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Das Buch Rubyn

Das Buch Rubyn

Titel: Das Buch Rubyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Stephens
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vermoderte, graugrüne Hand griff hinein und packte Kate am Arm. Emma schrie auf und klammerte sich an Kates anderen Arm, unter dem sie die Chronik der Zeit trug. Durch das zerbrochene Fenster sah Michael den schwarzen Kreischer, der am Fenstersims hing.
    »Michael!«, schrie Emma. »Hilf mir doch!«
    Michael sprang vor, packte Kate um die Taille und zog sie vom Fenster weg. Regen fegte durch die geborstene Fensterscheibe in den Raum. Michael glaubte schon, sie würden Erfolg haben und Kate von der Kreatur wegzerren können, aber als er aufblickte, sah er, dass der Kreischer Kate noch immer gepackt hielt und sich anschickte, ins Zimmer zu kriechen.
    »Hört auf!«, schrie Kate. »Ihr zieht ihn bloß rein! Lasst mich los!«
    »Was?« Michaels Gesicht war immer noch an ihrer Taille vergraben. »Nein! Dann …«
    »Lasst los! Ich weiß, was ich tue. Jetzt macht schon!«
    In ihrer Stimme lag eine solche Bestimmtheit, dass Michael und Emma sie unwillkürlich losließen. Der Oberkörper des Kreischers ragte durchs Fenster hinein und die Kreatur bohrte ihre Finger in Kates Unterarm. Ein Zischen drang aus seiner Kehle. Als Michael sah, wie Kate ein paar Finger zwischen die Seiten der Chronik schob, wusste er, was sie vorhatte.
    Kate schaute Michael an.
    »Denk dran«, sagte sie, »was auch geschieht: Pass auf Emma auf.«
    »Aber …«
    »Denk dran: Du hast es versprochen.«
    Und dann waren Kate und der Kreischer verschwunden.
    »Kate!«, schrie Emma. »Wo ist sie hin?«
    »Sie … sie hat den Kreischer mit in die Vergangenheit genommen«, sagte Michael keuchend. »Wie die Gräfin. Sie hat ihn in die Vergangenheit mitgenommen, um ihn dort loszuwerden.«
    Sein Herz hämmerte. Er musste sich mit einer Hand auf dem Schreibtisch abstützen.
    »Aber warum ist sie nicht zurückgekommen?« Emmas Gesicht war nass, ob vom Regen oder ihren Tränen konnte Michael nicht sagen. Vermutlich von beidem. »Sie hätte doch sofort zurückkommen müssen!«
    Emma hatte recht. Wenn Kates Plan funktioniert hätte und sie den Kreischer in der Vergangenheit hätte abschütteln können, wäre sie im nächsten Moment zurückgekehrt. Wo steckte sie nur?
    Der Schrei eines weiteren Kreischers hallte zu ihnen hinauf, und sie hörten schwere Stiefelschritte auf der Treppe, die näher und näher kamen. Die Kinder wichen von der Tür zurück.
    Michael hörte, wie Emma seinen Namen schrie.
    Was sollte er tun? Was konnte er tun?
    Dann flog die Tür auf und im Rahmen stand die schwarze, zerlumpte Gestalt eines Kreischers. Im selben Moment packten von hinten zwei Hände die Kinder.

»Und da wären wir auch schon.«
    Sie traten in eine schmale Gasse, die zu beiden Seiten von im Zerfall begriffenen Mauern eingefasst war und zu einem verlassenen Platz führte. Hinter ihnen befand sich eine hohe Steinmauer mit einer Holztür. Durch diese Tür waren sie gekommen. Michael blickte über die Mauer hinweg und sah einen Olivenhain, der sich den Hügel hinaufzog. Der Himmel war leuchtend blau und die Luft heiß, trocken und still. Michael schaute zu seiner Schwester; Emma betrachtete genau wie er ihre Umgebung. Sie schien unverletzt zu sein. Wenigstens das.
    Dann wandte sich Michael dem Mann neben ihnen zu.
    Er war groß und dünn, hatte unordentliches Haar, trug einen abgewetzten Tweed-Anzug und eine dunkelgrüne Krawatte, die irgendwie angesengt aussah. Der Stiel einer alten Pfeife ragte aus der Tasche seines Jacketts und eine Brille mit einem verbogenen Schildpatt-Rahmen saß schief auf seiner Nase. Er sah noch genauso aus, wie Michael ihn in Erinnerung hatte.
    Michael rückte seine eigene Brille zurecht, hüstelte und streckte die Hand aus.
    »Danke, Sir. Sie haben uns das Leben gerettet.«
    Dr. Stanislaus Pym nahm Michaels Hand und schüttelte sie.
    »Aber mein Junge«, sagte der Zauberer, »das war doch selbstverständlich.«
    Als der Kreischer durch die Tür in Miss Crumleys Büro gebrochen war, hatte Michael eine Hand auf seiner Schulter gespürt. Er war herumgewirbelt, in Erwartung, einen weiteren Morum Cadi zu sehen, der sich von hinten angeschlichen hatte. Aber die Hand auf seiner Schulter – und die auf Emmas – gehörte keinem Kreischer. Zu Michaels Überraschung hatte sich stattdessen Dr. Stanislaus Pym, seines Zeichens Zauberer, aus dem Kleiderschrank gelehnt, und noch bevor Michael ein Wort herausbekam, waren er und seine Schwester in den Schrank gezerrt worden. Hinter ihnen schlug die Tür zu. Michael befand sich in völliger Dunkelheit, eingequetscht

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