Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman
geradeaus. Dabei ließ sie die Zügel schnalzen, sodass ihr Maultier antrabte und sich ein wenig absetzte.
Der dünne Lichtstrahl, der für wenige Augenblicke Conns Herz erwärmt hatte, erlosch.
Den restlichen Tag über sprachen sie kaum ein Wort.
Die Reise ging weiter, dem Küstenpfad folgend, der sich oberhalb der Klippen durch karg bewachsenes Hügelland schlängelte. Im Schutz eines großen Felsens, der sie neugierigen Blicken entzog, schlugen sie schließlich ihr Nachtlager auf und entzündeten ein Feuer, um die Kälte der Nacht zu vertreiben – in Conns Herzen blieb sie bestehen.
Bertrand übernahm erneut die erste Wache, sodass Conn Zeit genug blieb, in die Flammen zu starren und düster vor s ich hin zu sinnieren. Chaya hatte sich, kaum dass ihr Zelt errichtet worden war, zur Ruhe begeben, auch wenn Conn bezweifelte, dass sie bereits schlief. Sie hatte es wohl lediglich vorgezogen, allein zu sein, was er ihr bei der plumpen Vertraulichkeit, die er an den Tag gelegt hatte, nicht verdenken konnte. Was, bei allen Heiligen, hatte er sich nur dabei gedacht? Sie war schließlich keine Bauernmaid, sondern die Tochter eines wohlhabenden Kaufmanns. Wie hatte er auch nur einen Augenblick lang annehmen können, dass sie etwas für ihn empfand?
Als er Schritte hörte, sprang er auf in der Hoffnung, es könnte vielleicht Chaya sein. Aber es war nur Berengar, der Feuerholz gesammelt hatte und zurückkehrte.
Der Benediktiner, der seine schwarze Robe gegen einen unscheinbaren Kaftan getauscht hatte, warf einige trockene Äste ins Feuer. Dann ließ er sich seufzend neben Conn auf einen Stein nieder. »Alles ruhig«, erklärte er dabei. »Bertrand lässt ausrichten, dass du ihn um Mitternacht ablösen sollst.«
»Hm«, machte Conn nur und starrte weiter in die Flammen.
»Nun?«, fragte der Mönch, nicht auf Französisch wie sonst, sondern auf Englisch, das er ebenfalls zu beherrschen schien.
»Nun was?«
»Mein guter Conwulf, ohne dass ich es wollte, bin ich heute Zeuge geworden von … du weißt schon.«
Conn ließ ein dumpfes Schnauben vernehmen. »Erinnert mich nicht daran, ich bitte Euch.«
»Es liegt mir auch fern, dich in Verlegenheit zu bringen«, versicherte Berengar, »aber ich kam nicht umhin zu bemerken, dass du etwas für die Jüdin zu empfinden scheinst.«
»Und?«, fragte Conn barsch.
»Ich möchte dich warnen.«
»W ovor?«
»Ich sagte es schon einmal, Conwulf – als vom Herrn gesandter Begleiter dieses Feldzugs fühle ich mich für das See l enheil jener verantwortlich, die unter dem Kreuz kämpfen. Auch für deines.«
»Tatsächlich?« Conn wandte den Blick und schaute den Mönch mit einer Mischung aus Trotz und Zweifel an. »Ist meine unsterbliche Seele denn gefährdet, Pater?«
»Das kann ich nicht beurteilen, denn in dein Herz vermag ich nicht zu blicken, Conwulf. Dein Gewissen wird dir diese Frage beantworten. Wenn du es lässt.«
»W as versucht Ihr mir einzureden, Pater? Dass Chaya meine Verdammnis bedeutet?«
»Du solltest keinen Spott damit treiben, Conwulf. Der Schritt von der Unbekümmertheit zur Blasphemie ist nur ein geringer.«
»Und wenn schon – sie hat ihren Vater verloren und Schlimmes durchgemacht. Was ist falsch daran, sie zu trösten?«
»Nichts – solange du dabei nicht vergisst, wer du bist und wofür du stehst. Nämlich für die Reinheit des Glaubens und die Wahrheit.«
»Die Wahrheit wird nicht weniger wahr, wenn ich mit einer Jüdin spreche.«
»Das nicht. Aber ich hege die Sorge, dass du die Wahrheit nicht mehr von der Lüge unterscheiden kannst, wenn die Jüdin dich erst mit ihren Reizen umgarnt.«
»W as redet Ihr da?« Conn schaute verständnislos in die bleichen Züge des Mönchs, über die der Widerschein des Feuers irrlichterte. »W art nicht Ihr selbst dafür, Chaya nach Antiochia zu begleiten?«
»Gewiss. Aber ganz sicher ging es mir nicht darum, zarte Bande mit ihr zu knüpfen. Sie ist eine Frau, Conwulf – mit allen Vorzügen und Gefahren, die ihr mit ewiger Sündhaftigkeit behaftetes Geschlecht nun einmal in sich birgt.«
»Als da wären?«, fragte Conn provozierend. Er schätzte es nicht, auf diese Weise belehrt zu werden, zumal seine Gefühle ohnehin zurückgewiesen worden waren. Und ihm missfiel die Art und Weise, wie Berengar über Chaya sprach.
» Sie ist nicht aufrichtig zu dir«, behauptete der Mönch.
»W oher wollt Ihr das wissen?«
»W as hat sie dir über sich erzählt?«
»Genug«, war Conn überzeugt.
»Auch über die
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