Das Buch der Toten
Krankenhaus wurde er als drogensüchtiger Hypochonder eingestuft.«
»Er wollte an Burns' Krankenakte herankommen.«
Bert nickte. »Das Krankenhauspersonal hielt ihn für einen dieser abgebrannten Junkies und glaubte, er wolle nur Drogen stehlen. Wie sich herausstellte, war er tatsächlich ernsthaft krank. Ein Neurologe, der gerade Bereitschaft hatte und ihn noch nicht kannte, ordnete einige Tests an und entdeckte eine schwach ausgeprägte Epilepsie, vorwiegend in Form von petit mal, den kleinen Anfällen mit Symptomen einer Temporallappen-Epilepsie, alles ausgelöst durch chronische Drogen-Toxizität. Er bekam krampflösende Mittel verschrieben, mit mäßigem Erfolg und wurde mehrmals für kürzere Zeit zur Beobachtung aufgenommen; aber ich hatte zu diesen Zeiten nie Dienst. Eines Tages hatte er dann draußen auf dem Parkplatz einen epileptischen Anfall. Sie brachten ihn in die Notaufnahme, und an diesem Tag hatte ich zufällig Bereitschaft. Und dann führte eines zum anderen.«
»Willie Burns brauchte medizinische Versorgung, weil er bei einem Hausbrand Verletzungen erlitten hatte.«
Bert seufzte. »Sie haben nichts von Ihrem scharfen Verstand eingebüßt, Alex.«
»Es war ein Haus in der 156th Street in Watts. Ein Viertel, in dem ein Schwarzer bede nkenlos untertauchen konnte. Und wo ein weißes Gesicht sofort auffallen würde. Ein weißer Detective namens Lester Poulsenn war mit der Bewachung von Burns und Caroline Cossack beauftragt, und eines Nachts wurde er erschossen, und das Haus wurde abgefackelt, um die Tat zu vertuschen. Ein hochrangiger Kriminalbeamter wurde ermordet aber das LAPD ließ Gras über die Sache wachsen. Interessant, finden Sie nicht, Bert?«
Er schwieg immer noch. Ich fuhr fort: »Man kann davon ausgehen, dass Poulsenn von Leuten ermordet wurde, die geschickt worden waren, um Caroline und Willie zu beseitigen. Von Leuten, die schon einmal gemordet hatten, die einen Kautionsagenten namens Boris Nemerov in einen Hinterhalt gelockt und getötet hatten. Burns' Kautionsagent. Hat er Ihnen davon erzählt?«
Ein Nicken. »Es kam während der Therapie heraus. Bill fühlte sich schuldig, weil Nemerov seinetwegen getötet worden war. Er hätte sich gerne gestellt, wollte alles loswerden, was er wusste, aber damit hätte er sich in Lebensgefahr gebracht.«
»Was ist seine Version der Ereignisse?«
»Er hatte Nemerov angerufen und ihn um Hilfe gebeten, weil Nemerov ihn immer anständig behandelt hatte. Sie vereinbarten ein Treffen, aber Nemerov wurde auf dem Weg dorthin verfolgt und ermordet, seine Leiche in den Kofferraum seines Wagens geworfen. Bill hatte sich in der Nähe versteckt und alles mit angesehen. Er wusste, dass man ihn für Nemerovs Tod verantwortlich machen würde.«
»Warum bekam Burns überhaupt Polizeischutz?«
»Er hatte Beziehungen zum Department. Hatte früher als Informant gearbeitet.«
»Aber nach den Morden an Poulsenn und Nemerov hat das Department ihn hängen lassen.«
»Ich sagte Beziehungen, Alex. Nicht Freunde.«
»Das Haus wurde in Brand gesteckt, aber Burns und Caroline konnten entkommen. Wie schwer waren sie verletzt?«
»Sie überhaupt nicht, aber er sehr schwer. Er vernachlässigte seine Wunden, ließ sie erst Monate später behandeln. Seine Füße waren fast bis auf die Sehnen verkohlt. Es kam zu multiplen Infektionen, und als er endlich ins Krankenhaus kam, waren seine Wunden so vereitert und brandig, dass das Fleisch schier von den Knochen fiel. Beide Füße wurden sofort amputiert, aber die Sepsis hatte schon auf die langen Knochen übergegriffen, und weitere Amputationen waren notwendig. Man konnte es rege lrecht riechen, Alex.
Wie Grillfleisch, das Mark hatte in den Knochen gekocht. Wir hatten ein paar hervorragende Chirurgen im Haus, und sie konnten den einen Oberschenkelknochen zur Hälfte und den anderen zu einem Drittel erhalten und Hauttransplantationen durchführen. Aber Bills Lungen waren auch verbrannt, ebenso wie die Luft und die Speiseröhre. Es kam zu fibröser Narbenbildung, und weitere Operationen waren notwendig, um das geschädigte Gewebe zu entfernen. Wir reden hier von Jahren, Alex. Er ertrug die Qualen stillschweigend. Ich habe oft bei ihm am Kneippbecken gesessen, während seine Haut sich in Fetzen ablöste. Kein Klagelaut war von ihm zu hören. Ich werde nie verstehen, wie er diese Schmerzen ertragen konnte.«
»War es das Feuer, das ihm das Augenlicht raubte?«
»Nein, das war sein Diabetes. Er war schon länger zuckerkrank
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