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Das Buch der Toten

Das Buch der Toten

Titel: Das Buch der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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angemietet hast und heute um mein Haus rumgeschlichen bist.«
    »Gehört alles zu meinem Job«, sagte Bosc.
    »Auf Befehl von John G.?« Bosc gab keine Antwort.
    Milo zog seine Waffe und setzte die Mündung auf die zarte, gebräunte Haut unter Boscs Kinn.
    »Einzelheiten«, verlangte er.
    Bosc presste die Lippen aufeinander.
    Milo zog die Waffe zurück. Als Bosc lachte, sagte er: »Dein Problem, Craig, ist, dass du dich für einen Puppenspieler hältst, dabei bist du nur eine miese kleine Marionette.«
    Er ließ den Handgriff der Pistole auf Boscs Schienbein niedersausen, so fest, dass es hörbar krachte.
    Er wartete, bis Bosc sich ausgeheult hatte, dann hob er die Waffe erneut an.
    Boscs panikgeweitete Augen folgten der Aufwärtsbewegung der Hand mit der Waffe. Er kniff die Augen zusammen und schluchzte laut auf.
    Milo sagte »Craig, Craig« und setzte zu einem zweiten Schlag an.
    Bosc schrie: »Bitte, bitte, nein!« Unverständliches Gebrabbel folgte.
    Nach wenigen Minuten hatte Milo, was er wollte.
    Die gute alte Pawlowsche Konditionierung. Würde Alex stolz auf ihn sein?

38
    Bert legte seine Hand auf die Schulter des Mannes im Rollstuhl. Der Mann drehte den Kopf und begann zu summen. Ich sah mein doppeltes Spiegelbild in den reflektierenden Gläsern seiner Sonnenbrille. Zwei Fremde, die mich finster anstarrten.
    Ich sagte: »Mein Name ist Alex Delaware, Mr. Burns.«
    Willie Burns lächelte und drehte wieder den Kopf. Orientierte sich an meiner Stimme, wie es blinde Menschen tun. Die Haut zwischen seinem weißen Bart und den riesigen Brillengläsern war rissig und rau und spannte sich über den scharfen Gesichtsknochen. Seine Hände waren lang und dünn, mit bräunlichvioletter Haut, arthritischen Knoten an den Knöcheln und langen, vergilbten und gefurchten Nägeln. Über seine Beine war eine weiche, weiße Decke gebreitet. Nicht viel Masse unter dem Stoff.
    »Freut mich, Sie kennen zu lernen«, sagte er. Und an Bert gewandt: »Stimmt doch, Doc?«
    »Er wird dir nichts tun, Bill. Er wird dich Dinge fragen wollen.«
    »Dinge«, sagte Burns. »Es war einmal.« Er fing wieder an zu summen. Mit hoher Stimme; ein bisschen falsch, aber nicht unangenehm.
    Ich sagte: »Bert, es tut mir Leid, dass ich Ihnen nachspionieren musste«
    »Wie Sie schon sagten, Sie mussten es tun.«
    »Es war…«
    »Alex«, sagte er und legte seine weiche Hand auf meine Wange, um mich zum Schweigen zu bringen. »Als ich dahinter kam, dass Sie in die Sache verwickelt waren, dachte ich mir schon, dass es so kommen würde.«
    »Als Sie dahinter kamen? Aber Sie haben mir doch das Mordalbum geschickt.«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Nicht Sie?«, fragte ich. »Aber wer dann?«
    »Ich weiß es nicht, mein Sohn. Pierce hat es an jemanden geschickt, aber an wen, hat er mir nie verraten. Er hat mir überhaupt erst eine Woche vor seinem Tod von dem Album erzählt. Eines Tages kam er zu mir nach Hause und zeigte es mir. Ich hatte ja keine Ahnung, dass er so weit gegangen war.«
    »Eine Andenkensammlung.«
    »Eine Sammlung von Albträumen«, sagte Bert. »Er weinte, als er darin blätterte.«
    Willie Burns richtete seine blicklosen Augen auf die Baumwipfel und summte.
    »Wo hatte Schwinn die Fotos her, Bert?«
    »Einige waren von seinen eigenen Fällen, die anderen hatte er aus alten Polizeiakten gestohlen. Er war schon vor langer Zeit zum Dieb geworden, seine Charakterisierung, nicht meine. Er war ein gewohnheitsmäßiger Ladendieb, ließ Schmuck, Geld und Drogen von Tatorten mitgehen, machte mit Kriminellen und Prostituierten gemeinsame Sache.«
    »Das hat er Ihnen alles erzählt?«
    »Über einen sehr langen Zeitraum.«
    »Sie waren sein Beichtvater«, sagte ich.
    »Ich bin kein Priester, aber er wollte die Absolution.«
    »Und wurde ihm der Wunsch erfüllt?«
    Bert zuckte die Schultern. »Das Ave Maria gehört meines Wissens nicht zum psychiatrischen Instrumentarium. Ich habe mein Bestes getan.« Er sah Willie Burns an. »Wir geht es dir heute, Bill?«
    »Mir geht's wirklich gut«, antwortete Burns. »Alles in allem.« Er drehte den Kopf nach links. »Da weht ein nettes Lüftchen von den Bergen her, hören Sie es? Wie die Blätter rascheln und klimpern, als war's eine kleine Mandoline. Wie auf einem von diesen Booten in Venedig.«
    Ich lauschte, hörte aber keinen Laut. In den Baumwipfeln rührte sich nichts.
    Bert sagte: »Ja, sehr hübsch.«
    Willie Burns sagte: »Wissen Sie, hier draußen wird man richtig durstig. Vielleicht könnte ich ja was zu

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