Das Buch der Vampire 04 - Brennendes Zwielicht
dieser blonde Franzose.«
»Du stirbst durch das Elixier, Gwen. Hat Lilith dir das gesagt?«
Victoria spürte eher, denn dass sie es hörte, wie die Haustür hinter ihr leise geöffnet wurde. Die frische Luft, die dabei hereinströmte, war eine Erleichterung.
»Ah. Ich sehe, dein Verdacht hat sich bestätigt«, sagte Max. »Es befindet sich kein Mensch auf dem Grundstück. Alle Dienstboten scheinen weg zu sein. Und ich bin nicht gesehen worden, denn alle Fenster sind verhüllt.«
»Gut«, sagte Victoria.
»Du hast mich angelogen!«, kreischte Gwen. »Du bist doch nicht allein gekommen.«
»Ja, und es tut mir schrecklich leid.« Victoria bedachte sie mit einem eiskalten Lächeln und stieß ihr den Pflock in die Brust. Sie strich sich die Asche von den – natürlich – unbehandschuhten Händen und drehte sich zu Max um. Er hatte das Haar wieder zu einem festen Zopf zurückgebunden und war ganz angespannte Konzentration. »Ich hätte wahrscheinlich noch mehr Informationen aus ihr herausholen können, aber sie wurde allmählich langweilig. Es gibt hier einige Untote. Fünf oder mehr.«
Er nickte kurz, und zusammen durchquerten sie die Eingangshalle, während sie dem Geruch nach Blut folgten.
Am Ende eines Flurs kamen sie zu einer hohen zweiflügeligen Tür, vor der Max stehen blieb. Er griff nach Victorias Arm und drehte sie zu sich um. Ihr Herz begann heftig zu pochen. »Ich weiß, dass das hier deine Sache ist und wir einen Plan haben«, sagte er leise, »aber hör mir zu.« Seine Augen funkelten vor Entschlossenheit, und Victorias Mund wurde ganz trocken. Sie wusste, was er sagen wollte.
»Max, nein«, fing sie an, während die Wut schon hochkochte.
»Sei still«, sagte er mit immer noch leiser, aber jetzt schärferer Stimme. Der Griff um ihren Arm wurde fester. »Du musst mit Vioget hier raus. Ihr seid Gardellas. Das ist das Wichtigste.«
»Wir haben einen Plan«, fing sie an, aber ihr Widerspruch wurde vom schmerzerfüllten Schrei eines Mannes unterbrochen. Er kam aus dem Raum, vor dessen Tür sie standen. Beide drehten sich um, und Max ließ sie los.
Es war keine Zeit mehr zum R eden.
Wie schon zuvor blieb Max außer Sichtweite und hielt sich damit erst einmal an ihren Plan. Victoria war diejenige, die die beiden Türflügel aufriss und kühn in den Raum trat.
Der Blutgeruch war wie eine Wand, gegen die sie prallte. Er stieg ihr in die Nase und legte sich auf ihre Lunge.
»Endlich ist unser Gast eingetroffen. Benvenuto .«
Sara, natürlich. Sie stand auf der anderen Seite des Raumes direkt gegenüber der Tür. Ein strahlendes Lächeln lag auf ihrem Gesicht, das Haar war perfekt frisiert, und ihr schlichtes, doch modisches hellgrünes Tageskleid war aus Batist. Es waren Blutflecken darauf.
» Cara mia , Victoria«, rief sie mit schockierter Stimme, während sie Victorias Tunika und die Hosen in Augenschein nahm. »Was haben Sie denn da an? Das ist abominevole !«
Victoria ließ den Blick schnell durchs Zimmer schweifen. Der Anblick, der sich ihr bot, ließ den roten Schleier vor ihren Augen hochschießen, sodass einen schrecklichen Moment lang alles in Blut getaucht zu sein schien. Sie konzentrierte sich auf das Gefühl, den Pflock in der Hand zu haben: seine Kanten, das glatte Holz, das oben eingearbeitete Kreuz. Durch die geistige Anspannung verflüchtigte sich der Nebel, und nur ein Anflug von R osa blieb übrig.
Das Zimmer wurde wahrscheinlich als kleiner Ballsaal oder für Musikveranstaltungen genutzt. Ein großer Raum mit glänzendem Parkett und nur sparsam mit Möbeln ausgestattet. Die Fenster waren verhängt, damit kein Sonnenlicht eindringen konnte. Doch es brannten mehrere Lampen, sodass es kein bisschen dunkel war und alle abstoßenden Einzelheiten deutlich zu erkennen waren.
Links standen Brodebaugh und George Starcasset zusammen mit vier oder fünf Vampiren mit blitzenden roten Augen – sie hatte keine Zeit, sie zu zählen. George und der Earl saßen in einander gegenüberstehenden Sesseln. Brodebaughs Gesicht war voller Blut und seine Kleidung völlig derangiert. George dagegen schien ganz und gar uninteressiert an seiner Umgebung zu sein und trug eine gelangweilte Miene auf seinem jungenhaften Gesicht zur Schau. Zwei Vampire standen dicht neben ihm. Doch es war nicht diese Szene, die Victoria später Alpträume bescheren sollte.
Auf der anderen Seite des Raumes waren Sebastian und Kritanu, neben denen ebenfalls Untote standen; sie waren erst zu sehen, als sie eintrat. Die
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