Das Buch der Vampire 04 - Brennendes Zwielicht
er sie sich mit einem Geschick, das sie hatte missen lassen, in seine Brustwarze zurück und atmete tief durch. Vielleicht fragte er sich, ob er seine Venatorenkräfte zurückerlangte, wenn er wieder sein eigenes Amulett trug. Er ging zu dem aufgeräumten Tisch zurück, auf dem seine persönlichen Dinge lagen, und Victoria beobachtete, wie er sich den schweren Silberring auf den Mittelfinger seiner linken Hand schob. Als würde er sich für einen Kampf rüsten.
»Sag mir, wie dich der Ring schützt.«
»Ich bin mir sicher, dass du es bereits herausgefunden hast, aber … er hat einen kleinen Haken, und wenn man den richtig betätigt, öffnet er sich und legt eine scharfe Klinge frei, die mit Gift versehen ist. Ein Stich genügt.«
»Bei dir oder bei Lilith?«
»Bei mir. So, warum bist du immer noch hier? Sollten wir nicht längst einen Plan entwickelt haben, wie wir deinen Geliebten retten?«
Sie hatte es geahnt, aber jetzt wusste sie es mit Sicherheit. Max zog sich wieder zurück. Er wollte sie Sebastian aufhalsen, damit er gehen konnte. Um diesen verdammten Silberring zu benutzen, wann immer es ihm in den Sinn kam.
Was ist mit mir?
Sie biss sich auf die Zunge und hielt die Fragen, die Forderungen, die Vergleiche zurück. Hatte er denn nicht Sebastian dafür verabscheut, dass dieser den Venatoren den R ücken gekehrt hatte? Dafür würde später noch Zeit sein, Zeit, ihn zu einem Gespräch zu zwingen, dem er ausweichen wollte. Jetzt musste sie dafür sorgen, dass Sebastian und Kritanu nichts passierte.
Max’ letzte Bemerkung rief ihr wieder in Erinnerung, was er vorhin gesagt hatte. »Was meinst du damit, du seist dir nicht im Klaren darüber, wen sie zu sich locken wollen? Dich natürlich. Lilith will dich zurückhaben, und Sara hätte dich ihr fast ausgeliefert. Zwei im Tausch für einen. Deshalb kann es bei dieser Sache kein ›wir‹ geben.«
Max zog eine Augenbraue hoch. »Ach ja? Ich bin zufälligerweise anderer Meinung. Ich glaube, Lilith will dich mehr als mich. Letztendlich stellst du immer noch eine Bedrohung für sie dar – im Gegensatz zu mir, wie du letztens gerade erst so deutlich gemacht hast. Und dann bist du ihr auch noch erst vor ein paar Tagen ein zweites Mal entkommen. Ich kann nur ahnen, wie viel Staub danach fabriziert worden ist; und nach gestern Abend, als wir ihre Pläne, den König zu entführen, vereitelt haben. Und wenn sie tatsächlich der Meinung ist, du könntest so etwas wie eine Rivalin sein, was die Frage betrifft, wem ich meine … Zuneigung schenke …« Seine Miene und sein Tonfall machten sehr deutlich, für wie absurd er den Gedanken hielt.
»Mach dich nicht lächerlich. Ist das irgend so eine verdrehte Art von dir, wie du versuchst, alles unter Kontrolle zu bringen?« Sie merkte plötzlich, dass sie immer noch mit an die Brust gedrücktem Hemd da stand. Sie zerrte es sich über den Kopf. Es roch nach ihm, und die Beine wurden ihr schwach.
»Nein.« Er deutete auf den Umschlag, der auf dem zerwühlten Bett lag und so weit offen stand, dass man die beiden unterschiedlichen Strähnen erkennen konnte. »Offensichtlich hast du nicht bemerkt, dass kein Empfänger auf dem Brief steht. Es ist also nicht klar, für wen er bestimmt ist.«
Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn dann jedoch wieder. »Es spielt keine R olle, Max. Du bist nicht mehr so gut gerüstet, um es mit ihr aufzunehmen, wie früher einmal.«
Wenn sie damit gerechnet hatte, dass er sich über ihre Bemerkung ärgern würde, so wurde sie enttäuscht. »Eines vergisst du dabei.« Seine Lippen verzogen sich zu einem freudlosen Lächeln. »Keiner würde je auf den Gedanken kommen, dass ich mich genötigt fühle, Viogets Leben zu retten. Es ist ein Spiel. Und du bist der Preis, den es zu gewinnen gilt.«
Victoria hätte beinahe gelacht, wenn die Situation nicht so schrecklich gewesen wäre. Aber zumindest gab sie ein ungläubiges Schnauben von sich. »Das ist es doch, Max. Du würdest dich dazu genötigt fühlen, sein Leben zu retten. Jedermanns Leben. Sogar von jemandem, den du hasst …«
»Ich hasse ihn nicht.«
»Sogar jemanden, gegen den du eine so große Antipathie hegst. Weil es edel ist, anderen zu helfen«, fügte sie scharf hinzu, während sie sich an ihre eigenen fragwürdigen Entscheidungen erinnerte. Als sie Bemis Goodwin und seine Kumpane dem sicheren Tod überlassen hatte beispielsweise oder als sie Max betäubt hatte. Oder als sie voll Neid Gwen gegenüber gewesen war, weil
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