Das Buch der Schatten 1 - Verwandlung
aber nicht zu hippen Klamotten, ihr natürlich hübsches Gesicht, ihre guten, aber nicht unbedingt perfekten Noten, ihr großer Freundeskreis. Sie war ein durch und durch netter Mensch und jeder mochte sie, sogar ich. Bei Mary K. konnte man nicht anders.
»Hey, Baby«, rief Chris Holly laut und trat zu Bree. »Hey, Morgan«, sagte er zu mir. Chris wandte sich wieder
zu Bree und gab ihr einen flüchtigen Kuss, den sie mit den Lippen abfing.
»Hey, Chris«, sagte ich. »Bereit für die Schule?«
»Jetzt schon«, sagte er und schenkte Bree ein lüsternes Lächeln.
»Bree! Chris!« Sharon Goodfine winkte und ihre goldenen Armreife klimperten an ihrem Handgelenk.
Chris nahm Brees Hand und zog sie zu Sharon und den anderen üblichen Verdächtigen: Jenna Ruiz, Matt Adler, Justin Bartlett.
»Kommst du?«, fragte Bree und drehte sich zu mir um.
Ich schnitt eine Grimasse. »Nein, danke.«
»Morgan, die finden dich in Ordnung«, sagte Bree leise, meine Gedanken lesend, wie sie es so oft tat. Sie ließ Chris’ Hand los und wartete auf mich, während er weiterging.
»Schon okay. Ich wollte sowieso noch mit Tamara reden.« Bree wusste, dass ich mich in ihrer Clique nicht so richtig wohl fühlte.
Sie zögerte noch einen Augenblick. »Okay, dann sehen wir uns in der ersten Stunde.«
»Bis dann.«
Bree wandte sich ab. Doch dann hielt sie mitten in der Bewegung inne, und ihr Mund klappte auf wie bei jemandem, der in der Theater-AG »sprachlos vor Erstaunen« spielt. Um ihrem Blick zu folgen, drehte
ich mich um und sah einen Jungen die Stufen unserer Schule heraufkommen.
Es war wie in einem Film, in dem alles mit Weichzeichnern gedreht wurde, wodurch alle verstummen und die Handlung in Zeitlupe ablief, während man noch zu begreifen versuchte, was man da eigentlich sah. Genauso war es, als Cal Blaire die breiten, abgetretenen Stufen der Widow’s Vale High heraufkam.
Da wusste ich natürlich noch nicht, dass er Cal Blaire hieß.
Bree drehte sich mit weit aufgerissenen Augen wieder zu mir um. »Wer ist denn das?«, fragte sie stumm.
Ich schüttelte den Kopf. Ohne zu überlegen, legte ich mir die flache Hand auf die Brust, um meinen Herzschlag zu beruhigen.
Der Typ kam mit so einer Lässigkeit und einem Selbstvertrauen auf uns zu, dass ich neidisch wurde.
Ich bemerkte, dass sich einige nach ihm umdrehten. Er lächelte uns an. Es war, als käme die Sonne zwischen den Wolken hervor. »Geht’s hier zum Büro des Direktors? «, fragte er.
Ich habe schon andere gut aussehende Typen gesehen. Brees Freund, Chris, zum Beispiel sieht wirklich gut aus. Aber der hier war … atemberaubend. Struppiges schwarzbraunes Haar, das aussah, als hätte er selbst dran rumgeschnippelt, perfekte Nase, schöne olivbraune Haut und fesselnde, alterslose goldbraune Augen.
Ich brauchte eine Sekunde, um zu begreifen, dass er uns angesprochen hatte.
Ich glotzte ihn wie benommen an, doch Bree sprühte. »Gleich da durch und dann nach links«, sagte sie und zeigte auf die nächste Tür. »Ungewöhnlich, im letzten Jahr die Schule zu wechseln, oder?«, fragte sie und studierte das Blatt, das er ihr hinhielt.
»Ja«, sagte er mit einem angedeuteten Lächeln. »Ich bin Cal. Cal Blaire. Meine Mutter und ich sind gerade hergezogen.«
»Ich bin Bree Warren.« Bree zeigte auf mich. »Und das ist Morgan Rowlands.«
Ich rührte mich nicht. Ich blinzelte zweimal und versuchte zu lächeln. »Hi«, sagte ich schließlich, fast flüsternd, und kam mir vor wie eine Fünfjährige. Ich war Jungs gegenüber immer ein bisschen befangen, doch diesmal war ich dermaßen überwältigt, dass ich überhaupt nicht funktionierte. Ich kam mir vor, als versuchte ich, in einem Sturm aufrecht zu stehen.
»Seid ihr auch im letzten Jahr?«, fragte Cal.
»Im vorletzten«, antwortete Bree.
»Schade«, sagte Cal. »Dann haben wir keine Kurse zusammen.«
»Also, könnte sein, dass du einige mit Morgan zusammen hast«, sagte Bree mit einem süßen, selbstironischen Lächeln. »Sie ist in den Mathe- und Physikkursen der letzten Klasse.«
»Cool«, sagte Cal und schenkte mir ein Lächeln. »Ich geh mal besser rein. Hat mich gefreut, euch kennenzulernen. Und danke für die Hilfe.« Er wandte sich um und ging zur Tür.
»Tschüs!«, sagte Bree strahlend.
Sobald Cal im Schulgebäude verschwunden war, packte Bree mich am Arm. »Morgan, der Typ ist ein Gott!«, kreischte sie. »Er geht hier auf die Schule! Er wird das ganze Jahr hier sein!«
Im nächsten Augenblick waren wir von
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