Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman
musste es tun«, erwiderte Berengar, der noch nicht einmal den Versuch unternahm, die Tat abzustreiten. »Ich ahnte, dass das Buch eine große Gefahr für uns birgt.«
»Also habt Ihr Euch des Nachts angeschlichen wie ein gemeiner Dieb, während wir …« Conn unterbrach sich, Wut kochte in ihm hoch. Er sprang auf und trat auf den Ordensmann zu, der mit dem Rücken zur Tür stand. »Ich kann nicht glauben, dass Ihr das wirklich getan habt. Die ganze Zeit über habt Ihr die Wahrheit gekannt und mir frech ins Gesicht gelogen. Und Ihr habt zugelassen, dass Chaya mich zu Unrecht verdächtigt.«
»Es war notwendig«, erklärte der Benediktiner schlicht.
»Notwendig.« Conn schürzte abschätzig die Lippen. »Und ich dachte, Ihr wärt mein Freund.«
»Das bin ich, Conwulf«, versicherte Berengar und versuchte ein Lächeln, »auch wenn du in diesem Augenblick wohl noch nicht ermessen kannst, was ich für dich …«
Er verstummte, und seine kleinen Augen weiteten sich vor Schreck, als sein Gegenüber die Fäuste hob. Blind vor Wut und Enttäuschung hätte Conn wohl zugeschlagen, hätte nicht Bischof Adhémar ihn von hinten ergriffen und energisch festgehalten.
»Lasst mich los«, schrie Conn und versuchte, sich aus dem G riff des Legaten zu befreien. Geschwächt, wie er noch immer war, gelang es ihm jedoch nicht.
»Das werde ich«, zischte Adhémar ihm ins Ohr, »aber erst, wenn du dir alles angehört hast, was der Bruder dir zu sagen hat.«
»W ozu sollte ich?« Conn schüttelte störrisch den Kopf. »Der Kerl lügt, sobald er das Maul aufmacht!«
»Ich habe dir die Wahrheit vorenthalten, und ich bin nicht stolz darauf, Conn, aber nun musst du mir zuhören«, sagte Berengar beschwörend. »Ich sagte dir, dass das Buch von Ascalon Hinweise auf den Ort enthält, wo die Lade des Bundes zu finden ist.«
»Und?«
»Ich glaube, der Lösung des Rätsels auf der Spur zu sein. Die Lade befindet sich unter dem Tempelberg von Jerusalem, wo sie die Zeit überdauert hat.«
»Meinen Glückwünsch«, stieß Conn voller Bitterkeit hervor. »W arum geht Ihr dann nicht und holt sie Euch?«
»Das würden wir gerne«, raunte Bischof Adhémar ihm ins Ohr, »aber alles, was ich tue, wird streng beobachtet. Würde ich einem meiner Ritter befehlen, gen Jerusalem zu reiten, so würde es nicht unbemerkt bleiben, zumal ich nicht mehr weiß, wem von meinen Leuten ich noch trauen kann und wem nicht. Dunkle Dinge gehen in dieser Stadt vor sich, Conwulf.«
»W as für Dinge?«
»Sagt dir der Name Eustace de Privas etwas?«
Conn knurrte zustimmend. Er erinnerte sich gut an den Provenzalen, der ihm am liebsten die Kehle durchgeschnitten hätte.
»Und auch von Guillaume de Rein hast du gehört, wie mir berichtet wurde.«
Conn war so verblüfft, dass sein Widerstand augenblicklich nachließ. Daraufhin gab Adhémar ihn frei und stieß ihn von sich. Conn strauchelte und schlug auf den strohbedeckten B oden, raffte sich jedoch sofort wieder auf die Beine. »W as ist mit de Rein?«
»Er ist gewissermaßen der Grund dafür, dass ich mich wie ein Dieb hierherschleichen muss und mich bei Tag und Nacht beobachtet finde«, erklärte der Bischof verdrießlich. »De Privas und de Rein sind die Anführer einer Gruppe von Rittern, die sich die ›Bruderschaft der Suchenden‹ nennt und sich dem Finden der heiligen Reliquien verschrieben hat – wenn auch nur mit dem Ziel, ihre Macht und ihren Einfluss zu mehren. Der Fund der Lanze war ein erster Erfolg, wenngleich ich ihre Echtheit ernstlich in Zweifel ziehe.«
»Ihr bezweifelt die Echtheit der Waffe?«, hakte Conn verwundert nach. »Aber – habt nicht Ihr selbst sie in die Schlacht getragen?«
»W eil ich ihren Wert darin sah, unseren Kämpfern, die bereits geschlagen am Boden lagen, noch einmal Mut zu machen – offiziell bestätigt habe ich die Echtheit des Fundes nie, und ich werde es auch nicht tun. Kommt es dir nicht auch seltsam vor, dass die Lanze just vor der entscheidenden Schlacht gefunden wurde? Dass jener Bartholomaios, der von sich behauptet, mit Sankt Andreas in Verbindung zu stehen, nicht nur genau wusste, wo die Heilige Lanze zu finden war, sondern zugleich auch meine Führerschaft anzweifelt? Und dass man ihn zuletzt des Öfteren in de Reins Gesellschaft gesehen hat?«
»Das ist eigenartig«, musste Conn zugeben.
»In der Tat.« Adhémar nickte. »Und dies ist nicht das einzige Vergehen, dessen ich die Bruderschaft verdächtige. Ihre Mitglieder ziehen marodierend durch die Lande,
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