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Das Buch der Vampire 04 - Brennendes Zwielicht

Titel: Das Buch der Vampire 04 - Brennendes Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen Gleason
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diese sich so glücklich fühlte. »Immer der große Held, nicht wahr, Max? Immer selbstlos. Tust du nie irgendetwas nur für dich?«
    Sie merkte plötzlich, dass am Rande ihres Gesichtsfeldes wieder dieser rote Schleier aufgetaucht war. Ihr Herzschlag raste, und sie spürte, wie eine Woge kochender Wut in ihr hochkam. Automatisch holte sie tief Luft, berührte ihre vis bulla und schüttelte den Kopf, als würde sie dadurch wieder klarer denken und sehen können. War es nicht dieser Edelmut, diese solide Art von ihm, die sie am meisten an Max liebte? Diese klare, unüberwindliche Linie zwischen richtig und falsch, schwarz und weiß.
    Die sie am meisten liebte.
    Ihre Knie fingen wieder an zu zittern.
    Sein Charakter war der Grund, warum sie ihm Tante Eustacias Tod hatte vergeben können, warum sie nie aufgehört hatte, ihm zu vertrauen, gewusst hatte, dass er die Venatoren niemals im Stich lassen würde, auch wenn er nicht mehr über seine früheren Fähigkeiten verfügte.
    Bei ihr war diese Linie zwischen Schwarz und Weiß immer ein bisschen verwischt, hatte einen Anflug von kohlschwarz oder schneeig weiß bekommen, um in letzter Zeit in einen immer breiteren Streifen von Grau überzugehen. Hatte er sich deshalb von ihr zurückgezogen? Weil sie nicht gut war?
    Doch jetzt hatte sich der rötliche Schleier aufgelöst, und ihr Puls schlug wieder langsamer. Der heftige Anflug von Bosheit war vergangen. Würde es mit der Zeit einfacher werden, dagegen anzukämpfen? Oder bildete sie sich das nur ein … Ausgeburten ihres Wünschens und Hoffens?
    Ihr war auch nicht entgangen, dass das Böse nicht versucht hatte, von ihr Besitz zu ergreifen, als sie gestern Abend mit Max gekämpft hatte. Dieser rötliche Schleier, der Drang zum Bösen hatte nicht versucht, die Kontrolle über sie zu erlangen. Warum nicht?
    Lag es daran, dass der Grund für den Kampf nicht Selbsterhaltungstrieb gewesen war, wie es sonst immer der Fall war? Sie selbst, ihr Ich war nicht in Gefahr gewesen. Sie hatte nicht um ihr Leben gekämpft. Sie hatte nicht an sich denken müssen beim Kämpfen.
    Alles Böse beginnt im Ich.
    Als sie das Gefühl hatte, sich innerlich wieder gefasst zu haben, schaute Victoria auf und stellte fest, dass Max sie beobachtete. Er durchbohrte sie mit seinem Blick, als versuchte er herauszufinden, was sie so in Gedanken hatte versinken lassen.
    Ehe er etwas sagen konnte, klopfte es erneut an der Tür.
    Es war wieder Verbena mit einer kleinen weißen Schachtel in der Hand.
    Sie war mit einem roten Band zugebunden, und als Victoria die Schachtel in die Hand nahm, wurde sie plötzlich von einer bösen Vorahnung erfasst. Max warf nur einen Blick auf die bräunlichen Flecken auf dem Behälter und fing an zu fluchen. Die Schachtel wies wieder Brodebaughs Siegel auf.
    Victoria konnte sie gar nicht schnell genug öffnen, aber als sie es geschafft hatte, ließ sie die Schachtel beinahe fallen. »Mein Gott.«
    Das Paket enthielt zwei Finger, deren klebrig blutige Stumpen die Innenwände durchfeuchteten. Die Haut des einen war kaffeebraun und die des anderen ein paar Nuancen heller. Der zweite Finger trug einen schmalen, goldenen Ring, den Victoria wiedererkannte. Sie brauchte nichts zu sagen. Der Ausdruck des Abscheus auf Max’ Gesicht spiegelte ihre eigenen Empfindungen wider.
    Die Botschaft war vollkommen klar und deutlich. Die Zeit lief ihnen davon.
    Victoria gab sich den Anschein, als würde sie dem Stadthaus der Brodebaughs einen frühen Besuch abstatten. Das Haus war nicht so groß wie St. Heath’s R ow, aber größer als Grantworth House. Es lag in der Nähe des Hyde Park, und eine Mauer zog sich um das Grundstück, aber an der R ückseite grenzte es an einen schmalen Streifen des Parks. Die Nachbarhäuser waren wegen der ungewöhnlich breiten Grundstücke weit genug entfernt, sodass man sich ungestört fühlen konnte.
    In dem Moment, als sich die Tür öffnete, roch sie Blut.
    »Victoria!« Gwendolyn stand mit aufgerissenen Augen und gräulichem Gesicht, auf dem Tränen glitzerten, vor ihr. Ihr Haar war völlig zerzaust, und sie trug noch immer das Kleid, das sie gestern bei der Krönung angehabt hatte. »Du bist gekommen! Ich hatte Angst … ich hatte so eine Angst!« Sie klammerte sich verzweifelt an ihr fest und zog sie ins Haus. »Du musst uns helfen!«
    Victorias Herz raste. Sie hatte es bereits geahnt, aber jetzt war sie sich ganz sicher.
    Als Gwendolyn die Tür schloss, versuchte Victoria den durchdringenden Geruch nach

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