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Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Titel: Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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geformten Erkern und wehrhaften Zinnen, über denen sich ein einzelner Turm erhob. Bahram war lange nicht dort gewesen. Länger, als aufgrund der politisch unsicheren Zeiten zu befürchten gewesen war; kürzer, als er sich insgeheim erhofft hatte.
    In die Offiziersrobe aus orangefarbenem Brokat gehüllt, über der er den breiten Gürtel mit dem kilij trug, dazu den spitz geformten goldfarbenen Zeremonienhelm mit dem Turban, durchschritt Bahram die Eingangshalle. Ein Hofbeamter nahm ihn in Empfang und führte ihn zu Duqaq, vorbei an prächtigen Säulen und Wandteppichen, die die Taten von Duqaqs Vater Tutush priesen, der sich zum Sultan hatte aufschwingen wollen, dabei jedoch gescheitert war.
    Nach Tutushs Tod war dessen einstiger Herrschaftsbereich unter seinen Söhnen Duqaq und Ridwan aufgeteilt worden: Während Duqaq Damaskus erhalten hatte, war die Stadt Aleppo mit all ihren Besitzungen Ridwan zugesprochen worden. Die aus dieser ungleichen Teilung resultierende Feindschaft zu seinem Bruder war die eine Eigenschaft, die den Fürsten von Damaskus kennzeichnete; sein berechnendes Wesen und sein messerscharfer Verstand die andere.
    Und er war kein Mann, der leicht verzieh.
    Eigentlich hatte Bahram gehofft, nie mehr in seine Dienste treten zu müssen. Nachdem er viele Jahre unter Tutush gedient hatte, hatte er nach dessen Tod um Entlassung aus der Armee gebeten, und Duqaq hatte sie ihm bereitwillig gewährt. Jedoch nur zeitweilig, wie es den Anschein hatte.
    »Friede mit Euch, mein Fürst.«
    Bahram verbeugte sich tief, als er vor seinem Herrscher stand, und er verharrte in seiner Verbeugung, bis der Emir von Damaskus seine Begrüßung erwiderte.
    »Friede auch mit dir, Armenier«, entgegnete er, worauf Bahram sich wieder aufrichtete.
    D uqaq hatte sich seit ihrer letzten Begegnung verändert, wenngleich Bahram nicht zu sagen wusste, worin genau diese Veränderung bestand. Lag es daran, dass graue Fäden seinen sorgsam gestutzten Kinnbart durchzogen? Dass er Gewicht verloren hatte und dadurch seinem Vater ähnlicher geworden war? Oder lag es am Glanz seiner Augen, der unverhohlen begehrlich wirkte?
    »Ihr habt mich rufen lassen, mein Fürst?«
    »In der Tat.« Duqaq war damit beschäftigt, seine beiden Falken mit kleinen Fleischbrocken zu füttern – prächtige Tiere, die auf einem holzgeschnitzten Ständer thronten. Unmittelbar dahinter öffnete ein breiter Fensterbogen den Blick auf das sandfarbene Häusermeer der Stadt, über dem sich ein blau leuchtender Himmel spannte – unerreichbar für die Vögel, deren Krallen an das Holz gekettet waren und deren Schicksal Bahram an sein eigenes erinnerte.
    Obschon er dringend nach ihm hatte schicken lassen, schien der Emir jetzt, wo Bahram bei ihm war, keine Eile mehr zu verspüren. In aller Langsamkeit – wohl, um ihm seine Überlegenheit zu demonstrieren – brachte er die Fütterung der Vögel zu Ende. Erst dann wandte er sich seinem Besucher zu. Eine scharlachrote Robe, die an den Ärmeln mit einer goldenen Stickerei der Anrufung Gottes, dem tiraz , verziert war, umfloss seine hagere Gestalt.
    Rot, dachte Bahram.
    Die Farbe des Krieges.
    »Du kommst spät«, stellte Duqaq fest.
    »V erzeiht, mein Fürst, das lag nicht in meiner Absicht.«
    Der Stadtherr von Damaskus nickte verzeihend, der Blick seiner grünen Augen jedoch blieb forschend. »W as weißt du über die Ereignisse im Norden?«, fragte er dann.
    Bahram seufzte innerlich. Er hatte befürchtet, dass Duqaq ihm diese Frage stellen würde.
    »Nur das, was man auf dem Basar und in den Souks zu hören bekommt. Dass sich die Franken mit dem Kaiser ver b ündet haben und ins Land der Seldschuken eingefallen sind. Nicaea ist gefallen.«
    »Und nicht nur das«, stimmte Duqaq grimmig zu. Die Gesichtszüge unter dem weißen Turban verzerrten sich in schierer Missbilligung. »Dieser Schwächling Arslan hat den Angreifern Tür und Tor zu seinem Reich geöffnet und sie unbehelligt bis Iconium marschieren lassen.«
    »Unbehelligt?« Bahram hob die Brauen. »Herr, wie ich hörte, hat der Sultan von Rum sein eigenes Land verwüstet, um den Vormarsch der Barbaren aufzuhalten.«
    »Das hat er, aber die Franken haben ihren Weg dennoch fortgesetzt und sind bis Heraklea gelangt, wo sie die Überreste seiner Armee vernichtend geschlagen haben. Und nun«, fügte der Herr von Damaskus mit unheilvollem Lächeln hinzu, »sind sie auf dem Weg nach Syrien.«
    Bahram wappnete sich innerlich. Er hatte Gerüchte gehört, sie jedoch nicht

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