den Rücken hinein verkrochen. Der Rücken hat aber auch mit Rückgrat zu tun. In dieser Geschichte aus der Bibel wird von zwei Menschen erzählt, die kein Rückgrat haben. Das ist einmal die Frau, der man das Rückgrat buchstäblich gebrochen hat. Und dann ist da der Synagogenvorsteher, der sich einen Ersatz für sein mangelndes Rückgrat geschaffen hat.
    Psychologen sagen: Wenn jemand keinen väterlichen Menschen erlebt hat, der ihm das Rückgrat gestärkt und ihm Mut zum Wagnis geschenkt hat, braucht er einen Vaterersatz. Und das ist nicht selten die Ideologie, die starre Norm. Der Synagogenvorsteher verschanzt sich in der Tat hinter seiner rigiden Ideologie. Er scheint nach außen hin stark, aber in Wirklichkeit hat er kein Rückgrat. Ihn kann Jesus nicht heilen. Anders die Frau mit dem gekrümmten Rücken. Sie schaut er an, er gibt ihr Ansehen, indem er sie auffordert, zu ihm zu kommen, indem er sie hervorlockt aus ihrer Selbstisolierung. Und er spricht sie an, genauer: Er spricht das Gute in ihr an: „Frau, du hast eine unantastbare Würde. Du bist wertvoll. Du hast Kraft. Du bist gut.“ Er bestätigt seine Worte mit seinen Händen, indem er die Frau liebevoll berührt. Im gleichen Augenblick richtet sie sich auf. Das ist für mich ein wunderbares Bild für eine ganz aktuelle Weisheit: Jeder von uns kann immer wieder Menschen aufrichten. Wir spüren selber Befreiung, wenn andere Menschen durch unsere Zuwendung sich aufrichten, wenn sie ihre unantastbare Würde erfahren, die Gott ihnen schenkt, wenn sie auf einmal erleben, dass sie mehr sind als Pflichterfüller und Leistungsträger. Wenn Menschen sich geachtet fühlen, dann erfüllt sich genau diese Geschichte. Dann passiert
    „Leben in Fülle“.

    RATGEBER WERDEN
    Wir spüren in uns einen Drang, unsere Wunden zu verstecken.
    Vielleicht wehrst auch du dich dagegen, sie anderen zu zeigen. Du denkst, das würde dich schwächen. Die Leute würden über dich schlecht reden, sie würden dich verachten und dich aus ihrer Gemeinschaft ausschließen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Wenn du den Mut findest, deine Wunden zu zeigen, dann wirst du erfahren, wie Menschen zu dir kommen und dir von ihren Verletzungen und ihren Wunden erzählen. Du wirst zu einem Ratgeber für andere. Deine Wunde wird zu einer kostbaren Perle werden, für dich selbst und für andere.
    Du musst deine Wunde freilich nicht jedem zeigen und brauchst auch ein Gewand, mit dem du deine Wunde bedecken kannst vor neugierigen Gaffern.
    Spüre, wo es angebracht ist, die Wunden zu zeigen, und wo es besser ist, sie zu bedecken.

    LUST AM LEBEN WECKEN
    Wer Verantwortung für andere hat, kann sie auf verschiedene Weise wahrnehmen. Er kann andere klein machen, damit er an seine eigene Größe glauben kann. Er kann abhängige Menschen um sich sammeln, deren einzige Aufgabe ist, den Chef zu bewundern. Doch wenn ich andere klein mache, kann ich auch nur eine kleine Leistung erwarten. Und von Bewunderungszwergen wird nichts Kreatives ausgehen. Für mich heißt Verantwortung und Führung: Leben wecken, Leben hervorlocken. Das verlangt, dass ich mich in den Einzelnen hineinmeditiere, dass ich mir bewusst mache, was ihn bewegt, worunter er leidet, wonach er sich sehnt, was in ihm an Potential steckt. Es verlangt ein gutes Sichhineinspüren in den andern, um den Schlüssel zu entdecken, durch den ich Zugang finde zum inneren Reichtum, der in jedem steckt, zu seinen Fähigkeiten, zu seiner Phantasie und Kreativität. Wer Leben weckt in den andern, dessen Arbeit ist in sich sinnvoll. Er dient mit seiner Arbeit dem Leben, der Gesundheit, der Freude, der Lust am Leben. Und er tut in seiner Arbeit nichts anderes, als das Gebot Jesu zu erfüllen: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!“

    VERGEBEN
    „Der

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