Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman
Verbissenheit gegen die Muselmanen gefochten, und wir würden kaum hier stehen, um diese Unterhaltung zu führen.«
»Damit mögt Ihr recht haben. Allerdings weiß ich nicht, warum Ihr diese Dinge erwähnt.«
»Kommt, Eustace. Beleidigt mich nicht, indem Ihr mich wie eine Närrin behandelt. Ich weiß, welche Rolle Eure Bruderschaft beim Fund der Lanze gespielt hat, und ich weiß auch, dass es Guillaume war, der den Ausschlag dazu gegeben hat. Er hat es mir selbst erzählt.« Ein dünnes Lächeln spielte um ihre blutleeren Lippen. »Ein Sohn sollte vor seiner Mutter keine Geheimnisse haben.«
»Auch dann nicht, wenn er einen feierlichen Eid geleistet hat?«, empörte sich Eustace.
»W ollt Ihr behaupten, Ihr hättet noch niemals einen Eid gebrochen?«, fragte Eleanor dagegen und zuckte mit den Achseln, die sich durch das samtene Kleid und den Überwurf abzeichneten. »Schwüre werden jeden Tag geleistet, und je h öher jene stehen, die ihr Wort verpfänden, desto häufiger werden sie gebrochen. Statt Guillaume zu zürnen, solltet Ihr Euch glücklich schätzen, dass seine List die entscheidende Wendung brachte – denn wie ich hörte, seid Ihr in jenen Tagen nicht in der Lage gewesen, eine solche herbeizuführen.«
»Das ist wahr«, bekannte Eustace widerwillig. Da Eleanor so umfassend unterrichtet schien, war leugnen wohl sinnlos.
»Seither jedoch ist eine fast verwerflich zu nennende Trägheit unter den Kreuzfahrern eingekehrt. Anstatt zu kämpfen, begnügen sie sich damit, ihre Wunden zu lecken und sich dem Wohlleben hinzugeben, selbst die Prediger sind mancherorts verstummt. Es ist nicht zu übersehen, dass manche Ritter mehr Gefallen daran finden, im Umland auf Raubzug zu gehen und persönlichen Besitz anzuhäufen, als dem ursprünglichem Ziel des Feldzugs zu dienen, nämlich der Eroberung von Jerusalem. Sogar unter den Fürsten scheint Uneinigkeit darüber ausgebrochen zu sein.«
»Auch das ist wahr. Namentlich Bohemund von Tarent wehrt sich dagegen, den Feldzug fortzusetzen …«
»… es sei denn, man würde ihm die Herrschaft über Antiochia übertragen«, fügte Guillaumes Mutter hinzu und bewies damit einmal mehr, wie gut sie informiert war. »Dass er durch seine Selbstsucht das ganze Unternehmen gefährdet, scheint diesem Emporkömmling dabei völlig gleichgültig zu sein.«
»Mylady, offen gestanden wundert es mich, Euch in dieser Art über den Fürsten von Tarent sprechen zu hören. Immerhin ist Euer Gemahl der Baron bekanntermaßen sein ergebener Anhänger.«
Eleanor stellte erneut ihr Totenkopflächeln zur Schau. »Ihr solltet nicht den Fehler machen, mich mit meinem Gemahl gleichzusetzen. Renald mag Gefallen daran finden, sich den Mächtigen anzudienen – mir hingegen erschien es von jeher erfolgversprechender, selbst Macht zu erlangen.«
»Eine Einstellung, die von Ehrgeiz und Weitsicht spricht«, s agte Eustace. Auch wenn Eleanors forsches Auftreten ihn verunsicherte, ja verstörte, kam er nicht umhin, von ihr beeindruckt zu sein. In jungen Jahren, sagte er sich, war sie wohl eine Schönheit gewesen mit ihren stechend grünen Augen und den schmalen, vornehmen Zügen – ehe das Alter oder ihre Erfahrungen sie zu jenem bleichen, an einen Geist gemahnenden Geschöpf hatten werden lassen, als das sie ihm nun gegenüberstand.
»Dies sind beides Eigenschaften, die für eine Frau gefährlich sind«, erwiderte sie ohne Zögern, »weshalb ich früh damit begonnen habe, Männer das tun zu lassen, was ich für richtig hielt.«
Sie trat an den langen Tisch, der die eine Hälfte der Halle einnahm, und griff nach den mit Wein gefüllten Bechern, die dort standen. Einen behielt sie selbst, den anderen reichte sie Eustace.
»Ich gestehe, dass ich beeindruckt bin von Eurer Offenheit, Mylady«, gestand dieser, nachdem sie getrunken hatten.
»Und ich will auch weiter offen mit Euch sein. Denn für die Pläne, die ich gefasst habe, ist es überaus wichtig, dass wir Jerusalem erreichen. Und da die Fürsten unter sich uneins sind, brauchen wir etwas, das ihren Streit beendet und sie dazu veranlasst, den Feldzug fortzuführen.«
»Ich ahne, worauf Ihr hinauswollt«, versicherte Eustace zwischen zwei Schlucken Wein, »und ich beginne außerdem zu mutmaßen, dass es nicht Guillaumes, sondern in Wahrheit Euer Plan gewesen ist, der die Wende vor Antiochia herbeigeführt hat.«
»Das steht Euch frei«, erwiderte Eleanor lächelnd.
»Aber ich verwehre mich entschieden dagegen, Peter Bartholomaios wieder für
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