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Das Buch der verlorenen Dinge

Das Buch der verlorenen Dinge

Titel: Das Buch der verlorenen Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Connolly
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ihnen ziemlich egal«, sagte er schließlich. »Sie wollen, dass wir den Kampfgeist und die Hoffnung verlieren. Wenn sie dabei auch noch Flugzeugfabriken oder Werften erwischen, umso besser. So sind manche Menschen, die andere einschüchtern wollen. Erst tun sie ganz harmlos, und dann schlagen sie zu.«
    Er seufzte. »David, wir müssen über etwas reden, etwas Wichtiges.«
    Sie kamen gerade von einer weiteren Sitzung bei Dr. Moberley, in deren Verlauf David wieder gefragt worden war, ob er seine Mutter vermisste. Natürlich vermisste er sie. Was für eine dumme Frage. Er vermisste sie, und deshalb war er traurig. Er brauchte keinen Arzt, um das zu begreifen. Meist hatte er ohnehin Mühe zu verstehen, was Dr. Moberley sagte, zum Teil weil der Arzt Wörter benutzte, die David nicht kannte, vor allem aber weil seine Stimme mittlerweile fast völlig im Geplapper der Bücher in seinen Regalen unterging.
    Das Gemurmel, das die Bücher von sich gaben, wurde für David zusehends verständlicher. Ihm war klar, dass Dr. Moberley sie nicht so hören konnte wie er, sonst hätte er nicht in dem Zimmer arbeiten können, ohne verrückt zu werden. Manchmal, wenn Dr. Moberley eine Frage stellte, die den Büchern gefiel, sagten sie alle zugleich »Hmmmmm«, wie ein Männerchor, der eine einzelne Note übte. Wenn er etwas sagte, womit sie nicht einverstanden waren, murmelten sie Beleidigungen.
    »Witzfigur!«
    »Scharlatan!«
    »Mumpitz!«
    »Der Mann ist ein Idiot.«
    Ein Buch, auf dessen Einband in Goldbuchstaben der Name Jung geprägt war, wurde so wütend, dass es aus dem Regal purzelte und kochend vor Zorn auf dem Teppich liegen blieb. Dr. Moberley sah ziemlich überrascht aus, als es herunterfiel. Es reizte David, ihm zu erzählen, was das Buch sagte, doch bestimmt war es nicht besonders klug, Dr. Moberley wissen zu lassen, dass er hören konnte, wie Bücher redeten. David hatte schon mitbekommen, dass Leute »weggesperrt« wurden, weil sie »nicht ganz richtig im Kopf« waren. Und er wollte nicht weggesperrt werden. Außerdem hörte er die Bücher jetzt nicht mehr die ganze Zeit, sondern nur noch, wenn er durcheinander oder wütend war. David versuchte, ruhig zu bleiben und so viel wie möglich an schöne Dinge zu denken, aber das war manchmal gar nicht so leicht, vor allem in Gegenwart von Dr. Moberley oder Rose.
    Jetzt saß er am Fluss, und wieder sollte sich seine ganze Welt verändern.
    »Du bekommst einen kleinen Bruder oder eine kleine Schwester«, sagte Davids Vater. »Rose erwartet ein Kind.«
    David hörte auf zu essen. Die Kartoffelstücke schmeckten plötzlich komisch. Er spürte, wie sich ein Druckgefühl in seinem Kopf ausbreitete, und einen Moment dachte er, er würde von der Bank kippen und wieder einen von seinen Anfällen bekommen, doch irgendwie gelang es ihm, sitzen zu bleiben.
    »Wirst du Rose heiraten?«, fragte er.
    »Ich denke schon«, sagte sein Vater. David hatte gehört, wie Rose und sein Vater eine Woche zuvor über das Thema gesprochen hatten, als Rose zu Besuch gekommen war. David hätte eigentlich im Bett sein sollen, aber stattdessen hatte er auf der Treppe gesessen und gelauscht, wie sie miteinander sprachen. Das tat er öfters, obwohl er immer zu Bett ging, wenn sie aufhörten zu reden und er das Schmatzen eines Kusses hörte oder ein leises, kehliges Lachen von Rose. Als er das letzte Mal gelauscht hatte, hatte Rose über irgendwelche »Leute« gesprochen, und dass diese »Leute« redeten. Und was sie sagten, gefiel ihr nicht. Da fiel zum ersten Mal das Wort Heiraten, aber David konnte nicht weiter zuhören, weil sein Vater aus dem Wohnzimmer kam, um Wasser aufzusetzen, und David gerade noch im letzten Moment von der Treppe verschwinden konnte. Möglicherweise hatte sein Vater aber doch etwas gemerkt, denn wenig später war er heraufgekommen, um nach David zu sehen. David hatte die Augen zugekniffen und so getan, als ob er schlief. Sein Vater hatte sich damit zufriedengegeben, aber danach hatte David es nicht gewagt, noch einmal zur Treppe zu schleichen.
    »Ich möchte nur, dass du etwas weißt, David«, sagte sein Vater zu ihm. »Ich habe dich lieb, und daran wird sich nie etwas ändern, ganz gleich mit wem wir unser Leben teilen. Ich habe auch deine Mama geliebt, und ich werde sie immer lieben, aber Rose um mich zu haben, hat mir in diesen letzten Monaten sehr geholfen. Sie ist eine nette Frau, David. Und sie mag dich. Versuch, ihr eine Chance zu geben, ja?«
    David antwortete nicht. Er

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