Das Buch der Vampire 01 - Bleicher Morgen
Rockley sprechen, wird es Sie wohl freuen zu hören, dass wir nicht getanzt haben.«
»Was für ein Pech.«
Victoria zog für einen kurzen, genüsslichen Moment in Erwägung, ihren Pflock zum Einsatz zu bringen, dann legte sie ihn voll Bedauern auf den Tisch. Sie hatte vier frisch zugespitzte Eschenpflöcke angefertigt, von denen jeder in einer anderen Farbe angemalt werden sollte, damit sie zu ihren verschiedenen Kleidern passten. Verbena hatte Elfenbein, Rosa, Blassgrün und Blau vorgeschlagen, außerdem plädierte sie für weiteren Putz, für den sie Blumen, Federn und Perlen verwenden wollte.
»Ich habe nicht mit ihm getanzt, weil wir zu einem Hauskonzert und nicht zu einem Ball eingeladen waren. Aber er hat darum gebeten, mich besuchen zu dürfen.« Es kümmerte sie nicht, falls sie wie ein trotziges Kind klang.
Max sah nun zum ersten Mal hoch. Seine Miene war abweisend. »Sie lassen sich auf ein gefährliches Spiel ein, Victoria.«
»Vampire zu jagen ist ein gefährliches Spiel. Von einem reichen, attraktiven Mann umworben zu werden hingegen nicht. Und in beiden Fällen bin ich durchaus imstande, auf mich selbst aufzupassen.«
Max ließ den Blick gezielt zu ihrem Hals wandern, wo die vier roten Male zu heilen begonnen hatten. »Ihre Fähigkeit, auf sich selbst aufzupassen, muss erst noch zweifelsfrei erwiesen werden; das ist es jedoch nicht, was ich meinte. Sie spielen ein gefährliches Spiel, was den Marquis und sein Interesse an Ihnen betrifft.«
»Warum missgönnen Sie mir das Vergnügen, von einem perfekten Gentleman umworben zu werden, Max?«, fragte Victoria.
Sie hatten fast im direkten Anschluss an den Vorfall mit den Wächtervampiren begonnen, sich beim Vornamen zu nennen. Es schien lächerlich, jemandem formell zu begegnen, mit dem man Jagd auf die Untoten gemacht hatte. »Kann es sein, dass da Sie sich nicht in den Kreisen der guten Gesellschaft bewegen, Sie auf jeden herunterschauen, der es tut?«
Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und sah sie nachdenklich an. Die goldene Flüssigkeit in seinem Glas bewegte sich sanft im Licht, während er das Handgelenk bedächtig kreisen ließ, so als würde er sich überlegen, wie er antworten sollte. »Victoria, Sie verstehen meine Motive vollkommen falsch. Ich missgönne Ihnen nichts. Wenn es nach mir ginge, müssten Sie sich um nichts anderes Gedanken machen als um den nächsten Ball und ob Sie Ihrem Marquis zwei Tänze in einer einzigen Nacht gewähren sollten oder nicht. Aber bestimmt ist Ihnen klar, dass Sie nicht so weitermachen können wie bisher.«
»Ich verstehe nicht, was Sie meinen.« Irgendetwas lag in der Luft, und das Unbehagen, das sich stets zwischen ihnen auszubreiten schien, war zu etwas tödlich Ernstem angewachsen.
»Ich sehe, dass Sie das nicht tun.« Er wirkte aufrichtig überrascht. »Sie können nicht wirklich daran denken, den Marquis zu heiraten, Victoria, also warum hören Sie nicht auf, mit seinen Gefühlen zu spielen? Es ist unverkennbar, dass er bezaubert von Ihnen ist. Vielleicht nicht verliebt, aber zumindest bezaubert.«
»Ich kann... ihn nicht heiraten? Ich fürchte, es ist viel zu früh, um über eine solche Möglichkeit zu diskutieren, aber sollte es dazu kommen, gibt es keinen Grund, warum ich seinen Antrag nicht annehmen sollte. Mir ist bewusst, dass Sie, da Sie aus Italien
stammen, die gesellschaftlichen Gepflogenheiten hier in England vielleicht nicht verstehen, aber...«
»Es hat nicht das Geringste mit Ihrer gesellschaftlichen Stellung zu tun.« Der gemäßigte Ton war aus seiner Stimme verschwunden; nun klang er nur noch zornig. »Seien Sie nicht so uneinsichtig, Victoria. Sie sind ein Venator. Sie können nicht heiraten. Sie können sich noch nicht einmal einen Liebhaber nehmen!«
Auch wenn sie sich später selbst dafür schelten würde, Victoria konnte nicht anders, als ihn mit offenem Mund anzustarren. Wärme brandete ihren Hals hinauf und über ihre Wangen, als sie antwortete: »Sie müssen nicht so grob sein.«
»Grob? Als ob von einem Vampir gebissen zu werden nicht die schlimmste Form von Grobheit wäre. Victoria, Sie sind eine Jägerin bösartigster Kreaturen. Sie können sich nicht von etwas so Profanem wie einem Ehemann oder einer Familie ablenken lassen.«
Victoria hörte Schritte, die näher kamen, deshalb sprach sie schnell und leise. »Sollte ich mich dazu entschließen, einen Mann zu lieben oder sogar zu heiraten, dann werde ich das auch tun. Und trotzdem wird es mich nicht daran
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