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Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Klaus
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allein. Oder dein Weib treibt im Neckar.“
    Philipps Gesicht brannte vor Kälte und von dem Faustschlag, er roch Leder, feuchtes Wolltuch, Schnee.
    „Verstanden?“
    Er wurde losgelassen, damit er Zeichen geben konnte. Er nickte schwach, rollte sich auf die Seite, stützte sich auf den Ellbogen. Hustete. Fühlte sich hilflos wie ein Wurm und hasste diesen Sauhund dafür. Den Hals durchstechen wollte er dem, seine Überlegenheit aus ihm herauswürgen mit eigenen Händen. Der schwarze Schatten hatte sich von ihm abgewandt und machte sich an dem Tongefäß zu schaffen. Philipp versuchte sich aufzusetzen. Er ächzte, alles tat ihm weh. Und dann war die dunkle Gestalt wieder heran, Philipp wollte die Arme hochreißen, als der Arm des anderen sich von hinten um seine Kehle schlang. Er hörte das gurgelnde Geräusch, das er machte, als der ihm die Luft abpresste, seine Hände krallten sich in den Unterarm des Mannes, wollten ihn fortziehen. Etwas Feuchtes wurde ihm auf den Mund gepresst, er hörte den anderen „Atme!“ zischen. Hart und erbarmungslos hielt er ihn, und Philipp rang verzweifelt nach Luft, sog den fremden Geruch ein, merkte, wie er erschlaffte und ihm die Sinne schwanden.

Sechs
    Die Schenke war zum Bersten voll.
    Die Herberge hieß „Zum Schwert“. Mit Mühe hatte er ein Zimmer im Obergeschoss erhandelt, das er mit drei anderen Reisenden teilte, zwei Mann je Bett. Er hatte erst dann daran gedacht, in den Pilgerquartieren vor der östlichen Stadtmauer eine preisgünstigere Unterkunft zu suchen, als die Stadttore längst geschlossen waren. Dumm. Er wäre zwar noch hinausgekommen, aber hinein, falls sein Bemühen vergeblich gewesen wäre, nur noch nach Zahlung eines gehörigen Batzens Sperrgeld, wie sie es hier nannten. Das hatte er nicht wollen. Also war er in die Stadt zurückgekehrt und hatte in dieser Herberge eine Bleibe gefunden. Seit vier Tagen hielt er sich in Heidelberg auf, doch konnte er es sich auf Dauer nicht leisten, ausschließlich in Wirtshäusern abzusteigen. Nicht, dass er kein Geld hatte. Aber der Winter begann eben erst. Ohne eine angemessene Unterkunft konnte es schnell teuer werden.
    An zweien von vier Tagen hatte er in dieser geizigen Residenzstadt nicht das eingenommen, was er ausgab. Selbst in dem steinernen Bürgerhaus mit den stattlichen vier Stockwerken über dem Erdgeschoss, den vielen Fenstern, den zahllosen Bildwerken dazwischen, den Medaillons, Wappenzeichen und goldverzierten Inschriften bis hinauf in das oberste Giebelgeschoss, von denen er im Dämmerlicht lediglich hatte „amicitia“ ausmachen können – selbst in diesem offenbar beträchtlich wohlhabenden Haus war er weder eine Kräutermischung noch ein Sälbchen losgeworden. Er hatte danach in jenem Viertel, das sie Oberes Kaltes Tal nannten, noch an zwei, drei Häusern geklopft. Doch weil es längst dunkel war, hatte man ihn auch dort nur mürrisch davongejagt. Einer gar, ein Wichtigtuer mit Mützenbrille, ein Gelehrter wohl, hatte ihm ins Gesicht geschimpft, dass
Hausieren und Feilhaben fremder ausländischer Krämer weder in Städten, Flecken noch Dörfern gestattet noch zugelassen, sondern bei Verlust ihrer Waren verboten
sei. Er hatte ihm außerdem, die Faust nach ihm schüttelnd, hinterhergebrüllt, dass
Landfahrer, Würzverfälscher und andere fremde und unbekannte Hausierer keineswegs geduldet, sondern außer dem Gebiet gewiesen werden sollen
. Er hatte zugesehen, dass er Land gewann.
Myn diawl
! Die hier mit ihrer vermaledeiten Landesordnung! Der hatte sie ja fast auswendig dahergeschrien. Andererseits musste er zugeben, dass sie milder war als die Bestimmungen in seiner Heimat. Dort galt das englische Gesetz. Und nach dem sollten Landstreicher schwer gepeitscht werden und den Knorpel des rechten Ohrs mit glühendem Eisen durchbohrt bekommen. Hierzulande wurde er nur hinausgeworfen. Und immerhin wäre es ihm erlaubt, zu ordentlichen Wochen- und Jahrmärkten –
gegen Erlegung gewöhnlichen Stand-Gelds
– seine
aufrichtigen, unverfälschten, guten Waren feilzuhaben und um gebührlichen Wert zu verkaufen
. Unverfälscht? Wer wollte schon das Wort auf die Goldwaage legen. Geheimnisvolle Zusätze waren das Salz seiner Medizinsüppchen. Ein Quäntchen Magie würzte seine Wunderpillen. Und damit war er bislang gut durchgekommen. Landesordnung hin oder her – er war doch kein Marktschreier!
    Ryss sah sich verhalten um, während er die kräftige Ochsenschwanzsuppe aus einer Holzschale löffelte. Um ihn her

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