Das Buch der Vampire 01 - Bleicher Morgen
Tatsache, dass es keine Fenster gab - und nur einen Eingang.
»Wie ich sehe, gefällt Ihnen mein Arbeitszimmer«, bemerkte Sebastian. »Bitte nehmen Sie Platz.«
»Aus welchem Grund haben Sie mich hierhergebracht? Gewiss liegt das Buch des Antwartha nicht in Ihrem Regal herum.«
»Nein, natürlich nicht. Aber es ist wirklich wichtig, dass unsere Unterredung nicht belauscht wird. Weil« - er hob die Hand, um ihre zornige Erwiderung abzuwehren - »ich Ihnen genau sagen kann, wo das Buch des Antwartha ist. Und wie Sie es bekommen.«
Victoria schloss den Mund und nahm auf dem Sofa Platz. Sie lehnte den Spazierstock dagegen und legte die Pistole auf das Polster.
»Sehr gut.« Lächelnd setzte er sich neben sie. »Also, wenn ich Ihnen diese Information gebe, was bieten Sie mir dann als Gegenleistung an?«
Ihre Haut begann zu kribbeln. »Was wäre für Sie von Wert?«
»Zwei Dinge. Zwei sehr einfache Dinge, Victoria Gardella. Oh ja, ich weiß genau, wer Sie sind.« Sebastian sah sie mit den orangegoldenen Augen eines Tigers an. »Die erste Bedingung ist: Sie dürfen niemandem verraten, wo und wie Sie an die Information gelangt sind. Sie können es Ihrem Kollegen Maximilian nicht sagen und auch nicht Ihrer Tante. Sollten Sie es doch tun, werde ich es wissen . Und es wird sehr schlimme Folgen für Sie haben. Niemand sonst in diesem Lokal weiß, wer Sie sind. Niemand weiß von diesem Treffen. Damit kann auch niemand wissen, wie Sie an die Information gekommen sind, es sei denn, Sie plaudern es aus.«
Victoria nickte. »Versprochen.«
»Aber aus welchem Grund sollte ich Ihnen vertrauen?«
»Aus demselben Grund, aus dem ich Ihnen vertraut habe, als Sie mir sagten, dass meiner Zofe keine Gefahr drohen würde. So wie ich Ihnen vertraut habe, als ich Ihnen hierher folgte.«
Er lachte wieder in sich hinein, leise und wissend. »Natürlich, Sie als Venator haben viel von mir zu befürchten.« Seine Worte waren zwar spöttisch, aber trotzdem nicht so unbedacht, wie sie klangen. »Aber Sie hatten Recht, mir bezüglich der Sicherheit Ihrer Zofe zu trauen. Sie befindet sich tatsächlich in keinerlei Gefahr. Denn wie ich schon sagte, erlaube ich in meiner Schenke keine Jagd auf unfreiwillige Opfer.«
»Was ist die andere Bedingung?« Die Gänsehaut auf ihren Armen verstärkte sich in Erwartung seiner Antwort.
»Ich möchte Ihre vis bulla sehen.«
Victoria wurde die Kehle trocken. Nicht das, was sie erwartet hatte. Sondern viel, viel schlimmer.
»Wie wäre es mit einem Kuss?«, fragte sie tapfer, während sich ein roter Nebel über den Rand ihres Blickfelds legte. Immerhin hatte sie an diesem Tag schon einmal einen Mann geküsst. Wohingegen sie sich einfach nicht vorstellen konnte… ihr Herrenhemd aufzuknöpfen und diesem Fremden ihren Bauch zu zeigen.
»Bieten Sie mir damit eine zusätzliche Belohnung an? Falls ja, so nehme ich sie gerne an. Selbstredend als Ergänzung zu meiner ursprünglichen Forderung.«
»Nicht als Ergänzung, sondern anstelle.«
»Es ist ein verlockender Gedanke, da ich noch nie einen Venator geküsst habe... Aber nein. Ich möchte Ihre vis bulla sehen.« Sie erkannte an seinem Gesichtsausdruck, dass er den Tausch noch nicht einmal in Erwägung gezogen hatte. »Und dann werde ich Ihnen alles sagen, was Sie wissen müssen.«
»Woran erkenne ich, dass das, was Sie mir sagen, die Wahrheit ist?«
»Sie werden mir eben vertrauen müssen.«
Nun war es an Victoria zu lachen. »Und weshalb sollte ich Ihnen bei einer derartigen Sache trauen? Warum sollten Sie mir überhaupt helfen wollen?«
»Was meine Hilfe anbelangt, habe ich natürlich meine eigenen Gründe, aber sie Ihnen zu erläutern, gehört nicht zu unserer Abmachung. Es ist unerheblich für Sie, warum ich einem Venator helfe. Und falls die Information falsch sein sollte - was ausgeschlossen ist, das kann ich Ihnen garantieren -, was verlieren Sie schon, wenn Sie mir Ihre vis bulla zeigen?« Seine Stimme verebbte zu einem beunruhigend dunklen Timbre, fast einem Flüstern.
»Oder...« Er sprach nun wieder lauter, gelassener. »Ich kann einfach Maximilian die Information geben. Er wäre gewiss dankbar.«
»Er würde Ihnen niemals seine vis bulla zeigen«, erwiderte Victoria, die mit einem Mal realisierte, dass Max an seinem Körper genau dasselbe Amulett trug wie sie.
»Ich will seine auch nicht sehen.«
Victoria fühlte ein heftiges Pochen in der Brust. Es war nur der Anstand, der sie davon abhielt, sie ihm zu zeigen. Nur der Anstand. Aber
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