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Das Buch der Lebenskunst

Das Buch der Lebenskunst

Titel: Das Buch der Lebenskunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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Hinschauen gibt es eben auch das echte Helfen. Und das Helfen muss gar nicht ganz rein sein, als ob wir nur aus ganz edlen Gründen helfen. Wer andern hilft, der bekommt auch etwas zurück. Das Buch der Sprüche formuliert es sehr realistisch: Der Helfer wird vom Helfen satt.
    Eine Mönchsgeschichte bringt das Bild vom ungereinigten Getreide, das wir säen. Wir haben kein reines Getreide. Doch anstatt zu warten, bis unsere Motivation ganz und gar rein ist, sollen wir lieber das ungereinigte Getreide aussäen, damit wir und andere davon satt werden. Wer all sein Tun völlig hinterfragt, wird nie zum Handeln kommen, das ihm und andern Segen bringt. Ich darf beim Helfen dankbar wahrnehmen, dass es auch mir gut tut, dass ich etwas zurückbekomme, wenn ich einem andern beistehe.

    RUHIGES WASSER
    Das Sich-selbst-Aushalten ist die Voraussetzung für jeden geistlichen Fortschritt, aber auch für menschliche Reife. Es gibt keinen reifen Menschen, der nicht den Mut hatte, sich selbst auszuhalten und seiner eigenen Wahrheit zu begegnen. Eine Vätererzählung vergleicht das Bleiben in der Zelle mit dem ruhigen Wasser, in dem man sein Gesicht klarer erkennen kann: „Drei Studierende, die sich liebten, wurden Mönche, und jeder von ihnen nahm sich ein gutes Werk vor. Der erste erzählte dies: Er wollte Streitende zum Frieden zurückfuhren, nach dem Wort der Schrift: Selig sind die Friedfertigen. Der zweite wollte Kranke besuchen. Der dritte ging in die Wüste, um dort in Ruhe zu leben. Der erste, der sich um die Streitenden müht, konnte doch nicht alle heilen.
    Und von Verzagtheit übermannt, ging er zum zweiten, der den Kranken diente, und fand auch den in gedrückter Stimmung. Denn auch er konnte sein Vorhaben nicht ganz ausführen. Sie kamen daher beide überein, den dritten aufzusuchen, der in die Wüste gegangen war, und sie erzählten ihm ihre Nöte und baten ihn, er möge ihnen aufrichtig sagen, was er gewonnen habe. Er schwieg eine Weile, dann goss er Wasser in ein Gefäß und sagte ihnen, sie sollten hineinschauen. Das Wasser war aber noch ganz unruhig. Nach einiger Zeit ließ er sie wieder hineinschauen und sprach: ,Betrachtet nun, wie ruhig das Wasser jetzt geworden ist.' Und sie schauten hinein und erblickten ihr Angesicht wie in einem Spiegel. Drauf sagte er weiter: ,So geht es dem, der unter den Menschen weilt: Wegen der Unruhe und Verwirrung kann er seine Sünden nicht sehen. Wer sich aber ruhig hält und besonders in der Einsamkeit, der wird bald seine Fehler einsehen'„.
    Hier wird nicht die Nächstenliebe verurteilt. Es wird vielmehr die Gefahr deutlich, die im Helfenwollen stecken kann. Da meinen wir, wir könnten der ganzen Welt helfen. Dahinter steckt jedoch oft ein Omni-potenzgefühl. Bei allem, was wir tun, braucht es immer wieder auch das Aushalten, das Bleiben in der Zelle und das Schweigen. Dadurch wird das Wasser in unserem Gefäß ruhig, und wir können unsere Wahrheit in ihm erkennen.

    SORGT FÜR EUCH SELBER
    Es gibt Menschen, die sich zu sehr für andere aufopfern und sich selbst dabei vergessen. Ihnen sage ich immer wieder: Sorgt auch für euer eigenes Wohl. Aber dem, der vor lauter Sich-selbst-Wohltun nur noch um sich kreist, kann ich nur einen anderen Rat geben: Gehe auf andere Menschen zu. Lass dich auf sie ein. Versuche zu helfen, wo du helfen kannst. Schenke deine Zuwendung.
    Gut zu leben heißt immer auch: in Beziehung leben. Wer nur um sich selber kreist, der tut sich selbst nichts wirklich Gutes. Nur wer andere liebt, bekommt die Liebe zurück. Jeder, der einem anderen schon einmal wirklich helfen konnte, konnte es erfahren: Das Glück dessen, dem man geholfen hat, strahlt auf den Helfer zurück.

    TEILEN
    „Der Geschmack des geteilten Brotes hat nicht seinesgleichen“, sagt Antoine de Saint-Exupery.
    Viele haben diese Erfahrung gemacht, dass Brot besser schmeckt, wenn man es mit einem andern teilt. Wir sind auf der Wanderung. Ein Wanderer hat kein Brot mitgenommen. Er hat sich verschätzt. Wir geben ihm von unseren Broten. Es schmeckt ihm und uns besser.
    Offensichtlich ist es nicht nur das Brot, das den Geschmack hergibt. Es ist auch die Liebe, die wir in das Brot hineinlegen, die das Brot so schmackhaft macht. Und es ist die Gemeinschaft, die entsteht, wenn wir miteinander das Brot teilen. In jeder Eucharistiefeier bricht der Priester das Brot und teilt es aus. Er tut das, was Jesus beim letzten Abendmahl getan hat: „Während des Mahls nahm er das Brot und sprach den Lobpreis;

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