Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman
keinen Sohn Mohammeds an die Spitze der askar ? Ich bin sicher, dass es viele ebenso tapfere wie kluge Krieger gibt, die sich der Aufgabe mit Eifer stellen würden und deren Loyalität Ihr Euch nicht erst versichern müsstet.«
»Die gibt es zweifellos, aber ich möchte, dass ein Christ die askar befehligt.«
»W arum?«
»Zum einen, weil du die Schliche unserer Feinde kennst und weißt, wie sie denken. Heißt es nicht, dass man Feuer am besten mit Feuer bekämpft?«
»So heißt es. Aber ich bitte Euch zu bedenken, mein Fürst, dass ich über jene Christen auch nicht mehr weiß als Ihr. Sie sind mir nicht weniger fremd als …«
»Zum anderen«, fuhr Duqaq unbeirrt fort, der offenbar keine Einwände hören wollte, »will ich ein leuchtendes Zeichen setzen.«
»Ein Zeichen, mein Fürst? Wofür?«
»W enn du der bist, als der mein Vater dich stets schätzte und pries, dann muss ich dir das nicht erklären, Bahram. Yaghi Siyan schickt nicht von ungefähr nach Hilfe. Er weiß, dass seine Seldschukenkrieger nur einen kleinen Teil der Bevölkerung Antiochias ausmachen. Der überwiegende Teil besteht aus Christen, und natürlich fürchtet er, dass sie ebenso wie ihre Brüder in Armenien den Kreuzfahrern bereitwillig die Tore öffnen könnten, sobald sie nahen – nicht von ungefähr hat er bereits viele von ihnen der Stadt verwiesen. Die Kreuzfahrer wiederum gebärden sich als Befreier ihrer Glaubensbrüder. Was aber werden sie sagen, wenn einer der O berbefehlshaber des feindlichen Heeres ebenfalls ein Christ ist?«
»Ich verstehe, mein Fürst.« Bahram nickte. Duqaqs Taktik entbehrte nicht einer gewissen Raffiniertheit – etwas, das er seinem Vater und seinem Bruder voraushatte.
Der Herr von Damaskus beugte sich auf seinem Kissen vor und zischte die folgenden Worte. »Die Franken mögen behaupten, im Namen ihres Glaubens hier zu sein, einen Feldzug um ihres Glaubens willen zu führen wie einst der Prophet – aber natürlich ist das eine Lüge. In Wahrheit geht es ihnen nur darum, Land und Macht zu gewinnen. Es ist das alte Spiel mit neuen Regeln, der Kampf zweier Reiche.«
Der Kampf zweier Reiche …
Dem Widerhall eines Hammerschlags gleich wirkten die Worte im Bewusstsein von Bahram nach. Unwillkürlich musste er an jene Nacht denken, in der Ibn Khallik ihm die Sterne gedeutet hatte. Ein Reich wird untergehen – und ein neues entstehen , hatte der alte Sterndeuter gesagt. War die Prophezeiung bereits dabei, sich zu erfüllen?
Eine Sorgenfalte erschien auf der hohen Stirn des Armeniers, was Duqaq nicht verborgen blieb. »W as hast du?«, wollte er wissen.
»Nichts, mein Fürst. Ich musste nur gerade an etwas denken.«
»Fühlst du dich der Aufgabe gewachsen?«
Bahram straffte seine sehnige Gestalt. Das Licht der Nachmittagssonne, das unter dem Fensterbogen hindurchdrang, ließ seine orangerote Robe leuchten. »Ja, mein Fürst«, entgegnete er.
»Dann ruf die Krieger zu den Waffen. Nicht nur die askar , auch die ajnad des Umlandes wird sich formieren, dazu Söldner aus dem Osten. Das Heer der Kreuzfahrer soll unter unserem Ansturm erzittern, und die Welt soll mich als den Befreier Antiochiens feiern!«
»W ann werden wir aufbrechen, mein Fürst?«
» W ann immer ich den Befehl dazu gebe«, erwiderte Duqaq, und wieder war jenes geheimnisvolle Blitzen in seinen Augen zu erkennen. Der Emir von Damaskus liebte es, seine wahren Absichten hinter Rätseln und Andeutungen zu verbergen.
Eines jedoch stand Bahram nur zu deutlich vor Augen.
Dass die Zeit der Muße und der friedlichen Studien unwiderruflich zu Ende war.
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15.
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Küste südlich von Alexandretta
Oktober 1097
Es war ein kleiner Zug, der sich die alte Küstenstraße hinab nach Süden bewegte – klein genug, um nicht weiter aufzufallen.
Die vier Reiter führten nur zwei Packtiere mit, die Proviant, Wasser und Zelte trugen. Wer sich ihnen näherte, der hätte auf den ersten Blick nicht zu sagen vermocht, wer sie waren. Kaufleute? Krieger, die sich in den Städten des Südens als Söldner verdingen wollten? Pilger auf dem Weg zu den heiligen Stätten? Ihre weiten Mäntel und die Tücher, die sie um die Häupter geschlungen hatten, ließen keine nähere Betrachtung zu – und verhüllten zudem, dass sich auch eine Frau unter den Reitern befand.
Conn konnte nicht anders, als Chaya höchste Bewunderung für ihre Ausdauer und die Geduld zu zollen, mit der sie auch die größten Strapazen ertrug. Von Tarsus aus waren sie nach Adana geritten und
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