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Das Buch der Vampire 01 - Bleicher Morgen

Titel: Das Buch der Vampire 01 - Bleicher Morgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen Gleason
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das im Anschluss an das Abendessen folgte, zu drücken, aber sie hatte Erschöpfung vorgetäuscht. Offensichtlich hatten die blauschwarzen Schatten unter ihren Augen ausgereicht, um ihre Mutter davon zu überzeugen, dass sie nicht in der Verfassung für eine lange Nacht war. Und falls Lady Melly glaubte, dass der Grund ein bevorstehendes glückliches Ereignis war, nun, Victoria war einfach zu niedergeschlagen, um ihr das auszureden.
    So war sie also gerade dabei, ihr Haar auszukämmen, als der Bote eintraf, um eine Nachricht abzugeben.
    Sie erkannte die Handschrift nicht, aber das Siegel war golden und mit einem erhabenen geprägten V versehen, das von Ranken und Blütenkelchen umgeben war. Der Brief konnte nur von einer einzigen Person sein. Sie riss ihn auf.

    Ich bin im Besitz von etwas, das offenkundig von Wert für Sie ist, auch wenn Ihre Handlungen in meiner Kutsche einen anderen Eindruck erweckt haben. Er wird bis zu Ihrem Eintreffen in Sicherheit sein.
    Sie haben mein Ehrenwort.
    S.

    Sein Ehrenwort?
    Sie warf die Botschaft auf ihren Frisiertisch, dann klingelte sie nach Verbena, damit sie ihr beim Umziehen half. Ein Besuch im Silberkelch erforderte einige Sicherheitsmaßnahmen.
    Aber als Victoria im Silberkelch - besser gesagt dem, was einmal der Silberkelch gewesen war - ankam, wurde ihr klar, dass nichts sie auf den Anblick hätte vorbereiten können, der sich ihr nun bot.
    Es war drei Uhr morgens, und auf der Treppe hätte ein reges Kommen und Gehen von Gästen herrschen sollen, aber stattdessen war da nur Totenstille. Der ätzende Geruch von verbranntem Holz, vergossenem Blut und Angst drang ihr entgegen, als sie die Stufen hinunterstürmte.
    Die Kneipe lag in Trümmern. Tische, Becher, Stühle, Flaschen, sogar Leichen, das Klavier... alles lag kreuz und quer über den Boden verteilt. Die Hälfte davon war verbrannt; es stank nach Asche und Öl.
    Victoria trat in den Schankraum, in der Hoffnung, irgendeinen Hinweis darauf zu entdecken, was passiert war.
    Plötzlich fiel ihr ein, dass Max eigentlich hier sein sollte.
    War er in diese Sache verwickelt? War er am Ende tot?
    Und Phillip? Sebastian hatte versprochen, ihn zu beschützen …

    Kälte legte sich über sie; eine tiefe, alles verzehrende, tödliche Eiseskälte.
    Max. Phillip. Sebastian.
    Sie waren alle drei hier gewesen.

    Max schlug die Augen auf.
    Der Raum war heiß und düster, das einzige Licht kam von den Flammen, die vor einer langen Wand züngelten. Zuerst glaubte er sich in der Hölle, aber dann begriff er, dass ihm dieses Glück nicht vergönnt war.
    »Maximilian.« Er versuchte, ihre Stimme auszublenden, aber er war zu erschöpft. Seine Kraft war aufgezehrt, und so konnte er kaum Widerstand leisten. Besonders ihr gegenüber nicht.
    »Sieh mich an, Maximilian«, summte sie, und ihre Worte strichen über ihn wie eine sanfte Hand.
    Er schloss die Augen.
    »Warum wendest du dich ab? Du weißt, dass du dich mir nicht widersetzen kannst.«
    Er stemmte sich aus seiner zusammengekrümmten Lage auf dem Boden hoch. Seine Hände waren nicht gefesselt, aber dazu bestand auch keine Notwendigkeit. In ihrer Gegenwart war er in vielerlei Hinsicht völlig machtlos.
    »Es ist schon so lange her, dass du zuletzt zu mir gekommen bist, Maximilian.«
    Die Art, wie sie seinen Namen sagte, gab ihm das Gefühl, als würden unzählige Tausendfüßler über seine Haut kriechen. Und dennoch verweilte er in der Luft, sein Name von ihren Lippen. Wie eine Fessel, die sie aneinanderkettete.
    »Ich bin nicht zu dir gekommen, Lilith.« Es kostete ihn alle
Kraft, die er noch besaß, diese Worte in leichtem und gelassenem Tonfall zu sagen. Sie bei ihrem Namen zu nennen.
    Ihr Lachen, leise wie ein Atemhauch, umfing ihn. »Du hast schon immer ein wenig Überzeugungsarbeit erfordert. Komm her, Maximilian. Komm zu mir.«
    Er stand auf, zwang seine Glieder, seinem Willen zu gehorchen und nicht ihrem, lehnte sich gegen die Wand und legte eine Hand über seine linke Brustwarze, auf seine vis bulla . Gott sei Dank konnte selbst Lilith sie ihm nicht wegnehmen.
    Eine Welle der Energie rollte über ihn hinweg, und er konzentrierte sich ganz darauf, zog alle Stärke aus dem geweihten Silber in seinem Fleisch.
    Dann drehte er sich um und sah sie an.
    Sie lag wie hingegossen auf einer weißen Chaiselongue. Ihre Augen - er konnte ihrem Blick nur eine Sekunde lang standhalten - waren mandelförmig, mit wunderschönen, dichten Wimpern... und blauen Pupillen mit einem roten Ring

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