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Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Titel: Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Zumal jener einzelne Himmelskörper, der dort zwischen zerfransten Wolkenfetzen hindurch einsam auf die Erde blickte, sein eigenes Schicksal abzubilden schien.
    Bahram fühlte sich einsam.
    D iese Nacht in der Gesellschaft von Menschen zu verbringen, für die sie sich in nichts von jeder anderen wolkenverhangenen Nacht unterschied, war befremdlich. Während ein großer Teil der Christenheit die Geburt des Erlösers feierte, war Bahram in seinem Glauben allein. Unter den ghulam , die er in Fürst Duqaqs Auftrag nach Antiochia führen sollte, gab es keine Christen; allesamt waren sie ehemalige Gefangene, die ihrem alten Glauben abgeschworen hatten und zu Anhängern Mohammeds geworden waren. Über die Unterschiede zwischen ihnen hatte sich Bahram bislang kaum Gedanken gemacht. Die Toleranz der muslimischen Herrscher und die persönliche Gunst von Duqaqs Vater Tutsh hatten es ihm ermöglicht, trotz seines nach muslimischer Ansicht falschen Glaubens in die Reihen der Oberbefehlshaber aufzusteigen, und er hatte es nie bereut, sich ihnen angeschlossen oder in ihren Reihen gedient zu haben. Weder als es gegen den aufständischen Feldherren Suleiman gegangen war, der sich gegen Tutushs Bruder Malik Shah erhoben hatte, den Sultan des Großseldschukischen Reiches, noch als Tutush nach Maliks Tod selbst versucht hatte, den Thron zu besteigen und Krieg gegen die anderen Emire und Atabege geführt hatte.
    Doch in all diesen Schlachten waren sich stets Söhne Mohammeds im Kampf begegnet. Christen, namentlich aus den Gebirgen Armeniens oder den Grenzregionen von Byzanz, hatten darin nur eine untergeordnete Rolle gespielt. In dem bevorstehenden Konflikt jedoch würde Bahram zum ersten Mal seinen Glaubensbrüdern im offenen Kampf gegenüberstehen, was ihm in dieser Nacht, als er einsam auf dem Hügel stand und vergeblich nach den Sternen Ausschau hielt, erstmals bewusst wurde.
    Indes, es änderte nichts.
    Von seinen muslimischen Gebietern hatte Bahram stets nichts als Förderung und Wohlwollen erfahren. Mit ganzem Herzen war er ein Sohn des Morgenlands, der die Aggressoren aus dem Westen für rohe Barbaren hielt, wohingegen er die a rabische Welt sein Leben lang für ihre Kunst und ihre Gelehrsamkeit bewundert und versucht hatte, ihre zahllosen Mysterien zu entschlüsseln. Die Kreuzfahrer waren widerrechtlich in das Reich eingefallen und hatten Tod und Verderben verbreitet. Sich ihnen entgegenzustellen war gerecht und richtig. Auch diese Nacht änderte nichts daran.

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22.
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    Feldlager vor Antiochia
25. Dezember 1097
    »Und? Was wollte de Rein von dir?« Aufgeregt kam Baldric in das Zelt gestürmt, seine Frage klang unerwartet fordernd.
    »Guten Morgen«, grüßte Conn, der sich eben erst von seinem Lager erhob. Es war noch früh, und der Schädel brummte ihm vom Würzwein, den er getrunken hatte.
    »W as hat der Baron gesagt?«, wiederholte Baldric seine Frage, ohne die Begrüßung zu erwidern. Conn kannte seinen Adoptivvater inzwischen gut genug, um zu wissen, dass es ihm bitterernst war. »Hatte es etwas mit mir zu tun? Hat er sich nach mir erkundigt?«
    »Nein.« Conn schüttelte das dröhnende Haupt, ein wenig befremdet über die Frage. »Er hat mir angeboten, für ihn zu kämpfen.«
    »Dir? Weshalb?« Baldrics Miene verriet ehrliche Verblüffung, sein einzelnes Auge weitete sich.
    »W eil ich ihm das Leben rettete, damals vor Dorylaeum.«
    »Ist das wahr?« Das Erstaunen seines Adoptivvaters wurde noch größer. »Der Ritter, dem du in der Schlacht das Leben gerettet hast, war Renald de Rein?«
    Conn nickte.
    »W arum hast du das nie gesagt?«
    »W eil ich es nicht wusste. Außerdem – was hätte es für einen Unterschied gemacht?«
    » Ich kenne de Rein. Gut genug, um zu wissen, dass du dich besser von ihm fernhältst.«
    »Das geht nicht. Ich habe sein Angebot bereits angenommen.«
    »Du hast was getan?«
    »Ich habe sein Angebot angenommen«, wiederholte Conn.
    Baldrics Stimme wurde hart. »Nein! Als mein Adoptivsohn untersage ich dir …«
    »Das kannst du nicht«, erwiderte Conn leise. »Selbst wenn du dein Einverständnis nicht gibst, hätte de Rein die Macht, es dir zu befehlen. Das soll ich dir von ihm ausrichten.«
    »Du sollst es mir ausrichten?«
    Conn nickte. Es war schwer zu sagen, was daraufhin hinter den narbigen Zügen seines Ziehvaters vor sich ging. Baldric straffte sich, der Blick seines Auges wurde kalt und unnahbar.
    »W arum tust du das?«, wollte er wissen.
    »Ich habe keine andere Wahl.«
    »Man

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