Das Buch ohne Namen - Anonymus: Buch ohne Namen - The Book With No Name
Mal in einem Dilemma: Sollte er die beiden ansprechen und verlangen, dass sie ihre Kapuzen abnahmen, oder sollte er es lassen? Ehrlich gesagt, er war müde, und die Nachricht von Elvis’ Ende hatte ihn geschockt. Er wollte keine weiteren Scherereien mehr, deswegen beschloss er, für dieses eine Mal den Mund zu halten.
Wie es der Zufall wollte, erhoben sich die beiden Männer von ihren Plätzen und kamen zu der Stelle, wo Sanchez am Tresen lehnte. Einer ging hinter dem anderen, mit gesenktem Kopf, als wäre er weniger zuversichtlich als sein Begleiter. Als sie nahe genug gekommen waren, um eine erste Spur von Unbehagen in Sanchez zu erzeugen, warfen sie ihre Kapuzen zurück und enthüllten ihre Gesichter. Sanchez erkannte sie auf der Stelle. Es waren die beiden Mönche. Mit übergezogenen Kapuzen hatten sie einen sehr bedrohlichen Eindruck erweckt. Jetzt sahen sie wieder ganz und gar aus wie die beiden unbedarften Narren, die vor ein paar Tagen in der Bar gewesen waren.
»Was zum Teufel wollt ihr hier?«, herrschte Sanchez die beiden an. Es konnte nur weitere Scherereien bedeuten, dachte er bei sich und seufzte innerlich.
»Das Gleiche wie jeder andere in dieser Gegend offensichtlich auch«, antwortete der Mönch mit Namen Kyle, der vorne stand. »Wir wollen das Auge des Mondes zurück. Wir wollen es deswegen zurück, weil es unser rechtmäßiges Eigentum ist.«
»Meine Güte, lasst mich damit in Ruhe, okay? Ich bin nicht in der Stimmung!« Sanchez wollte ihnen zeigen, dass er verärgert war wegen ihrer Anwesenheit. Diese beiden Clowns hatten bereits bei ihrem letzten Besuch eine höllische Sauerei in seinem Laden veranstaltet, und im Licht dieser Ereignisse hatte er gehofft, dass sie den verdammten Anstand besaßen, von weiteren Besuchen in der Tapioca Bar abzusehen. Sein alles andere als einladendes Verhalten schien jedoch völlig von ihnen abzuprallen. Die beiden Mönche bemerkten es einfach nicht.
»Wir sind schon fast den ganzen Tag hier«, sagte Kyle. »Wir haben dagesessen und zugehört. El Santino hat Ihnen fünfzigtausend Dollar geboten, wenn Sie den Stein für ihn finden. Wir geben Ihnen hunderttausend Dollar, wenn Sie uns nur verraten, wer den Stein im Augenblick besitzt. Sie müssen ihn nicht für uns zurückholen. Das erledigen wir selbst. Zeigen Sie uns nur die richtige Richtung. Sobald wir den Stein haben, gehören Ihnen einhunderttausend Dollar . Ich wäre sehr überrascht, wenn Sie ein noch besseres Angebot als das unsrige fänden.«
Kyle hatte ein sehr gutes Angebot unterbreitet, das musste gesagt werden. Also sagte es Sanchez.
»Das ist ein sehr gutes Angebot«, bestätigte er.
»Ich weiß. Also sind wir uns einig? Oder nicht?«
Sanchez rieb sich für eine Weile das Kinn, als würde er über das Angebot nachdenken, was er unübersehbar längst nicht mehr tat. Es war ein großartiges Angebot. Ein Angebot, bei dem er nichts verlieren konnte. Die Mönche waren heilige Männer, was bedeutete, dass sie zu dem standen, was sie sagten. Wenn er herausfand, wo der Stein war, konnte er ihn für hunderttausend an die beiden verkaufen und dann Jefe und El Santino erzählen, dass die Mönche ihn hatten, und von den beiden auch noch jeweils ein paar Tausend Dollar kassieren.
»Okay, abgemacht«, sagte er schließlich. »Ich finde heraus, wer den Stein hat, und gebe euch Bescheid. Ihr gebt mir hundert Riesen, und alle sind glücklich, hab ich das richtig verstanden?«
»Das haben Sie richtig verstanden«, sagte Kyle. »Geben wir uns darauf die Hand.«
»Sicher.«
Sanchez war überrascht, dass ein Handschlag etwas war, mit dem Mönche sich auskannten. Vielleicht hatten sie ein paar Dinge über die einheimische Kultur herausgefunden? Oder vielleicht wollten sie ein paar Karategriffe an ihm ausprobieren, sobald sie seine Hand hatten? Wie dem auch sei, für einhundert Riesen war er nur zu bereit, mit den beiden die Hände zu schütteln. Es war ein Risiko, das er einzugehen bereit war, also gab er ihnen die Hand und stellte zu seiner Bestürzung fest, dass beide einen sehr schlaffen Händedruck hatten. Er schloss daraus, dass Händeschütteln ein Brauch war, den die beiden zwar gesehen, aber noch nie vorher selbst ausgeübt hatten.
»Wir melden uns bald wieder bei Ihnen«, sagte Kyle mit einem Kopfnicken. »Bitte stellen Sie sicher, dass Sie dann ein paar gute Neuigkeiten für uns haben.«
Mit diesen Worten wandten sich die beiden Mönche ab und gingen zur Tür. Sanchez war fasziniert von den
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