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Das Buch der Lebenskunst

Das Buch der Lebenskunst

Titel: Das Buch der Lebenskunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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selber zu lieben. Wir brauchen nur in der Zeitung zu lesen, um zu entdecken, wie viele solcher Sehnsüchte unbefriedigt bleiben oder in Einsamkeit und Verzweiflung enden. Aber dennoch steckt in jeder kleinen Liebe, auch in der ganz und gar sexuellen Liebe eine Sehnsucht nach absoluter Liebe, die Sehnsucht nach Gott. Augustinus hat gesagt: „Unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in dir, mein Gott.“ Der Mensch ist erfüllt von einem unstillbaren Hunger nach absoluter Heimat, nach Geborgenheit, nach dem verlorenen Paradies, auch wenn nach außen hin das menschliche Verlangen auf andere Ziele geht. Selbst bei Menschen, die sich von Gott abgewandt haben, pocht eine Sehnsucht nach mehr, nach dem ganz anderen, nach dem, der allein genügt. Wenn wir unsere Wünsche und Sehnsüchte zu Ende denken, werden wir letztlic h immer auf diese Sehnsucht stoßen. Augustinus kann von sich selbst sagen: „Ich glaube nicht, dass ich etwas finden kann, wonach ich mich so sehne wie nach Gott.“ Er hat zeit seines Lebens gesucht. Er hat sein Glück zuerst in der Beziehung zu einer Frau gesucht, dann in der Philosophie, in der Wissenschaft, im Erfolg, in der Freundschaft. Und er musste sich eingestehen, dass der letzte Motor seines Suchens Gott war. Erst als er Gott gefunden hatte, kam sein Herz zur Ruhe.

    MUSIK WECKT LEBEN
    Beim Hören wunderbarer Musik können wir das Geheimnis spüren, nach dem sich unsere Seele sehnt. Unserer Seele verleiht diese Musik Flügel, um sich dorthin begeben zu können, wo sie wahrhaft zu Hause ist. Musik vermag auch ein Herz, das sich in der Depression oft wie tot fühlt, eingesperrt in die Aussichtslosigkeit und Traurigkeit der dunklen Stimmung, wieder zum Leben zu wecken. Musik bringt das erstarrte Herz zum Klin gen und Tönen. Du bist eingeladen, alle deine Gefühle zuzulassen, auch die Gefühle von Traurigkeit und Melancholie. Auch deine depressiven Stimmungen dürfen sein. Du brauchst sie nicht zu bekämpfen. Es nützt dir nichts, dir vorzusagen, dass du eigentlich immer fröhlich sein müsstest. Du bist eben nicht immer fröhlich. Du bist auch manchmal traurig. Und vielleicht bedrückt dich oft auch Depression. Es gibt zwei Wege, mit deiner Trauer und Depression umzugehen. Der erste Weg ist, die Depression auszudrücken. Musik macht die Melancholie hörbar. Und gerade eine traurige Musik vermag das Herz anzurühren.
    Indem ich mein trauriges Herz spüre, wandelt sich die Trauer. Auch Trauer und Melancholie sind eine Form von Lebendigkeit. Ich fühle mich in meiner Trauer. Der zweite Weg besteht darin, in unsere depressiven Stimmungen die froh machende Musik eindringen zu lassen.
    Wenn ich gerade meine dunklen Gefühle für die Musik öffne, kann ich mitten in der Traurigkeit die Freude wahrnehmen, die auf dem Grund meines Herzens schon in mir ist. Die Musik weckt sie zum Leben.

    DIE SEHNSUCHT - EIN ANKER
    Die Sehnsucht ist das Wertvollste, das der Mensch in sich trägt. Sie ist der Anker, den Gott in unser Herz geworfen hat, um uns daran zu erinnern, dass unser Herz im Vorläufigen nic ht zur Ruhe kommt. In der Sehnsucht ist in uns schon etwas, das diese Welt übersteigt, über das daher die Welt keine Macht hat. Die Sehnsucht macht den Menschen heilig. Für den Menschen, der mit seiner Sehnsucht in Berührung ist, relativieren sich seine Probleme, seine Krankheiten, seine Verletzungen.
    Ja er spürt, dass all das, worunter er leidet, seine Sehnsucht noch mehr anstachelt. In seiner Sehnsucht berührt er Gott. Die Sehnsucht ist die Spur, die er selbst in unser Herz gelegt hat. Wenn wir unsere Sehnsucht spüren, dann spüren und erfahren wir seine Liebe mitten in der Kälte und Dunkelheit dieser Welt.

    EWIGER BESTAND
    Der Mensch ist nach Augustinus in der Zeit und er sehnt sich nach der Ewigkeit. So schreibt er in den Confessiones: „Du bist mir Trost, Herr, du mein Vater, ewig bist du! Ich aber stecke in der Zeit und weiß nicht, wie sie laufen wird, und wirren Wechsels zersplittert sich mein Denken und all das tiefste Leben meiner Seele, bis ich in dich zerfließe, gereinigt und geläutert in den Gluten deiner Liebe.“ Wenn wir mit Gott eins werden in der Liebe, dann wird die Zeit aufgehoben, dann ist Ewigkeit mitten in der Zeit, dann bekommt unser Leben mitten in dieser Zeit ewigen Bestand.
    Augustinus leidet unter der Vergänglichkeit der Zeit, in der nichts beständig ist, in der man sich auf nichts verlassen kann: „In dieser Welt aber rollen die Tage dahin, die einen gehen, die

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