Das Buch ohne Staben - Anonymus: Buch ohne Staben - The Eye of the Moon
reichte es seiner Tochter über den Tisch hinweg. Sie riss es ihm fast aus der Hand und studierte das Bild für einen Augenblick. Ihr Gesicht verriet ihre Gedanken. »Ja, der gefällt mir …«, sagte sie schließlich und lächelte.
»Gut. Weil ich nämlich annehme, dass er derjenige ist, der heute Nacht den Bourbon Kid für dich töten wird«, erwiderte Gaius.
»Wie kannst du so sicher sein, dass der Kid heute Nacht stirbt?«, fragte sie.
»Weil ich dafür gesorgt habe, meine Liebe. Der Bourbon Kid und sein Komplize, dieser Dante Vittori, werden heute Nacht sterben. Zusammen mit dem Mönch.«
»Das sagst du immer wieder, aber wieso bist du so sicher?«
»Weil ich nicht untätig gewesen bin in den letzten Monaten, meine Liebe, während du geschlafen hast. Ich habe mein altes Buch wiedergefunden, das Buch des Todes . Ihre Namen stehen inzwischen darin. Sie werden heute Nacht sterben. Die einzige Frage ist, wie sie sterben werden, und vielleicht noch, wer sie töten wird.«
Jessicas Kinnlade sank herab. Sie sah aus, als wollte sie sich ihrem Vater an den Hals werfen, so aufgeregt war sie mit einem Mal. »Darf ich einen von ihnen umbringen?«, fragte sie.
Gaius schüttelte langsam den Kopf und lächelte sie an. Seine Tochter war ein verruchtes Miststück, und dafür liebte er sie. »Ich sage dir was. Du kannst dir den Mönch vornehmen. Wenn du ihn tötest, bevor irgendjemand anders ihn erwischt, dann kannst du mir auch mein Auge zurückbringen. Und wenn du das schaffst, darfst du dir auch deinen nächsten Ehemann selbst aussuchen. Was hältst du davon?«
»Oh, großartig! Einverstanden, Vater.«
»Gut.« Rameses Gaius schob einen Finger hinter seine Sonnenbrille und tippte auf das grüne Smaragdauge. »Je schneller ich dieses elende Ding loswerde und mein richtiges Auge zurückbekomme, desto früher sind wir das Tageslicht für immer los. Dann werden die Untoten über die Welt herrschen, und ich werde so mächtig sein wie früher.«
Zweiundfünfzig
Randy Benson rechnete damit, im Hauptquartier eine Spur von Leichen hinunter ins Untergeschoss vorzufinden. Was er fand, war ein einzelner Toter. Francis Bloem (dem der größte Teil des Kopfes fehlte) war das einzige Opfer, das zu sehen war. Benson hatte ihn ohnehin nie gemocht. Kein großes Problem also.
Die blutige Spur endete allerdings nicht mit Bloem, sondern führte weiter bis zum Aufzug am anderen Ende der Eingangshalle. Er folgte ihr, vorsichtig, um nicht in einen möglichen Hinterhalt zu geraten. Der mittlere Aufzug wartete auf ihn, die Türen offen. Das Innere war besudelt mit Blut und etwas, das definitiv aussah wie Kot. Und roch wie Kot. Es war Kot. Frischer Kot obendrein.
Benson verspürte kein Bedürfnis, den stinkenden Aufzug zu betreten. Wie komme ich runter zum Gral? , überlegte er. Der Bourbon Kid ist kein Dummkopf. Er hat sicher eine Falle vorbereitet. Auf der anderen Seite ist er derjenige, der eine Rechnung mit mir offen hat. Er wird wissen, dass ich hier bin. Es wäre ausgesprochen naiv, der Spur bis in den Keller hinunter zu folgen. Ich muss nichts weiter tun als warten.
Bensons hochentwickelter Selbsterhaltungsinstinkt hatte ihm im Verlauf der Jahre gute Dienste geleistet. All die Razzien und die Feuergefechte, in die er verwickelt gewesen war, hatten keinerlei Narben hinterlassen, dank seiner Angewohnheit, sich immer hübsch zurückzuhalten und irgendwo zu verstecken. Der Bourbon Kid würde wissen, dass Benson gekommen war, um den goldenen Kelch zu holen, daran bestand immer weniger Zweifel. Doch der Bourbon Kid wollte Bensons Tod, und er konnte es wahrscheinlich kaum abwarten, ihn zu eliminieren – wenn er also nur geduldig genug wartete, würde sein Feind zu ihm kommen.
Er sollte Recht behalten. Nach einer Wartezeit von vielleicht zehn Sekunden schlossen sich die Türen des besudelten Lifts. Einen Moment später konnte Benson an der Anzeige über den Türen sehen, dass die Kabine im Untergeschoss angekommen war. Es gab einige Geräusche von unten, dann setzten sich die Motoren erneut in Bewegung, und die Kabine begann mit ihrem Aufstieg zurück ins Erdgeschoss, wo Benson wartete. Angst und Erregung durchpulsten ihn und sorgten dafür, dass seine Vampirfänge wuchsen und seine Haut sich verhärtete, während die Venen sich in Erwartung des Blutvergießens weiteten und hervortraten. Und so lag er auf der Lauer, mit einer automatischen Pistole, die auf die Lifttüren zielte, und konnte es kaum erwarten, dass sie sich öffneten.
Der
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