Das Buch der Vampire 04 - Brennendes Zwielicht
starrte sie an. Himmel, wie könnte er sich das verwehren? All dieses dunkle Haar, das um ihren Leib wallte und ihre anderen körperlichen Vorzüge verbarg … aber er kannte sie alle. »Ach ja, ich vergaß. Du weißt ja alles. Ja. Ich nehme den Trank zu mir, um nicht zu empfangen. Aber ich habe mich mittlerweile entschlossen, damit aufzuhören.«
»Das halte ich für eine kluge Entscheidung. Du bist Illa Gardella, die letzte eines ansonsten aussterbenden Geschlechts.« Unmerklich brachte er einen größeren Abstand zwischen sie und ihn und ließ dabei ihr Haar los. »Und ich halte es für besser, wenn wir das hier für uns behalten.«
Sie sah ihn mit großen braun-grünen Augen scharfsinnig an. Es war verdammt schwer, irgendetwas vor ihnen zu verbergen. »Was meinst du damit?«
»Ich meine, es besteht überhaupt keine Notwendigkeit, Vioget etwas zu sagen. Oder sonst irgend jemandem.«
»Max, du bist wirklich beschränkt. Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich …« Ihre Stimme wurde immer leiser, während sie allmählich begriff. Glücklicherweise war sie schlau und begriff schnell. Es würde viel einfacher sein, wenn er nichts zu erklären brauchte. »Es ist wie damals, als du mich geküsst hast, nicht wahr? Du gehst und tust so, als wäre nichts passiert. Tust so, als hätte ich dich dazu gebracht.«
Sie war einfach zu verdammt schlau. »Victoria, du …«
Er sollte nie herausfinden, ob es ein Gottesgeschenk war oder Pech, dass es in dem Moment klopfte.
Nichtsdestotrotz richtete sich beider Aufmerksamkeit sofort auf die Tür. Ein orangefarbener Schopf schob sich als Erstes durch den schmalen Spalt, dann folgte das Gesicht von Victorias Zofe. Sie schien nicht überrascht, Victoria hier zu sehen. Es versetzte Max einen Schlag zu sehen, wie in ihrer Miene Befriedigung und Furcht miteinander rangen.
»Verbena? Was ist?« Victoria musste es auch gespürt haben; denn ihre Stimme klang scharf. Aber vielleicht war der harte Tonfall auch für ihn bestimmt.
»Ich bitte um Verzeihung, Mylady, aber ich habe das hier vor der Haustür gefunden. Ich weiß nicht, wann es dort abgelegt worden ist, weil keiner da ist, um zur Tür zu gehen, wenn es klopft. Charley hat frei, wissen Sie … und deshalb habe ich es erst gefunden, als ich nach draußen ging, um zu sehen, ob …« Ihre Stimme wurde immer leiser, während sie einen Umschlag durch den Türspalt schob.
»Was ist mit Kritanu?«, fragte Victoria, während sie die Hand nach dem Umschlag ausstreckte. Natürlich fand sie nichts dabei, sich vor ihrer Zofe unbekleidet zu zeigen – aber hier, in seinem Bett? Vielleicht war das eine Situation, die ihr vertrauter war, als er dachte. Die Zofe schien gewusst zu haben, wo sie nach ihr suchen musste.
»Er ist nicht da.« Verbena zuckte die Achseln und hob hilflos die Hände. »Oliver sagt, dass er letzte Nacht nicht nach Hause gekommen ist.« Und Wayren war … nun ja, Wayren. Wahrscheinlich hockte sie an irgendeinem von ihr selbst gewählten Ort und beugte sich gerade über ein altes Manuskript oder eine Schriftrolle. Sie war nur dann da, wenn man sie brauchte. Offensichtlich waren Brim und Michalas noch nicht eingetroffen.
Victoria riss ihrer Zofe den Umschlag aus der Hand. Er war dick, mit einem roten Band umwickelt und mit einem vertrauten Siegel versehen. Und … »Gütiger Himmel«, sagte er im gleichen Moment, als ihr der Atem stockte.
»Das ist Blut.« Victoria riss das Band ab und entfernte das Siegel. Als sie sah, was sich in dem Umschlag befand, keuchte sie auf.
In den Falten des steifen Papiers lag eine glänzend schwarze Haarlocke. Und darunter lag eine braungoldene Locke. Beide waren mit Blut besudelt.
Der gefaltete Bogen, der beilag, war leer bis auf einen widerlichen braunen Strich. Er war mit dem Siegel des Earl von Brodebaugh versehen.
Kapitel 24
Die Pflöcke sind erhoben
I ch hoffe, du hast nicht vor, jetzt sofort loszurennen …«, setzte Max in dem ihm eigenen Tonfall an.
»Ich werde nicht losrennen«, erwiderte Victoria scharf. Die ganze Freude und Zufriedenheit, mit der sie erwacht war, hatte sich in Luft aufgelöst. Jetzt war sie innerlich ganz kalt und wütend … aber vor allem verängstigt.
Sie sah Max an, der sich von ihr entfernt hatte und sich bereits anzog, wobei er seinen Schutzwall wieder Stein für Stein errichtete. Sie presste die Lippen zusammen und wandte den Blick von seinem großen, muskulösen Körper ab. Später. Sie würde sich mit ihm und dieser Sache – was für eine
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