Das Buch Ohne Gnade: Roman
irritiert zu sein, den der Blues Brother erhalten hatte. Julius müsste schon außerordentlich gut sein, wenn er seine Konkurrenten besiegen wollte, und Judy Garland, die Favoritin, war noch nicht einmal aufgetreten. Und wo zum Teufel war Elvis?
Die Antwort auf diese Frage ließ nicht lange auf sich warten. »Hey, Sanchez, da bist du ja wieder«, erklang Elvis’ Stimme hinter ihm. Sanchez fuhr herum und sah seinen Freund auf sich zukommen. Er hatte einen Arm um Janis Joplins Taille gelegt. Ihr Haar war zerzaust und ihre Kleidung irgendwie in Unordnung. Es war nicht zu übersehen, dass sie gerade hektischem Sex gefrönt hatten.
»Yo, Elvis«, antwortete Sanchez im Flüsterton, weil er nicht zu viel Aufmerksamkeit auf sich lenken wollte. »Dieser Invincible Angus – er ist wieder zurück.«
Elvis löste den Arm von Janis Joplins Taille. »Wo warst du, Mann?«, fragte er, während er stirnrunzelnd auf ihn zukam.
»Der Kerl hat mich gerade quer durch das ganze verdammte Hotel gehetzt. Ich habe ihn in irgendeinem Scheißkühlraum eingeschlossen, aber als ich abhaute, versuchte er gerade, sich den Weg aus diesem Ding freizuschießen.«
»Gut. Lass ihn ruhig. Wenn er auch nur in meine Nähe kommt, trete ich ihm in den verdammten Arsch.« Er rieb sich den Hinterkopf, wo Angus ihn kurz vorher niedergeschlagen hatte. »Dieser Hurensohn verdient es nicht anders.«
»Er hat eine Pistole«, betonte Sanchez. »Vielleicht sogar zwei.«
»Das ist mir verdammt noch mal egal. Scheiß auf ihn. Und auf das Pferd, auf dem er angeritten kam.«
Janis Joplin machte ein paar Schritte und gesellte sich zu ihnen. »Ja, scheiß auf ihn. Dieser verdammte, verfickte Arschlochbastard.«
Sanchez lächelte Janis höflich an. »Es fällt dir wirklich schwer, dich unter Kontrolle zu halten, nicht wahr?«
»Das hat nichts mit meinem Tourette zu tun«, erwiderte Janis. »Wenn Elvis diesen Typen nicht mag, dann mag ich ihn verdammt noch mal auch nicht. Dieses Arschloch.«
Ihre Unterhaltung wurde durch die Stimme Nina Forinas unterbrochen, als sie Emilys Auftritt ansagte. »Ladys und Gentlemen!«, donnerte es aus den Lautsprechern. »Und jetzt mit dem Klassiker ›Over The Rainbow‹ … begrüßen Sie Judy Garland!«
Erneut spendete die Menge tosenden Beifall, begleitet von lauten Hochrufen. Sanchez beobachtete, wie Emily tief Luft holte. Und dann auf die Bühne eilte.
Die Show begann.
EINUNDFÜNFZIG ♦
Julius hatte ein ungutes Gefühl. Die Back-From-The-Dead -Show zu manipulieren, damit er am Ende zum Sieger erklärt würde, war weitaus schwieriger gewesen als erwartet. Zuerst einmal war Angus nicht pünktlich erschienen. Dann hatte der Bourbon Kid den Job übernommen, sich jedoch nach einem verheißungsvollen Start geweigert, das Judy-Garland-Double zu töten. Aus persönlichen Gründen. Was das wohl zu bedeuten hatte? Und dann war Gabriel erschienen, um den Tag zu retten.
Aber das hatte auch nicht geklappt. Emily war immer noch am Leben und Gabriel war nirgendwo zu sehen. Julius hatte die schreckliche Ahnung, dass der Bourbon Kid seine kaum verschleierte Drohung, Emily zu beschützen, wahr gemacht hatte. In diesem Fall bestand die hohe Wahrscheinlichkeit, dass Gabriel nicht mehr unter den Lebenden weilte. Und wenn das zutraf, dann musste er damit rechnen, dass seine Pläne gescheitert waren.
Laut dem ursprünglichen Zeitplan für das Finale hätte er als Vierter von sechs Konkurrenten auftreten sollen, doch dann war in der Garderobe bekannt gegeben worden, dass er als Letzter auf die Bühne gehen sollte. Eine Erklärung war nicht gegeben worden. Sobald er die Neuigkeit erfahren hatte, überbracht von irgendeinem jüngeren Niemand des Produktionsteams der Show, bekam er es mit der Angst zu tun, dass sein Komplott aufgeflogen sein könnte. Als er, nur wenige Sekunden später, zwei stämmige Wachmänner dabei belauschte, wie sie den Blues Brotherfragten, ob er »diesen Mistbock James Brown« irgendwo gesehen habe, entschied er sich, die Künstlergarderobe schnellstens zu verlassen. Sein Plan war gefährdet, dessen war er sich jetzt absolut sicher.
Um ihn doch noch durchzuführen und selbst am Leben zu bleiben, war Julius daher kurz nach Janis Joplins Auftritt ins Kasino im Parterre des Hotels hinuntergegangen. Er hatte die Absicht, sich dort bis zum letzten Moment vor seinem Auftritt herumzudrücken. Er hatte keiner Menschenseele verraten, wohin er wollte, und hoffte bei Gott, dass er es irgendwie vermeiden konnte, von einer der
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