Das Buch der Vampire 03 - Blutrote Dämmerung
ihr wisst, bin ich mit diesem Teil der Stadt nicht sehr vertraut, deshalb würde ich ihn gern in Begleitung von jemandem besichtigen, der sich gut dort auskennt.«
»Es wäre mir ein Vergnügen, mit Ihnen gemeinsam auf die Jagd zu gehen«, erwiderte Michalas mit einem aufrichtigen Lächeln.
Sie wurden bei ihrer Unterredung, die sie in einem der an den Brunnensaal angrenzenden Alkoven abgehalten hatten, von einem attraktiven Mann mit kupferfarbenem Haar unterbrochen. Seine Arme waren sehr muskulös, was Zavier zumeist noch dadurch unterstrich, dass er unmoderne Hemden mit abgeschnittenen Ärmeln trug, so wie er es vermutlich schon auf der Farm getan hatte, die sein Vater und seine Brüder in Schottland bewirtschafteten. Es verlieh ihm ein leicht barbarisches Aussehen, und Victoria fühlte sich beim Anblick all der nackten Haut ein wenig verlegen.
»Kommt schon, ihr Plaudertaschen - Wayren versammelt alle in der Gemäldegalerie. Victoria, es ist schön, Ihr hübsches Gesicht wiederzusehen. Ilias, Michalas, los jetzt.«
»Zavier.« Sie drehte sich lächelnd zu ihm um. »Ich wusste, dass Sie unser Fest heute nicht versäumen würden! Ganz bestimmt werden Sie begeistert sein, wenn Sie Tante Eustacias Porträt gleich enthüllt sehen.«
Obwohl sein muskelbepackter Körper von großer Stärke zeugte, blickten seine blauen Augen freundlich, und sein Lächeln war warm - besonders wenn er sich in Victorias Gegenwart befand, was ihr natürlich nicht entgangen war. Er hatte Rom kurz nach Eustacias Tod verlassen, um Berichten von Vampir-Aktivitäten in Aberdeen nachzugehen. Mithilfe der gut ausgebildeten Tauben, die die Umgebung rund um Santo Quirinus bevölkerten, hatte Wayren erfahren, dass sich Zavier auf dem Rückweg befand. Allerdings war sie nicht sicher gewesen, ob er es noch rechtzeitig zu der Porträtenthüllung schaffen würde, jene bittersüße Tradition, mit der jeder Venator nach seinem Tod geehrt wurde. Aber sie hätte wissen müssen, dass Zavier es sich niemals hätte entgehen lassen, der verstorbenen Vampirjägerin diese letzte Ehre zu erweisen.
Während er sie aus dem Alkoven scheuchte, gelang es ihm irgendwie, sich so zwischen ihr, Michalas und Ilias zu positionieren, dass sie schließlich Seite an Seite hinter den beiden anderen hergingen. »Sie können sich gar nicht vorstellen, wie sehr ich Wayren beschwatzt habe, mir zu verraten, ob das Bild Eustacia in jüngeren Jahren zeigt oder so, wie wir sie zuletzt kannten.«
Victoria legte die Hand in seine Armbeuge, dann wurde sie sich mit einem Mal der ungewöhnlichen Tatsache bewusst, dass sie die nackte Haut eines Mannes berührte. Zavier war
der Erste unter den Venatoren gewesen, mit dem sie sich angefreundet hatte, als Eustacia sie bei ihrem ersten Besuch dem Konsilium vorgestellt hatte. Nicht dass der Rest von ihnen reserviert gewesen wäre oder auf sie herabgesehen hätte, weil sie eine Frau war - das hatte nur Max getan, aber auch nur so lange, bis er sie in ihrem verletzlichsten Moment erlebt hatte -, denn sie alle waren sich der Macht und der Fähigkeiten bewusst, die ihre Tante besessen hatte, deshalb hegten sie keinerlei Vorbehalte gegenüber dem weiblichen Geschlecht.
»Sie hat es mir auch nicht verraten«, entgegnete sie mit einem Blick zu ihm.
»Nun, wir werden es bald erfahren. Aber sagen Sie, wann werden Sie sich Ihre vis bulla einsetzen lassen, um wieder auf die Jagd gehen zu können?«
»Das habe ich bereits getan, Zavier. Während Sie in Schottland waren.«
»Ach! Und ich wollte doch so gern dabei sein.« Seine kornblumenblauen Augen blitzten schelmisch. »Ich hätte Ihnen die Hand halten können.«
Victoria konnte nicht verhindern, dass sie errötete - und es war wirklich demütigend, dass sie, ein Venator, wegen solch einer Bemerkung erröten sollte! -, deshalb sah sie zur Seite.
Ungeachtet der Tatsache, dass jeder Vampirjäger seine vis bulla irgendwo an seinem Körper trug, hatte ihr der Gedanke nicht gerade behagt, von einer Gruppe Männer umringt zu sein, während ihr Bauch entblößt und ihr Nabel durchstochen wurde. Gleichzeitig hatte sie den Entschluss gefasst, gar nicht erst wissen zu wollen, wo Zavier oder die anderen Venatoren die ihren trugen. Sie fand, dass das Privatsache war.
»Kritanu und Wayren waren die einzigen Anwesenden. Genau wie ich es wollte.«
Zavier lachte leise. »Sie dürfen es einem Mann nicht verdenken, dass er zumindest einen Versuch wagt.«
Victoria wechselte das Thema, während sie an dem Brunnen
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