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Das Buch der Toten

Das Buch der Toten

Titel: Das Buch der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Wohnzimmer gesehen hatte.
    Er bewahre ihn für einen Freund auf, hatte er gesagt. Dr. Harrison schenkt gerne.
    Trotz des milden Nachmittags war der Mann in eine Wolldecke gewickelt und trug einen breitkremp igen Strohhut. Bert schob ihn langsam, und der Kopf des Mannes hing schlaff zur Seite. Bert blieb stehen und sagte etwas zu ihm. Falls der Mann ihn hörte, ließ er sich jedenfalls nichts anmerken. Bert sicherte den Rollstuhl, ging zu dem Aprikosenbaum und pflückte zwei Aprikosen. Eine hielt er dem Mann hin, der sehr langsam danach griff. Beide aßen. Bert hielt die Hand unter das Kinn des Mannes, und dieser spuckte ihm den Stein in die Hand. Bert sah sich den Stein genau an und steckte ihn dann in die Tasche.
    Bert aß seine Aprikose auf; den Stein steckte er wieder ein. Dann stand er da, den Blick zum Himmel gerichtet. Der Mann im Rollstuhl rührte sich nicht. Bert löste die Bremse und schob den Rollstuhl ein paar Schritte weiter. Dann drehte er ihn so, dass ich einen Blick in das Gesicht des Mannes werfen konnte.
    Eine riesige, verspiegelte Sonnenbrille, die bis an die Hutkrempe reichte, dominierte die obere Hälfte. Die untere war eine Wolke von grauem Barthaar. Die Haut dazwischen hatte die Farbe von gegrillten Auberginen.
    Ich trat aus dem Gebüsch heraus, ohne mir die Mühe zu geben, das Knirschen meiner Schritte auf dem Kies zu dämpfen.
    Bert drehte sich abrupt um. Sah mir in die Augen. Und nickte. Resigniert.
    Ich trat näher.
    Der Mann im Rollstuhl fragte mit leiser, ein wenig krächzender Stimme: »Wer ist das?«
    Bert antwortete: »Das ist der, von dem ich dir erzählt habe.«

37
    Craig Bosc lag auf seinem Wohnzimmerteppich auf dem Rücken. Er lächelte schon wieder. Seine Fußgelenke waren mit Plastikfesseln aus Milos Einsatzkoffer zusammengebunden, und ein weiterer Satz Fesseln verband die Metallschellen an seinen Handgelenken mit einem stabilen Sofabein.
    Nicht, dass er ihn hatte zusammenschnüren wollen wie ein Schwein auf dem Weg zum Markt, nein, Milo betonte, dass es ihm nur darum ging, Bosc eine hübsch demütige Haltung beizubringen. Und er wollte ihm klarmachen, dass jeder weitere Widerstand noch schmerzhaftere Folgen haben würde.
    Bosc verweigerte jeglichen Kommentar. Seit er Milo darüber informiert hatte, wie tief dieser in der Scheiße stecke, hatte er kein Wort mehr gesagt.
    Jetzt hatte er die Augen geschlossen und grinste hartnäckig weiter. Vielleicht war es ja Schauspielerei, aber kein Schweißtropfen verunzierte sein Filmstar-Antlitz. Einer dieser Psychopathen mit verminderter Erregbarkeit? Obwohl Milo ihn in der Hand hatte, sah Bosc, verdammt noch mal, viel zu selbstgefällig und zufrieden aus, und Milo spürte, wie es unter seinen eigenen Achseln feucht wurde.
    Er begann das Haus zu durchsuchen. Bosc schlug die Augen auf und lachte, während Milo in der Küche umherging, Schranktüren und Schubladen öffnete und Boscs Junggesellen-Kühlschrank in Augenschein nahm, Bier, Wein, Piña-Colada-Mischung, drei Gläser Salsa und eine geöffnete Dose Chiliconirgendwas. Als Milo im Gefrierfach nachsah, kicherte Bosc wieder, aber als Milo sich umdrehte und ihn anschaute, hatte der Kerl die Augen fest geschlossen, seine Muskeln hatten sich entspannt, und er sah aus, als ob er schliefe.
    Hinter den Eisbehältern war nichts versteckt. Milo ging weiter ins Schlafzimmer, fand einen Schrank voller Designerklamotten, zu viele Sachen auf zu kleinem Raum, alles auf billige Drahtbügel gehängt und zusammengequetscht; ein paar Teile lagen auch auf dem Boden herum, zwischen einem halben Dutzend Paar Schuhe. Im obersten Regal lagen drei Tennisschläger, ein Hockeyschläger, ein alter Basketball, dem die Luft ausgegangen war, und ein zerschlissenes schwarzes Lederei, das einmal ein Football gewesen war. Die nostalgische Sammlung einer ehemaligen Sportskanone.
    In der Zimmerecke lagen zwei Vierzehn-Kilo-Hanteln neben einem Sechzig-Zoll-Fernseher mit Video und DVD-Player. Ein Videoschrank aus Walnussfurnier enthielt Actionfilme und ein paar Nullachtfünfzehn-Pornos in reißerisch illustrierten Hüllen: vollbusige Blondinen, die ihre sämtlichen Körperöffnungen darboten.
    Die drei Schubladen von Boscs Kommode enthielten Knäuele von Unterwäsche, Socken, T-Shirts und Shorts. Erst als Milo die unterste Schublade öffnete, wurde es allmählich interessant.
    Versteckt unter einer Sammlung von GAP-Sweatshirts entdeckte er drei Waffen: eine 9-Millimeter, das gleiche Modell wie Milos Dienstwaffe, eine

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