Das Buch ohne Staben - Anonymus: Buch ohne Staben - The Eye of the Moon
Aufzug kam zum Halten, und die Türen glitten auseinander – und dort, direkt vor ihm, stand die verhüllte Gestalt, die er zu sehen erwartet hatte. Wie immer verhüllte die Kapuze einen großen Teil des Gesichts, und die Gestalt stand genau in der Mitte des Aufzugs vor einer ziemlich blutbefleckten Wand. In diesem Aufzug war bereits eine Menge Blut vergossen worden. Es spielte keine Rolle; Benson war bereit. Er hatte sich hingekniet für den Fall, dass der Kid gleich auf ihn schießen würde. Es war alles genau so, wie er es erwartet hatte. Gott, bin ich gut , dachte er bei sich. Er hielt seine Pistole auf Armeslänge vor sich und feuerte zweimal und noch zweimal in rascher Folge in den Lift.
Vier akkurate Schüsse flogen direkt in die Brust des Ziels. Genau in die Mitte. Blut spritzte hervor, ein Teil davon weit genug, um vor Bensons Füßen zu landen. Er beobachtete voll makabrer Freude, wie sein vermummter Feind zusammenbrach und mit dem Rücken gegen die verspiegelte Wand der Kabine geschleudert wurde. Es war nicht zu übersehen, dass er unter seiner Kapuze nach Luft rang.
In seiner Aufregung war Benson außerstande, den eigenen Atem zu kontrollieren. Er fühlte sich, als wäre er soeben eine halbe Meile im Sprinttempo gelaufen. Sein Herz hämmerte schmerzhaft gegen seine Brust, und er zitterte am ganzen Leib. Hatte er geschafft, was so viele vor ihm versucht und woran so viele vor ihm gescheitert waren? Hatte er den meistgesuchten Killer von Santa Mondega tatsächlich tödlich verwundet?
Beschwingt machte der korrupte Vampir-Cop-Boss ein paar Schritte in Richtung der offenen Lifttüren. Der blutige Körper des verhüllten Mannes lag reglos am Boden. Allein seine Brust bewegte sich. Sie hob und senkte sich erratisch, denn aus irgendeinem Grund atmete er noch. Hustete sogar. Benson trat in den Lift und blickte hinab auf sein sterbendes Opfer. Er hob die Pistole und zielte damit auf das Gesicht, das ihn unter der Kapuze hervor anstarrte.
»Ich hätte wirklich geglaubt, dass du eine größere Herausforderung bist«, sagte er verächtlich. Der Bourbon Kid, sein Todfeind, von dem er so viel gehört hatte, war letzen Endes also doch sterblich. »Weißt du, es war viel zu einfach. Dein zurückgebliebener Trottel von Bruder hat sich mehr gewehrt als du. Du bist kein Bourbon Kid, weißt du das? Du bist eher ein Milchmix-Kid.«
Eine Sekunde lang stockte Benson, als er über das nachdachte, was er soeben gesagt hatte. Es war tatsächlich zu einfach. Viel zu einfach. Irgendwas stimmt nicht. Aber jetzt ist keine Zeit, um darüber nachzudenken, was nicht stimmt. Schieß diesem Arschloch ins Gesicht und bring es hinter dich und fertig.
BUMMS !
Irgendetwas war auf Bensons Kopf gelandet. Etwas Schweres. Von oben. Etwas Heißes. Er hörte ein zischendes Geräusch, und dann rutschte, was immer ihm auf dem Kopf gelandet war, an ihm herunter und landete mit einem weiteren dumpfen Schlag auf dem Boden.
Es war ein Buch.
Das Buch.
Das Buch ohne Namen .
Irgendjemand hatte es gerade durch die offene Wartungsklappe an der Decke auf ihn fallen lassen, und selbst die kurze Berührung hatte gereicht, seine Haare wegzusengen. Er griff nach oben, um die kleinen Flammen auszuklopfen, die sein weißes Haar verzehrten. Dann, als er den Kopf hob, um zu sehen, woher das Buch gekommen war, erwischte ihn ein Tritt. Ein Tritt von einem schwarzen Lederstiefel, mitten ins Gesicht. Jemand in voller Polizeiuniform folgte dem Buch. Er ließ sich durch die Wartungsklappe fallen und landete auf dem Boden der Aufzugskabine.
Benson war vollkommen überrumpelt. Wer zum Teufel war dieser Typ? Bevor er eine Chance fand zu reagieren, geschweige denn die Antwort auf seine Frage herauszufinden, trat ihm der Beamte mit voller Wucht in den Schritt, und Benson krümmte sich vornüber vor Schmerz. Im nächsten Moment hatten sich die Lifttüren geschlossen, und sie fuhren erneut nach unten. Und sein Kopf brannte immer noch. Es fühlte sich an, als wäre ein heißes Bügeleisen über seinen Skalp gefahren. Der einzige Trost war, dass die Flammen anscheinend erloschen waren.
Der am Boden liegende Typ mit der Kapuze atmete immer noch, auch wenn er nicht länger klang, als wäre er am Ersticken. Viel wichtiger jedoch für Benson war die aggressive Haltung des uniformierten Beamten vor ihm in dem beengten Raum der Liftkabine. Der Kerl, ein junger Bursche Mitte zwanzig mit dichtem dunklem Haar, trug eine blaue Polizeiuniform und war von oben bis unten voller
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